Montag, 9. November 2009

Neue Blogadresse!

Dieser Blog braucht mehr Platz und ist deshalb umgezogen. Alle neuen Einträge werden ab sofort hier gepostet:

http://englishtogerman.wordpress.com/

Dieser Blog bleibt aber der alten Verlinkungen wegen erhalten.

Sonntag, 8. November 2009

Mehdi Karroubis Statement über den 13. Aban und die Beziehungen zwischen Iran und Amerika

Englische Übersetzung: NiteOwl/Josh Shahryar
Quelle (Englisch): http://www.dailyniteowl.com/wordpress/index.php/2009/11/08/karroubis-statement-about-13-aban-and-iranian-american-relations/
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben


(Anmerkung von Josh Shahryar: Dieses Statement wurde auf Tagheer.net veröffentlicht. Tagheer.net ist eine iranische Webseite mit Verbindungen zu Mehdi Karroubis Partei Etemaade Melli. Auf der Webseite gibt es keinen Hinweis darauf, wann das Statement aufgenommen wurde, aber das Datum auf der Seite ist der 7. November. Es ist auf Persisch; das Audio- und das Videofile können hier heruntergeladen werden: http://tagheer.co.cc/fa/archives/1388,08,17/1016

Es gibt auch ein YouTube-Video mit dem Statement: http://www.youtube.com/watch?v=ayrQJRy8Jrs .

Ich muss hinzufügen, dass eine Übersetzung niemals perfekt ist, dennoch habe ich mein Bestes versucht, um das Statement so gut ich konnte auf Englisch wiederzugeben. Ich bitte um Entschuldigung für alle Fehler, die enthalten sein könnten.)


(Anmerkung von Julia: Den letzten beiden Sätzen kann ich mich nur anschließen.)

Eines der wichtigsten Ereignisse nach der Revolution war die Übernahme der amerikanischen Botschaft - sowohl für die, die sie unterstützten, als auch für die, die dagegen waren, und jährlich gab es Aktivitäten, mit denen an dieses Ereignis erinnert wurde. In diesem Jahr haben einige politische Gruppen in dem Bewusstsein der gegenwärtigen Situation im Land, Ankündigungen gemacht, und ich habe ebenfalls angekündigt, dass ich zum Hafte Tir-Platz kommen und von dort aus zur (amerikanischen) Botschaft gehen würde.
Insbesondere hatte ich den Menschen mitgeteilt, dass ich anhalten würde, wo immer abweichende*) Parolen gerufen werden, damit die Menschen diese Parolen nicht fortsetzen und die, die es tun, von mir getrennt werden.
*) "abweichend" ist die Übersetzung für "deviating", vermutlich sind Parolen gemeint, die der von Karroubi vertretenen Linie abweichen. Angesichts der vielbesprochenen Radikalisierung der Parolen ergibt diese Interpretation Sinn. Darüber, welche Parolen Karroubi genau meint und wo die Grenze zur Abweichung verläuft, kann ich z. Zt. nur spekulieren. Die Untertitel im oben verlinkten Video sprechen übrigens von "subversive chants", also subversiven Parolen. d. Übers.

Als wir Hafte Tir erreichten, standen sie vor uns. Polizei war dort, und sie gingen sehr gewalttätig gegen die Menschen vor. Ich blieb stehen, weil ich dachte, dass sie es sich vielleicht anders überlegen würden und mir wegen meiner Teilnahme wenigstens erlauben würden, [ihre Linien] zu überschreiten. Aber das Gegenteil war der Fall, sie wurden noch gewalttätiger und schlugen sogar mit ihren Schlagstöcken auf meine Leibwächter ein, wobei sie zwei von ihnen verletzten, und sie bewarfen [uns] sogar mit Tränengas, das sehr stark war und eine heftige Wirkung hatte und das die Menschen zwang, sich zu zerstreuen. Einige waren dem Ersticken nahe. Wir stiegen wieder ins Auto und drehten um, und auf dem Rückweg sahen wir, wie gewalttätig mit Frauen umgegangen wurde - etwas, was in unseren Augen äußerst grausam und schlecht ist.

Ich frage mich, warum das passieren musste? Diese Menschen kamen, um sich um die Botschaft herum zu versammeln. Einige hätten "Tod Amerika" gerufen, andere möglicherweise nicht, vielleicht hätten sie stattdessen "Islamische Republik"**) gesagt, aber wir hätten versucht, sie davon abzuhalten, abweichende Parolen zu benutzen.
**) auch hier sagen die englischen Untertitel des Videos etwas anderes: "Tod der Islamischen Republik". Tatsächlich gesagt hat er nur "Islamische Republik", aber es kann so verstanden werden, dass er implizit den Slogan "Tod der Islamischen Republik" meinte. d. Übers.

Doch die meine Frage ist wichtiger und betrifft die doppeltgesichtige Politik der Islamischen Republik (hier zitiert er ein persisches Sprichwort, um die Situation zu verdeutlichen) 'Dome Khoroos of Qasame Abbas' (Es bezieht sich auf eine Geschichte von einem Dieb, der einen Hahn stahl vom Besitzer erwischt wurde. Er schwor beim heiligen Abbas , keinen Hahn gestohlen zu haben, obwohl der Hahnenschwanz unter seiner Jacke hervorlugte. Der Besitzer sagte darauf zu ihm "Wem soll ich glauben, dem Hahnenschwanz oder deinem Schwur beim heiligen Abbas?", d. Übers.)

Die Islamische Republik war bis vor kurzem immer darum bemüht, ihre Politik zu verändern. Sie haben [Amerika] gratuliert und Briefe geschickt, die nicht einmal beantwortet wurden, doch [die Iraner] haben dennoch versucht, im Gespräch zu bleiben. Ich kann das Statement hier nicht vorlesen, aber ich lade meine lieben Zuschauer und Zuhörer dazu ein. Es ist eine Diskussion von Mir Tajuddini, dem Abgeordneten von Tabriz, und es wurde nach seiner [Auslands-]Reise in einer iranischen Zeitung veröffentlicht. Er sagt darin, dass es ein Treffen von rund 50 wichtigen amerikanischen Persönlichkeiten - darunter Politiker, Akademiker, Reporter und Analysten - mit dem Präsidenten gab, das mehr als zwei Stunden dauerte, und es habe eine gute Diskussion gegeben.

Und ich als Teilhaber am politischen Geschehen sage, wenn solch ein Treffen in den vergangenen zwanzig Jahren unter irgendeiner Regierung stattgefunden hätte, wären mit Sicherheit Kafanposhan (Demonstranten, die in weißes Tuch gekleidet sind von der Art, mit dem man im Islam die Toten einhüllt, bevor sie bestattet werden) auf die Straßen von Qom, Tabriz und insbesondere Teheran gegangen und hätten entschlossen dagegen gekämpft.

Warum ist es so, dass wenn solche Treffen und Diskussionen abgehalten werden, keine Komplikationen damit einhergehen und Tageszeitungen wie Keyhan und andere nicht einmal darüber diskutieren, und niemand irgendwelche Einwände erhebt? Was also ist mit all diesem neuen Antiamerikanismus, den Parolen und der Propaganda gegen Amerika nun geschehen?

Weder sage ich, dass diese Parolen benutzt werden sollen, noch, dass sie nicht benutzt werden sollen. Was ich sagen will ist, dass das nationale Interesse des iranischen Volkes von uns innerhalb der Regierung nicht täglich auf der Basis unserer geheimgehaltenen und nicht öffentlich zugänglichen Analysen ausgenutzt werden sollte.

In dem einen Treffen sitzen sie mit 50 Amerikanern zusammen und diskutieren über die iranisch-amerikanischen Beziehungen, Afghanistan, Atomkraft, Öl und anderes, und am nächsten Tag machen sie alles zunichte [er spricht metaphorisch, im Deutschen würde man wohl sagen "wieder bei Null anfangen", d. Übers.]
Ich habe das Gefühl, diese Politik könnte sich als problematisch für die Situation unseres Volkes erweisen, und es sieht so aus, als sei die Regierung planlos und wisse nicht, was sie tun soll. Und ich halte es für meine Pflicht, Dinge klarzustellen, selbst wenn es auf mich zurückfällt, was mir nichts ausmacht. Diese doppelgesichtige Politik wird das Vertrauen des Volkes aushöhlen, und morgen werden sie uns keinen Glauben mehr schenken - sie sollten es nicht.

Drohungen gegen Unterstützer der Grünen Bewegung außerhalb Irans

Empfehlung: Green Cast FB page
Artikel auf Persisch: BBC Persian, 5. November 2009
Englische Übersetzung:
persian2english
Quelle (Englisch): http://persian2english.wordpress.com/2009/11/07/the-threat-against-supporters-of-the-green-movement-outside-iran/
Deutsche Übersetzung: Julia - bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben



Massoud Jazayeri, stellvertretender Befehlshaber der iranischen Streitkräfte, hat erklärt, dass viele Demonstranten innerhalb und außerhalb Irans identifiziert wurden und dass man sich zu gegebener Zeit mit ihnen befassen werde.

In einer Erklärung gegenüber der Zeitung Keyhan bezeichnete Jazayeri die Proteste nach den Wahlen als Verschwörungen und die Amerikaner und Briten als Putschregierungen. Er sagte, obwohl die Islamische Republik sehr geduldig sei, könne sie doch nicht zulassen, dass Bemühungen um einen Regimewechsel und einen sanften Staatsstreich fortgesetzt würden. Wenn man dazu gezwungen werde, so werde man den Verantwortlichen außerhalb des Landes den Kampf ansagen. Auf den Begriff "Kampf" ging er nicht näher ein. Die Islamische Republik hat in den ersten beiden Jahrzehnten ihrer Existenz viele Oppositionsmitglieder ermordet.

Massoud Jazayeri warnte die westlichen Medien davor, am 13. Aban "negative Propaganda" zu verbreiten. Er warf den westlichen Medien vor, "falsche Tatsachen vorzuspiegeln und [iranische] Bürger zu provozieren." In der Warnung wird auch darauf hingewiesen, dass Irans Polizeikommandant Esmail Ahmadi-Moghaddam kurz vor dem 4. November angekündigt hatte, dass "die Polizei gegen jede Bewegung vorgehen wird, die einen Umsturz [des Regimes] verfolgt." Ahmadi-Moghaddam hatte hinzugefügt: "Es gibt Menschen außerhalb des Landes, die die iranische Verfassung nicht kennen."

Ahmadi-Moghaddam erwähnte in seinem Statement auch, dass "einige politische Organisationen die Absicht haben, die Grenzen der Polizei auszuloten. Diese Gruppen innerhalb und außerhalb Irans ignorieren die Gesetze und organisieren Kundgebungen ohne rechtliche Erlaubnis. Die Polizei wird daher ihre gesetzliche Pflicht erfüllen."

Gleichzeitig gab die Webseite der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC), Basirat, Namen von Gruppen und Personen preis, die als "Führer des grünen Putsches im Ausland" identifiziert wurden.

Den Revolutionsgarden zufolge führe "die Zentrale der regierungsfeindlichen Bewegung außerhalb des Landes" nicht nur einen psychologischen Krieg der Putschmitglieder innerhalb des Landes, sondern habe "zudem ihre destruktive Propaganda drastisch verstärkt".

Die Webseite kennzeichnet "aufgeklärte Säkularisten, Journalisten, studentische Aktivisten und Künstler im Ausland" als die vier Hauptgruppen, die die Aufstände nach der Wahl unterstützt hätten. Es gebe noch eine fünfte Gruppe, die aus "Anhängern des Schah, Antirevolutionären und Dissidenten" bestehe.

Das Statement beschreibt die Oppositionsgruppen als "aufgeklärte Säkularisten, die gegen einen religiösen Führer und eine Islamische Führung sind. Sie haben einige paradoxe Auffassungen über unsere Islamische Republik verbreitet." Studentische Aktivisten, die während des letzten Jahrzehnts ins Ausland gegangen sind, werden als dritte Unterstützer-Gruppe der jüngsten Unruhen bezeichnet. "Einige der Extremisten unter den Studenten, die am 9. Juli an den Demonstrationen teilgenommen haben, haben 1999 die Studentenbewegungen nach dem 22. Mai angeführt, und manche davon sind Anhänger der nach den Wahlen entstandenen Protestbewegung."

Auf der Webseite werden "Anhänger des Schahs als notorisch revolutionsfeindliche Elemente" abgetan, da sie ihren Erklärungen zufolge eine "vierzigjährige Geschichte des Kampfes gegen die Islamische Revolution" hätten. Zu den anderen regimekritischen Gruppen erklärt die Webseite, "die Aushängeschilder der ersten vier Gruppen sind Iraner, die ihren Ruhm der Islamischen Revolution verdanken, deren Worte aber in letzter Zeit den Invasoren der Revolution dienten."

Der IRGC unterstreicht die Unterstützung der Gruppierungen um Mir Hossein Moussavi und Mehdi Karroubi vor und nach den Wahlen und fügt hinzu: "Die antirevolutionäre Position dieser Gruppen ist niemals kritisiert oder abgestritten worden, weder durch Moussavi, noch durch Karroubi, und somit können wir davon ausgehen, dass ihre Äußerungen mit denen der Führer der Grünen Bewegung - Moussavi, Karroubi und Khatami - gleichzusetzen sind." Der Webseite zufolge verbreiten die Führer der Grünen Bewegung ihre Botschaften mittels ausländischer Quellen, weil die Verfassung der Islamischen Republik ihnen nicht gestattet, ihre Ideen explizit zu äußern.

In dem Statement werden Personen wie Shirin Ebadi, Mohsen Kadivar, Ata'ollah Mohajerani, Abdolkarim Soroush, Mohsen Sazegara und Mohsen Makhmalbaf als wichtigste Führungspersönlichkeiten der Grünen Bewegung außerhalb Irans bezeichnet. Auch mehrere Personen mit einem breiten ideologischen Spektrum und breitgefächerten Aktivitäten werden zu Individuen erklärt, die "sich aufgemacht haben, die Revolution herauszufordern, indem sie die nach der Wahl entstandene Bewegung unterstützen."

Der IRGC beschuldigt die ausländische Opposition der folgenden Punkte:

“Angriffe auf die göttliche Position der Führung des iranischen Regimes und auf die absolute religiöse Führung (faqih); Angriffe auf die religiöse Führung und die islamische Regierung durch Vorwürfe der Korruption und Ineffizienz; wiederholte Behauptungen über Wahlbetrug; Anleitung, Ausbildung und Anstiftung zu Chaos mit dem Ziel, Unsicherheit zu verbreiten; Anleitung, Ausbildung und Anstiftung der wenigen Unterstützer innerhalb Irans zum Bruch des Gesetzes; Respektlosigkeit gegenüber den göttlichen Führern des Islam und ihrer großen Gefolgschaft."

Dem Politbüro des IRGC zufolge besteht der achte Anklagepunkt gegen die ausländischen Aktivisten und Gruppen darin, dass sie die rechtlichen Institutionen der Islamischen Regierung wie Wächterrat, Innenministerium, Justiz, Polizei, Geheimdienstministerium, IRGC, Basij etc. in Frage gestellt haben.

Der Webseite zufolge gelten persönliche Weblogs, politische Webseiten und soziale Internetnetzwerke als die Medien, die vom Ausland geleitet werden.

Brief einer Demonstrantin in Iran: Meine Erlebnisse am 13. Aban

Veröffentlicht auf Persian2english am 7. November 2009
Übersetzung aus dem Persischen: Persian2English
http://persian2english.wordpress.com/2009/11/07/a-letter-from-a-protester-in-iran-my-experience-on-13-aban/
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben


(Anmerkung: Das folgende ist ein Bericht aus erster Hand von einer jungen Demonstrantin und ihren Erlebnissen am 13. Aban. Der Bericht wurde aus dem Persischen ins Englische übersetzt. Danke an Cheyenne für die Übersetzung.)

Gestern war es extrem beängstigend. Es war wie in der Höhle des Löwen! Karroubi hatte angekündigt, dass er um 10:30 am Haft-e Tir sein würde. Ich ging mit einigen Freundinnen los, wir dachten, wir könnten friedlich hinter Karroubi marschieren, wie am Quds-Tag.

Ich kam gegen 9:30 am Haft-e Tir an und sah eine riesige Anzahl von Basijis. Ich habe niemals so viele Basijis gesehen. Es gab auch sehr viel Polizei und Zivilpolizisten mit Schlagstöcken. Ich stieg aus dem Taxi aus, um am Verkehr vorbeizukommen und ging unauffällig durch die Gruppen von Sicherheitskräften, um meine Freundinnen zu treffen.

Unterwegs sah ich, wie mehrere grüngekleidete Leute verhaftet wurden. Ich fand meine Freundinnen, und wir gingen los Richtung Haft-e Tir. Die Cousine meiner Freundin war sehr mutig, sie trug einen grünen Schal und ging lächelnd an den Basijis vorbei! Als die Menschenmenge größer wurde, fingen wir an, unsere Hände zu heben und "Allah-o Akbar" und "Tod dem Diktator" zu rufen. Anfangs reagierte die Polizei nicht. Die Leute baten die Polizei, nicht zuzulassen, dass die Basijis sie schlagen, aber die Polizisten lachten sie aus.

Wir riefen Parolen, und irgendwann kamen die Basijis auf uns zu, um anzugreifen. Wir flüchteten. Es war wirklich schrecklich!

Wir fingen wieder an, Parolen zu rufen, "Die russische Botschaft ist ein Spionennest" und "Tod dem Diktator". Auf einmal griffen die Basijis wieder an, und wir flüchteten wieder. Ich hielt die Hand meiner Freundin Niloofar, als wir von hinten mit einem Schlagstock geschlagen wurden. Ich schrie nur "nicht schlagen!" Einige der Basijis waren wohl ziemlich human und sagten nur, wir sollten verschwinden, also liefen wir weg. Ich wurde von Niloofar getrennt. Ich lief allein weiter, als ein anderer Basij vor mir auftauchte. Ich wusste, dass er mich angreifen wollte, und ich schrie ihn an, er solle mich nicht schlagen. Er trat mir in die Brust. Ich glaube, er konnte Kampfsport. Er schlug mich und rannte weg.

Ich hatte Schmerzen, ich rannte und weinte. Ich lief zu Atefeh (einer anderen Freundin). Ihre mutige Cousine war Richtung Vali-Asr unterwegs, weil sie gehört hatte, dass Moussavi dort sein würde. Atefeh und ich suchten nach Niloofar. Überall, wo wir hinsahen, waren Polizei und Basijis mit Schlagstöcken. Es war klar, dass sie sich absichtlich unter die Menge mischten, um Kämpfe zu provozieren, damit es so aussah, als ob die Demonstranten gewalttätig wären. Es war alles nur Show!

Mitten in der ganzen Gewalt sah ich einen Basij mit einem elektrischen Schlagstock - es war furchteinflößend. Die armen Leute waren total verstreut. Wir riefen "nicht Amerika, nicht Russland, unsere Bewegung kommt vom Volk". Aber die Gewalt war so intensiv, dass die Menschen nicht zusammen bleiben konnten. Ich hatte sehr starke Schmerzen, es machte mich wahnsinnig. Meine mutige Freundin Atefeh sagte immer wieder zu mir "schluck es runter, wir sind hergekommen, um ihre Schläge auszuhalten!" Aber ich konnte es nicht länger aushalten und bat Atefeh, mit mir zu kommen, bevor wir von den Wilden verhaftet werden würden. Aber Atefeh hörte nicht auf mich und wollte dort bleiben. Ich ging allein und unter Schmerzen nach Hause.

Ich machte mir Sorgen um Niloofar, weil ich sie bei dem Angriff aus den Augen verloren hatte. Als ich nach Hause kam, bekam ich einen Anruf von Atefeh. Sie erzählte, dass sie zusammen mit ein paar anderen Leuten angegriffen wurde und sich im Parkhaus eines Wohnhauses in Sicherheit bringen konnte. Sie sagte, dass sie den Polizisten ein paar gute Schläge verpasst hatte! Zwei Stunden später bekam ich einen Anruf von Niloofar. Sie war sicher zu Hause angekommen, und sie erzählte, dass sie an der Teheran-Universität vorbeigekommen war, und drinnen seien alle in Grün gewesen und hätten Parolen gerufen, und die Polizisten hätten vor dem Tor gestanden, hätten aber nichts unternommen.

Zwischen 15 und 16 Uhr rief Atefeh noch einmal an. Sie war endlich zu Hause angekommen, aber das arme Mädchen war ziemlich schlimm geschlagen worden und musste sich in drei verschiedenen privaten Parkhäusern verstecken. Später erfurh ich, dass in ganz Teheran Demonstrationen stattgefunden hatten: Vali-Asr, Enghelab, Taleghan, Ferdosi, Vanak, Arjantin, Seid Khandan. Aber die meiste Gewalt gab es am Haft-e Tir, weil Karroubi dort war. Sogar Karroubi wurde mit Tränengas beschossen und musste die Demonstration bald wieder verlassen.

Das war mein Bericht. Leider konnte ich nicht so aktiv mitmachen. Die Wahrheit ist, dass ich nicht besonders mutig bin. Wenn die Gefahr bestünde, dass ich verhaftet werde, würde ich nicht weitermachen. Es macht mir nichts aus, geschlagen zu werden, aber verhaftet zu werden ist unerträglich.
Es gab nicht nur in Teheran einen Aufstand, auch in Tabriz, Isfahan und sogar in Shiraz!

Samstag, 7. November 2009

Kommandant befiehlt gewaltsames Vorgehen gegen Demonstranten

Veröffentlicht auf Rooz Online, 6. November 2009
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2009/november/06//commander-tells-his-force-to-violently-strike-at-people-1.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben

Rooz sprach mit Bahareh Hedayat, einem hochrangigen Mitglied der Studentischen Alumni-Organisation Daftar Tahkim Vahdat, deren Führungsmitglieder im Zuge der Unruhen nach der Präsidentschaftswahl im Iran am 12. Juni verhaftet worden waren. Thema des Gesprächs waren die jüngsten Verhaftungen und die Studentendemonstrationen am 4. November. "Ich habe selbst gehört, wie einer der Pasdaran-Gardenkommandanten seine Leute, die den Demonstranten mit ihren Schlagstöcken nur drohten, anwies, nicht nachsichtig zu sein und sie zu schlagen", sagte sie.

Frau Hedayat, eine bekannte studentische Aktivistin, sagte über die Demonstrationen vom Mittwoch: "Um 10 Uhr morgens demonstrierten etwa 5000 Menschen auf der Quds-Avenue der Teheraner Universität. Sie wurden von den blockierten Toren gestoppt, die sie daran hindern sollten, den Campus zu verlassen. Also gingen die Demonstranten zur Universität zurück und machten sich von dort aush auf den Weg zum Haupteingang. Sie blieben stundenlang in ungefähr 20 m Entfernung von der Universität und riefen Parolen. Alle trugen etwas in der grünen Farbe der Oppositionsbewegung. Einige starke Parolen wurden verändert. Am Rande standen etwa50 paramilitärische Basijis, die provokative Parolen riefen, wie z. B. 'Tod den Heuchlern'. Auch ein paar Mitglieder der Universitätspolizei waren auf dem Campus, dahinter standen die Spezialeinheiten der Pasdaran-Garden. Dann brachten sie Wasserwerfer, um die Studenten zu bedrohen und auseinanderzutreiben. Außerhalb der Universität hatten sie Busse aufgestellt, um die Studenten von der Öffentlichkeit abzuschirmen."

Weiter berichtete sie: "Die Studenten wollten eigentlich zur früheren US-Botschaft gehen und sich dort versammeln, aber die Regierungsagenten hatten eine Handvoll regierungstreuer Demonstranten in derselben Straße (Taleghani Avenue) aufgestellt und erlaubten der demonstrierenden Öffentlichkeit nicht, dorthin zu gehen. In Wirklichkeit wollten sie all ihre Anhänger an einer Stelle zusammenhalten und den Anschein erwecken, dass sich eine sehr große Menge zu der Demonstration zusammengefunden hatte. Aber in vielen Teilen Teherans, darunter Vali Asr-Platz, Argentinien-Platz, Vali Asr-Avenue, Motahari-Avenue und Haft-e Tir-Platz, bin ich selbst gewesen - dort war die Öffentlichkeit präsent. Natürlich ließen die Sicherheitskräfte nicht zu, dass die Menschen sich versammeln konnten, sobald es mehr als 50 wurden, griffen die Spezialeinheiten an, schlugen die Menschen brutal und trieben sie auseinander. Dann kanalisierten die Garden die Demonstranten in die Seitenstraßen hinein, und dort griffen sie sie an und schlugen sie überall. Sie benutzten viel Pfefferspray und Tränengas."

Auf die Frage, wie gewalttätig die Polizei war, sagte sie: "Sie hatten absolut keine Skrupel. Ich habe selbst gehört, wie einer der Befehlshaber der Pasdaran-Garden seine Leute, die die Demonstranten mit ihren Schlagstöcken nur drohten, anwies, nicht nachsichtig zu sein und sie zu schlagen. Er forderte seine Kräfte auf, Menschen zu schlagen, insbesondere diejenigen, die vom Rest der Menschenmenge getrennt waren. Sie haben sie sehr brutal geschlagen."

Die Parolen, die verwendet wurden, kommentierte sie wie folgt: "Die Parolen, die die Studenten gerufen haben, haben sich sehr von denen unterschieden, die außerhalb der Universität (des Universitätsgeländes) benutzt wurden. Eine der radikalsten Parolen außerhalb der Universität war "Khamenei, du bist ein Krimineller, und dein Regime ist nichtig." Innerhalb der Universität waren die Parolen noch stärker.

Zu den Verhaftungen während der letzten 48 Stunden saget Bahareh Hedayat: "Am Mittwoch nach Mitternacht ist Mohammad Hashemis Haus durchsucht worden. Die Bewohner des Hauses fragten nach Durchsuchungsbefehlen und Dokumenten, aber die Agenten hatten keine und brachen nach einer Stunde die Eingangstür auf und gingen hinein. Sie verbanden Hashemi die Hände und die Augen und begannen dann mit der Durchsuchung, ohne vorher eine Liste der Gegenstände im Haus anzufertigen, was absolut illegal ist. Sie verließen das Haus dann, ohne jemanden verhaftet zu haben. Aber heute kamen sie als Zivilpersonen wieder und verhafteten Mohammad Hashemi. Er blieb etwa sechs bis sieben Stunden in Haft und wurde dann freigelassen. Mittwoch nacht wollten sie außerdem Milad Assadi vom Zentralrat des Daftar Tahkim Vahdat verhaften, der nicht zu Hause war. Die beiden Zentralratsmitglieder Mohammad Sadeghi und Hassan Assadi sind vor drei Nächten verhaftet worden.”

Freitag, 6. November 2009

Übelkeit - Persian Umpire über seinen persönlichen 13. Aban

Veröffentlicht am 6. November
Autor: P. Umpire
Quelle (Englisch): http://www.persianumpire.com/2009/11/06/nausea/
Deutsche Übersetzung: Julia
Bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post und zum Original angeben


Wegen der nach Demonstrationen üblichen Staus im Internet ein verspäteter Post

Mittwoch, 13. Aban (4. November)

Ein merkwürdiges Gefühl hat heute von mir Besitz ergriffen. Nur einen Meter von mir entfernt wurde ein Mann Ende Fünfzig von mehreren Menschen geschlagen, und ich habe es genossen. Obwohl ich weder den Drang zum Mitmachen verspürte, noch Zeit hatte darüber nachzudenken, verursachte das Vergnügen, das ich beim Anblick des angsterfüllten Gesichts dieses Mannes verspürte, bei mir den Wunsch, seine Angreifer anzufeuern. Ich bin froh, dass ich es nicht getan habe. In der Schlägerei, als er sie anflehte aufzuhören und immer wieder schrie "warum schlagt ihr mich?", dachte ich nur: "du machst wohl Witze". Der Mann war ein Basij.

Ich habe nie zuvor erlebt, dass vor meinen Augen an einem einzigen Tag so viel Gewalt angewendet wurde. Wenn es einen Tag gibt, der mit dem 13. Aban vergleichbar ist, so ist es wohl der 30. Khordad (20. Juni), der Tag, nach dem Khamenei seinen Gangstern grünes Licht für gnadenloses Vorgehen gegen die Iraner gegeben hatte. Der 13. Aban war schlimmer, vielleicht, weil ich länger dabei blieb, oder vielleicht, weil es wirklich schlimmer war. Ich habe auch noch nie zuvor so viele Sicherheitskräfte an einem Ort gesehen. Ich war heute am Haft-e Tir-Platz, in der Karim Khan Avenue, auf dem Vali-Asr-Platz und Umgebung. Tausende von Grünen waren dort, zumeist ohne grüne Symbole, und sie wurden von tausenden Affen empfangen, die sich, wenn man sie mit dem Etikett Homo versehen würde, höchstens bis zum Erectus qualifizieren würden.

Die Affenmacht hatte nur eins im Sinn: Jede Menschenansammlung zu verhindern. Ihre Strategie: wahllose Gewalt. Gegen 10:30 Uhr kamen wir auf dem Weg zum Vali-Asr-Platz an der Metrostation Beheshti vorbei. Eine Gruppe von Spezialeinheiten der Revolutionsgarden, in Tarnanzügen und Schlagstöcke schwingend, stürmten plötzlich das Tor der Station, so dass die Leute, die gerade herauskamen, ängstlich wieder ins Innere flohen. Sieben oder acht Sicherheitsleute rannten hinein, die anderen verschlossen die Tore hinter ihnen und versperrten sie. Danach hörte man nur noch Schreie und dumpfe Schläge.

Wir haben bei den Demonstrationen etwas gelernt. Wenn die Affen angreifen, sollte man auf keinen Fall rennen, sondern auf dem Gehweg nah an den Schaufenstern bleiben und weiter gehen, oder einfach an einer Wand stehen bleiben. Normalerweise laufen sie dann an dir vorbei, hinter denen her, die rennen. Heute jedoch fuhren die Affen mit Motorrädern auf den Gehwegen, hielten ihre Schlagstöcke an die Wände und gaben Gas. Wenn sie keine Motorräder hatten, liefen sie einfach durch und schwangen ihre Knüppel, Stöcke oder Ketten. Es spielte keine Rolle, wen oder was sie damit trafen.

Ich werde hier nicht minutiös über den Tag berichten. Es war überwiegend eine pausenlose Abfolge heftiger Schläge, Blutergüsse und Blut, von der ich schnappschussartige Eindrücke behalten habe. Ich erinnere mich auch, einige Male Schüsse gehört zu haben. Auch mit Verhaftungen schien man wahllos zu sein. Wir sahen Basijis, die sich willkürlich junge Leute herausgriffen, sie auf die Knie zwangen, ihnen Handschellen und Augenbinden anlegten und sie dann fortbrachten.

Auf der Vali-Asr-Straße nördlich des Platzes beschimpfte ein Polizist laut einen alten Mann, weil er sich bei der Demonstration gezeigt hatte. Ein junger Mann ging zu dem Polizisten und gab ihm eine Blume, woraufhin der Polizist ihn schlug und auf den Gehweg warf. Der Junge rappelte sich auf und ging.

In den Schlägereien sahen wir auch Sicherheitskräfte und Basijis, die geschlagen oder von Steinen getroffen wurden. In der Karim-Khan-Straße nahe dem Vali-Asr-Platz jagte ein achtzehn- oder neunzehnjähriger Basij auf der Straße neben dem Gehweg einem Mann hinterher, wobei er einen Gummigurt schwang. Der Mann war kräftig, und der Basij war klein, pausbäckig, mit nur einem Anflug eines sprießenden Bartes. Zum ersten Mal konnte ich sehen, wie eine Technik angewandt wurde, über die ich schon gelesen hatte, die aber schwer umzusetzen ist. Mitten im Lauf stoppte der Mann unvermittelt auf der Stelle, drehte sich um, griff sich den verdutzten Basij und warf ihn gegen ein Auto. Der Basij brauchte ein paar Sekunden, um wieder aufzustehen. Als er sah, dass einige Leute sich auf ihn stürzen wollten, rannte er weg, aber sie erwischten ihn und begannen, ihn zu verprügeln. In diesem Augenblick tauchte ein Basij, etwa Mitte Fünfzig, mit kurzen weißen Haaren - der, den ich eingangs erwähnte - hinter einem Bus auf und lief in Richtung des Handgemenges, ebenfalls mit einem Gummigurt in der Hand, und versuchte, die Leute zu vertreiben und den anderen Basij zu befreien. Weitere Menschen tauchten auf und griffen ihn an. Er fiel einen Meter vor mir zu Boden und bekam Tritte und Faustschläge verpasst. In diesem Moment stieß eine Gruppe Basijis dazu, sie umringten die anderen beiden Affen und schleiften sie fort.

Später, am Haft-e Tir-Platz, sahen wir einen Basij - wieder einen älteren Mann - der seinen Kopf hielt und stark blutete. Ein anderer stützte ihn und half ihm über den Platz bis zu ihrem Lager.

Die Demonstration erreichte zu keinem Zeipunkt das Ausmaß und die Konzentration vom Quds-Tag. Es war gar nicht möglich. Alle flohen vor den Sicherheitskräften, gruppierten sich in den Seitenstraßen neu, oder erholten sich vom Tränengas und den Schlägen. Die größte Gruppe, die ich sah, marschierte auf der Karim-Khan-Straße und skandierte Parolen gegen die Regierung. Es waren höchstens 2oo oder 300 Leute. Von Zeit zu Zeit tauchten regierungstreue Demonstranten mit Lautsprechern und Parolen auf. Die größte dieser Gruppen bestand aus einigen hundert Leuten. Ich erinnere mich noch an eine ihrer neuen Parolen "Tod dem samtenen Dikator". Was auch immer das bedeutet.

Bevor ich gehe und zusammenbreche - ich bin nämlich völlig erschlagen, schmutzig und müde - möchte ich den 13. Aban mit Rafsanjanis Super-Duper-Plan verknüpfen. Seit seiner Entstehung und der vermeintlichen Entspannung zwischen Rafsanjani und Khamenei ist dieser Plan von vielen im Iran als trügerische Hoffnung und als Trick des Obersten Führers angesehen worden, mit dem er Zeit schinden und möglichst viel Ablenkung erreichen wollte. Der 13. Aban war ein weiteres gebrochenes Versprechen, eine weitere Kehrtwende, ein weiterer verlöschender Hoffnungsschimmer. Wir stehen einem Regime gegenüber, in dem es für Reformen in der Praxis keinen Ansprechpartner gibt. Weder die Führungsfiguren der grünen Bewegung, noch Rafsanjani, noch die Marjas (hohen Geistlichen, d. Übers.) haben es geschafft, dem Obersten Führer Zugeständnisse von irgendeiner Bedeutung abzuringen. Immer wieder höre ich: "Was werden sie jetzt sagen? Schon wieder dasselbe?" Der 13. Aban hat uns von den letzten Zweifeln befreit, dass es Khameneis Wille ist, die Opposition vollständig niederzuringen. Viele im Iran sehen in ihm einen Mann, der nicht verhandelt, und als den Täter, dem wir alles, was seit den Wahlen passiert ist, zu verdanken haben.

Die Luft in Teheran heute Nacht ist erfüllt von einem Summen. Es sind wütende Gespräche darüber, Gewalt mit Gewalt zu beantworten. Die Menschen verlieren die Geduld, und ich höre, wie man in die Sprache der Gegner verfällt. Ob das für uns ein gangbarer Weg ist oder nicht, wird die Zukunft zeigen, aber wir haben 1979 vor Augen. Wenn man uns die Hoffnung nimmt, wird es nicht lange dauern, bis Reformen einer gründlichen Instandsetzung weichen. Im Moment fragen sich viele, ob die Reformen in einer Sackgasse angekommen sind. Das Wort "Versöhnung" klingt mittlerweile seltsam. Vielleicht ist es lediglich eine Reaktion auf einen Tag voller Brutalität in den Straßen, oder eine existenzielle Phase, die nach sechs Monaten des sich-im-Kreis-Drehens unvermeidbar ist. Eines jedoch ist klar. Ganz am Anfang forderte die Bewegung die Rückgabe ihrer Stimmen. Heute treten sie für eine "Iranische Republik" den Führer mit Füßen. Vielleicht schafft er es, die Opposition zu vernichten, aber möge jemand seine Seele retten, wenn ihm das nicht gelingt.

Dienstag, 3. November 2009

Montazeri: Besetzung der US-Botschaft war ein Fehler

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 3. November 2009
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2009/11/photow01-on-the-occasion.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben



Anlässlich des Jahrestages der Besetzung der US-Botschaft in Teheran hat der gemäßigte Geistliche Ayatollah Hosseinali Montazeri das Ereignis, das er damals gebilligt hatte, neu überdacht. Er stellte fest: "Angesichts des negativen Effektes und der erhöhten Sensibilität", die das Ereignis in Amerika hervorgerufen habe, glaube er, dass es ein "Fehler" gewesen sei.

Der schiitische Geistliche fügte hinzu, es sei gleichbedeutend mit einer Kriegserklärung, die Botschaft eines Landes zu besetzen, das sich nicht "offiziell im Krieg" mit Iran befände. Er sagte weiter, selbst "manche der revolutionären und engagierten Jugendlichen, die damals beteiligt waren, heute denken, dass es ein Fehler war."

Ayatollah Montazeris veröffentlichte seine Statements als Antwort auf Fragen der Webseite Green Wave of Freedom. Er erklärte, "wenn es in unserem nationalen Interesse liegt, Beziehungen mit den USA wiederherzustellen, sollten wir nicht mit unbegründeten Parolen Misstrauen und Agitation provozieren."

Ayatollah Montazeris Meinung steht in totaler Opposition zu denen des obersten Führers, der am Sonntag unerbittlich die Beziehungen mit den USA verurteilt und die Politik der Regierung Obama kritisiert hatte. Er hatte sich vernichtend über Irans gegenwärtige Verhandlungen mit den Weltmächten geäußert und behauptet, das Ergebnis dieser Verhandlungen seien im Vorhinein von den USA festgelegt worden.

Ayatollah Montazeri hingegen erklärte, "Israel und seine amerikanische Lobby" seien die glühenden Gegner einer Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Iran und den USA und glaubten, ein Überleben der "gegenwärtigen Krise" sei in ihrem Interesse.

Er verurteilte weiterhin die engen Verbindungen Irans zu Russland: "Worin liegt der Unterschied zwischen Russland und den USA, warum sollten wir Russland gegenüber so viel Vertrauen haben, ihnen exorbitante Mengen unserer nationalen Schätze zu überlassen, aber mit den USA nicht einmal verhandeln und sprechen?"

Ayatollah Montazeri erklärte, die "Unterdrückung des Volkes und die durch die Präsidentschaftswahl herbeigeführte nationale Krise" in Iran habe selbst in internationalen Verhandlungen "die Haltung der Regierung geschwächt" und werde auf keinen Fall "dem Interesse des Landes oder der Menschen" dienen.

Er ermutigte die Behörden, eine "mutige und zweckdienliche" Entscheidung zu treffen und alle politischen Gefangenen freizulassen, alle verbotenen Medien wieder einzusetzen und alle Formen der Meinungskontrolle in Ämtern und Universitäten abzuschaffen.

Montag, 2. November 2009

Moussavi: Gefangene fordern ihre Wächter heraus

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 2. November 2009
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2009/11/photow01-opposition-leade.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben



Oppositionsführer Mir Hossein Moussavi hat anlässlich eines Besuchs bei der Familie von Feizollah Arabsorkhi, einem der nach der Wahl Inhaftierten, bemerkt, dass die politischen Gefangenen ihre Wächter "warhaft herausgefordert" hätten.

Feizollah Arabsorkhi ist eines der prominenten Mitglieder der reformorientierten Organisation der Mojaheddin der Islamischen Revolution und befindet sich seit über vier Monaten im Gefängnis.

Wie die Webseite Kalameh mitteilt, sagte Moussavi, er habe Informationen, dass die "Befrager in ihren täglichen Gesprächen und Dialogen mit den Kindern der Revolution herausgefordert" worden seien. Er fügte hinzu, es sei nur natürlich, dass diese Begegnungen bei den Befragern "Spuren hinterließen".


Moussavi unterstrich, dass es den politischen Aktivisten und Jugendlichen in den Protesten nach der Wahl nicht um "Sabotage oder Zerstörung" gegangen sei, dies müsse anerkannt werden.

Weiter sagte er: "Wenn die Medien frei wären und Menschen ihre Meinung sagen dürften, wären wir nicht in diesen Zustand geraten".

Nach den Protesten gegen die angebliche Fälschung der Präsidentschaftswahl und die konsequente Niederschlagung der Demonstrationen durch die Regierung wurden unzählige Internetseiten blockiert und mehrere Zeitungen verboten.

Moussavi zufolge könne die gegenwärtige Krise nur dadurch gelöst werden, dass "gegen die Beamten der Haftanstalt Kahrizak vorgegangen wird" und die Inhaftierten "öffentliche und faire Prozesse" erhalten.

Kahrizak ist die berüchtigte Haftanstalt, in der viele der nach den Wahlen Verhafteten angeblich gefoltert und missbraucht wurden.

Familien von politischen Gefangenen halten seit der vergangenen Woche Proteste ab. Heute versammelten sie sich vor dem Parlamentsgebäude in Baharestan und verlangten wiederholt die Freilassung ihrer Angehörigen.

Iranische Journalistin Hengameh Shahidi freigelassen

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 2. November 2009
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2009/11/iranian-journalist-hengam.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben


Hengameh Shahidi, eine der nach den Wahlen im Iran verhafteten Personen, ist am Sonntag gegen eine Kaution von 900 Millionne Rial freigelassen worden. ISNA zufolge wurde die Freilassung vom Islamischen Revolutionsgericht angeordnet.

Shahidi war seit dem 30. Juni inhaftiert und befand sich seit vergangener Woche aus Protest gegen die unklaren Anklagepunkte gegen sie im Hungerstreik.

Die Webseite Nowrouz berichtet, dass der Teheraner Staatsanwalt Abbas Jafari Dowlatabadi sie gebeten habe, den Hungerstreik zu beenden. Der Bericht fügt hinzu, dass sie während eines Termins in Abteilung 26 des Gerichts "das Bewusstsein verlor, weil sie durch den Hungerstreik geschwächt war. Sie wurde sofort in die Krankenhausabteilung des Evin-Gefängnisses gebracht."

Die Journalistin, die an einer Herzerkrankung leidet, befand sich während ihrer Haft Berichten zufolge unter "hohem physischem und mentalem Druck".

In den vergangenen Tagen wurden auch der Chefredakteur der Tageszeitung Etemad-e Melli, Mohammad Ghouchani, und der Chefberater von Mehdi Karroubi, Morteza Alviri freigelassen. Beide waren im Zuge der Ereignisse nach den Wahlen verhaftet worden.

Familien von politischen Gefangenen versuchen, mit Kundgebungen und Hungerstreikdrohungen die Regierung zur Freilassung ihrer Angehörigen zu bewegen.

Am heutigen Montag versammelten sie sich vor dem Parlamentsgebäude, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Viele prominente Mitglieder reformorientierter Parteien des Iran befinden sich noch immer in Haft.

Sonntag, 1. November 2009

Karroubi erneuert Wahlbetrugs-Vorwürfe

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 1. November 2009
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2009/11/karroubi-renews-his-alleg.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben.
















Mehdi Karroubi hat heute anlässlich einer Rede bei einem Treffen mit dem Zentralrat der Universitäts-Alumni daran festgehalten, dass bei der 10. Präsidentschaftswahl im Iran Stimmen "rationiert" wurden.

Karroubi sagte, Mahmoud Ahmadinejad seien 25 Millionen Stimmen zugeteilt worden, ihm selbst 330.000 Stimmen.

Diese Zahlen waren als die von den beiden Kandidaten erhaltenen Stimmen vom Wächterrat bestätigt worden. Ayatollah Khamenei, der oberste Führer von Iran, hatte am Tag nach der Wahl Ahmadinejads Sieg mit 24 Millionen Stimmen bestätigt und die Wahl für gültig erklärt.

Mahmoud Ahmadinejads Gegner, Mehdi Karroubi, Mir Hossein Moussavi und Mohsen Rezai stellten das Ergebnis in Frage. Während der konservative Kandidat Rezai seine Beschwerde später zurückzog, setzen Karroubi und Moussavi ihre Proteste gegen den vermuteten Wahlbetrug fort und bestreiten die Legitimität der gegenwärtigen Regierung.

Mehdi Karroubi sagte der Aktivistengruppe gegenüber, die gegenwärtige Situation des Landes sei "hochsensibel", der Aufstieg der zehnten Regierung sei nicht das Ergebnis von lediglich "einer oder zwei Nächten der Planung".

Er erklärte: "Die Islamische Republik hat ihre Gleise verlassen, und wir wollen sie wieder auf die Gleise zurückbringen. Die Islamische Republik hängt nicht von einer einzelnen Person ab, anderenfalls würde sie mit dem Weggang dieser Person verschwinden. Wären alle Prinzipien der Verfassung eingehalten worden, wäre das Land jetzt nicht mit solchen Problemen konfrontiert."

Karroubi war von konservativen Lagern des Establishments scharf angegriffen worden, weil er Berichte über "Folter und Misshandlung" an nach den Wahlen verhafteten Gefangenen verfolgt hatte. Er hatte angekündigt, in seinen Forderungen nach Gerechtigkeit nicht nachzulassen.