Montag, 9. November 2009

Neue Blogadresse!

Dieser Blog braucht mehr Platz und ist deshalb umgezogen. Alle neuen Einträge werden ab sofort hier gepostet:

http://englishtogerman.wordpress.com/

Dieser Blog bleibt aber der alten Verlinkungen wegen erhalten.

Sonntag, 8. November 2009

Mehdi Karroubis Statement über den 13. Aban und die Beziehungen zwischen Iran und Amerika

Englische Übersetzung: NiteOwl/Josh Shahryar
Quelle (Englisch): http://www.dailyniteowl.com/wordpress/index.php/2009/11/08/karroubis-statement-about-13-aban-and-iranian-american-relations/
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben


(Anmerkung von Josh Shahryar: Dieses Statement wurde auf Tagheer.net veröffentlicht. Tagheer.net ist eine iranische Webseite mit Verbindungen zu Mehdi Karroubis Partei Etemaade Melli. Auf der Webseite gibt es keinen Hinweis darauf, wann das Statement aufgenommen wurde, aber das Datum auf der Seite ist der 7. November. Es ist auf Persisch; das Audio- und das Videofile können hier heruntergeladen werden: http://tagheer.co.cc/fa/archives/1388,08,17/1016

Es gibt auch ein YouTube-Video mit dem Statement: http://www.youtube.com/watch?v=ayrQJRy8Jrs .

Ich muss hinzufügen, dass eine Übersetzung niemals perfekt ist, dennoch habe ich mein Bestes versucht, um das Statement so gut ich konnte auf Englisch wiederzugeben. Ich bitte um Entschuldigung für alle Fehler, die enthalten sein könnten.)


(Anmerkung von Julia: Den letzten beiden Sätzen kann ich mich nur anschließen.)

Eines der wichtigsten Ereignisse nach der Revolution war die Übernahme der amerikanischen Botschaft - sowohl für die, die sie unterstützten, als auch für die, die dagegen waren, und jährlich gab es Aktivitäten, mit denen an dieses Ereignis erinnert wurde. In diesem Jahr haben einige politische Gruppen in dem Bewusstsein der gegenwärtigen Situation im Land, Ankündigungen gemacht, und ich habe ebenfalls angekündigt, dass ich zum Hafte Tir-Platz kommen und von dort aus zur (amerikanischen) Botschaft gehen würde.
Insbesondere hatte ich den Menschen mitgeteilt, dass ich anhalten würde, wo immer abweichende*) Parolen gerufen werden, damit die Menschen diese Parolen nicht fortsetzen und die, die es tun, von mir getrennt werden.
*) "abweichend" ist die Übersetzung für "deviating", vermutlich sind Parolen gemeint, die der von Karroubi vertretenen Linie abweichen. Angesichts der vielbesprochenen Radikalisierung der Parolen ergibt diese Interpretation Sinn. Darüber, welche Parolen Karroubi genau meint und wo die Grenze zur Abweichung verläuft, kann ich z. Zt. nur spekulieren. Die Untertitel im oben verlinkten Video sprechen übrigens von "subversive chants", also subversiven Parolen. d. Übers.

Als wir Hafte Tir erreichten, standen sie vor uns. Polizei war dort, und sie gingen sehr gewalttätig gegen die Menschen vor. Ich blieb stehen, weil ich dachte, dass sie es sich vielleicht anders überlegen würden und mir wegen meiner Teilnahme wenigstens erlauben würden, [ihre Linien] zu überschreiten. Aber das Gegenteil war der Fall, sie wurden noch gewalttätiger und schlugen sogar mit ihren Schlagstöcken auf meine Leibwächter ein, wobei sie zwei von ihnen verletzten, und sie bewarfen [uns] sogar mit Tränengas, das sehr stark war und eine heftige Wirkung hatte und das die Menschen zwang, sich zu zerstreuen. Einige waren dem Ersticken nahe. Wir stiegen wieder ins Auto und drehten um, und auf dem Rückweg sahen wir, wie gewalttätig mit Frauen umgegangen wurde - etwas, was in unseren Augen äußerst grausam und schlecht ist.

Ich frage mich, warum das passieren musste? Diese Menschen kamen, um sich um die Botschaft herum zu versammeln. Einige hätten "Tod Amerika" gerufen, andere möglicherweise nicht, vielleicht hätten sie stattdessen "Islamische Republik"**) gesagt, aber wir hätten versucht, sie davon abzuhalten, abweichende Parolen zu benutzen.
**) auch hier sagen die englischen Untertitel des Videos etwas anderes: "Tod der Islamischen Republik". Tatsächlich gesagt hat er nur "Islamische Republik", aber es kann so verstanden werden, dass er implizit den Slogan "Tod der Islamischen Republik" meinte. d. Übers.

Doch die meine Frage ist wichtiger und betrifft die doppeltgesichtige Politik der Islamischen Republik (hier zitiert er ein persisches Sprichwort, um die Situation zu verdeutlichen) 'Dome Khoroos of Qasame Abbas' (Es bezieht sich auf eine Geschichte von einem Dieb, der einen Hahn stahl vom Besitzer erwischt wurde. Er schwor beim heiligen Abbas , keinen Hahn gestohlen zu haben, obwohl der Hahnenschwanz unter seiner Jacke hervorlugte. Der Besitzer sagte darauf zu ihm "Wem soll ich glauben, dem Hahnenschwanz oder deinem Schwur beim heiligen Abbas?", d. Übers.)

Die Islamische Republik war bis vor kurzem immer darum bemüht, ihre Politik zu verändern. Sie haben [Amerika] gratuliert und Briefe geschickt, die nicht einmal beantwortet wurden, doch [die Iraner] haben dennoch versucht, im Gespräch zu bleiben. Ich kann das Statement hier nicht vorlesen, aber ich lade meine lieben Zuschauer und Zuhörer dazu ein. Es ist eine Diskussion von Mir Tajuddini, dem Abgeordneten von Tabriz, und es wurde nach seiner [Auslands-]Reise in einer iranischen Zeitung veröffentlicht. Er sagt darin, dass es ein Treffen von rund 50 wichtigen amerikanischen Persönlichkeiten - darunter Politiker, Akademiker, Reporter und Analysten - mit dem Präsidenten gab, das mehr als zwei Stunden dauerte, und es habe eine gute Diskussion gegeben.

Und ich als Teilhaber am politischen Geschehen sage, wenn solch ein Treffen in den vergangenen zwanzig Jahren unter irgendeiner Regierung stattgefunden hätte, wären mit Sicherheit Kafanposhan (Demonstranten, die in weißes Tuch gekleidet sind von der Art, mit dem man im Islam die Toten einhüllt, bevor sie bestattet werden) auf die Straßen von Qom, Tabriz und insbesondere Teheran gegangen und hätten entschlossen dagegen gekämpft.

Warum ist es so, dass wenn solche Treffen und Diskussionen abgehalten werden, keine Komplikationen damit einhergehen und Tageszeitungen wie Keyhan und andere nicht einmal darüber diskutieren, und niemand irgendwelche Einwände erhebt? Was also ist mit all diesem neuen Antiamerikanismus, den Parolen und der Propaganda gegen Amerika nun geschehen?

Weder sage ich, dass diese Parolen benutzt werden sollen, noch, dass sie nicht benutzt werden sollen. Was ich sagen will ist, dass das nationale Interesse des iranischen Volkes von uns innerhalb der Regierung nicht täglich auf der Basis unserer geheimgehaltenen und nicht öffentlich zugänglichen Analysen ausgenutzt werden sollte.

In dem einen Treffen sitzen sie mit 50 Amerikanern zusammen und diskutieren über die iranisch-amerikanischen Beziehungen, Afghanistan, Atomkraft, Öl und anderes, und am nächsten Tag machen sie alles zunichte [er spricht metaphorisch, im Deutschen würde man wohl sagen "wieder bei Null anfangen", d. Übers.]
Ich habe das Gefühl, diese Politik könnte sich als problematisch für die Situation unseres Volkes erweisen, und es sieht so aus, als sei die Regierung planlos und wisse nicht, was sie tun soll. Und ich halte es für meine Pflicht, Dinge klarzustellen, selbst wenn es auf mich zurückfällt, was mir nichts ausmacht. Diese doppelgesichtige Politik wird das Vertrauen des Volkes aushöhlen, und morgen werden sie uns keinen Glauben mehr schenken - sie sollten es nicht.

Drohungen gegen Unterstützer der Grünen Bewegung außerhalb Irans

Empfehlung: Green Cast FB page
Artikel auf Persisch: BBC Persian, 5. November 2009
Englische Übersetzung:
persian2english
Quelle (Englisch): http://persian2english.wordpress.com/2009/11/07/the-threat-against-supporters-of-the-green-movement-outside-iran/
Deutsche Übersetzung: Julia - bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben



Massoud Jazayeri, stellvertretender Befehlshaber der iranischen Streitkräfte, hat erklärt, dass viele Demonstranten innerhalb und außerhalb Irans identifiziert wurden und dass man sich zu gegebener Zeit mit ihnen befassen werde.

In einer Erklärung gegenüber der Zeitung Keyhan bezeichnete Jazayeri die Proteste nach den Wahlen als Verschwörungen und die Amerikaner und Briten als Putschregierungen. Er sagte, obwohl die Islamische Republik sehr geduldig sei, könne sie doch nicht zulassen, dass Bemühungen um einen Regimewechsel und einen sanften Staatsstreich fortgesetzt würden. Wenn man dazu gezwungen werde, so werde man den Verantwortlichen außerhalb des Landes den Kampf ansagen. Auf den Begriff "Kampf" ging er nicht näher ein. Die Islamische Republik hat in den ersten beiden Jahrzehnten ihrer Existenz viele Oppositionsmitglieder ermordet.

Massoud Jazayeri warnte die westlichen Medien davor, am 13. Aban "negative Propaganda" zu verbreiten. Er warf den westlichen Medien vor, "falsche Tatsachen vorzuspiegeln und [iranische] Bürger zu provozieren." In der Warnung wird auch darauf hingewiesen, dass Irans Polizeikommandant Esmail Ahmadi-Moghaddam kurz vor dem 4. November angekündigt hatte, dass "die Polizei gegen jede Bewegung vorgehen wird, die einen Umsturz [des Regimes] verfolgt." Ahmadi-Moghaddam hatte hinzugefügt: "Es gibt Menschen außerhalb des Landes, die die iranische Verfassung nicht kennen."

Ahmadi-Moghaddam erwähnte in seinem Statement auch, dass "einige politische Organisationen die Absicht haben, die Grenzen der Polizei auszuloten. Diese Gruppen innerhalb und außerhalb Irans ignorieren die Gesetze und organisieren Kundgebungen ohne rechtliche Erlaubnis. Die Polizei wird daher ihre gesetzliche Pflicht erfüllen."

Gleichzeitig gab die Webseite der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC), Basirat, Namen von Gruppen und Personen preis, die als "Führer des grünen Putsches im Ausland" identifiziert wurden.

Den Revolutionsgarden zufolge führe "die Zentrale der regierungsfeindlichen Bewegung außerhalb des Landes" nicht nur einen psychologischen Krieg der Putschmitglieder innerhalb des Landes, sondern habe "zudem ihre destruktive Propaganda drastisch verstärkt".

Die Webseite kennzeichnet "aufgeklärte Säkularisten, Journalisten, studentische Aktivisten und Künstler im Ausland" als die vier Hauptgruppen, die die Aufstände nach der Wahl unterstützt hätten. Es gebe noch eine fünfte Gruppe, die aus "Anhängern des Schah, Antirevolutionären und Dissidenten" bestehe.

Das Statement beschreibt die Oppositionsgruppen als "aufgeklärte Säkularisten, die gegen einen religiösen Führer und eine Islamische Führung sind. Sie haben einige paradoxe Auffassungen über unsere Islamische Republik verbreitet." Studentische Aktivisten, die während des letzten Jahrzehnts ins Ausland gegangen sind, werden als dritte Unterstützer-Gruppe der jüngsten Unruhen bezeichnet. "Einige der Extremisten unter den Studenten, die am 9. Juli an den Demonstrationen teilgenommen haben, haben 1999 die Studentenbewegungen nach dem 22. Mai angeführt, und manche davon sind Anhänger der nach den Wahlen entstandenen Protestbewegung."

Auf der Webseite werden "Anhänger des Schahs als notorisch revolutionsfeindliche Elemente" abgetan, da sie ihren Erklärungen zufolge eine "vierzigjährige Geschichte des Kampfes gegen die Islamische Revolution" hätten. Zu den anderen regimekritischen Gruppen erklärt die Webseite, "die Aushängeschilder der ersten vier Gruppen sind Iraner, die ihren Ruhm der Islamischen Revolution verdanken, deren Worte aber in letzter Zeit den Invasoren der Revolution dienten."

Der IRGC unterstreicht die Unterstützung der Gruppierungen um Mir Hossein Moussavi und Mehdi Karroubi vor und nach den Wahlen und fügt hinzu: "Die antirevolutionäre Position dieser Gruppen ist niemals kritisiert oder abgestritten worden, weder durch Moussavi, noch durch Karroubi, und somit können wir davon ausgehen, dass ihre Äußerungen mit denen der Führer der Grünen Bewegung - Moussavi, Karroubi und Khatami - gleichzusetzen sind." Der Webseite zufolge verbreiten die Führer der Grünen Bewegung ihre Botschaften mittels ausländischer Quellen, weil die Verfassung der Islamischen Republik ihnen nicht gestattet, ihre Ideen explizit zu äußern.

In dem Statement werden Personen wie Shirin Ebadi, Mohsen Kadivar, Ata'ollah Mohajerani, Abdolkarim Soroush, Mohsen Sazegara und Mohsen Makhmalbaf als wichtigste Führungspersönlichkeiten der Grünen Bewegung außerhalb Irans bezeichnet. Auch mehrere Personen mit einem breiten ideologischen Spektrum und breitgefächerten Aktivitäten werden zu Individuen erklärt, die "sich aufgemacht haben, die Revolution herauszufordern, indem sie die nach der Wahl entstandene Bewegung unterstützen."

Der IRGC beschuldigt die ausländische Opposition der folgenden Punkte:

“Angriffe auf die göttliche Position der Führung des iranischen Regimes und auf die absolute religiöse Führung (faqih); Angriffe auf die religiöse Führung und die islamische Regierung durch Vorwürfe der Korruption und Ineffizienz; wiederholte Behauptungen über Wahlbetrug; Anleitung, Ausbildung und Anstiftung zu Chaos mit dem Ziel, Unsicherheit zu verbreiten; Anleitung, Ausbildung und Anstiftung der wenigen Unterstützer innerhalb Irans zum Bruch des Gesetzes; Respektlosigkeit gegenüber den göttlichen Führern des Islam und ihrer großen Gefolgschaft."

Dem Politbüro des IRGC zufolge besteht der achte Anklagepunkt gegen die ausländischen Aktivisten und Gruppen darin, dass sie die rechtlichen Institutionen der Islamischen Regierung wie Wächterrat, Innenministerium, Justiz, Polizei, Geheimdienstministerium, IRGC, Basij etc. in Frage gestellt haben.

Der Webseite zufolge gelten persönliche Weblogs, politische Webseiten und soziale Internetnetzwerke als die Medien, die vom Ausland geleitet werden.

Brief einer Demonstrantin in Iran: Meine Erlebnisse am 13. Aban

Veröffentlicht auf Persian2english am 7. November 2009
Übersetzung aus dem Persischen: Persian2English
http://persian2english.wordpress.com/2009/11/07/a-letter-from-a-protester-in-iran-my-experience-on-13-aban/
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben


(Anmerkung: Das folgende ist ein Bericht aus erster Hand von einer jungen Demonstrantin und ihren Erlebnissen am 13. Aban. Der Bericht wurde aus dem Persischen ins Englische übersetzt. Danke an Cheyenne für die Übersetzung.)

Gestern war es extrem beängstigend. Es war wie in der Höhle des Löwen! Karroubi hatte angekündigt, dass er um 10:30 am Haft-e Tir sein würde. Ich ging mit einigen Freundinnen los, wir dachten, wir könnten friedlich hinter Karroubi marschieren, wie am Quds-Tag.

Ich kam gegen 9:30 am Haft-e Tir an und sah eine riesige Anzahl von Basijis. Ich habe niemals so viele Basijis gesehen. Es gab auch sehr viel Polizei und Zivilpolizisten mit Schlagstöcken. Ich stieg aus dem Taxi aus, um am Verkehr vorbeizukommen und ging unauffällig durch die Gruppen von Sicherheitskräften, um meine Freundinnen zu treffen.

Unterwegs sah ich, wie mehrere grüngekleidete Leute verhaftet wurden. Ich fand meine Freundinnen, und wir gingen los Richtung Haft-e Tir. Die Cousine meiner Freundin war sehr mutig, sie trug einen grünen Schal und ging lächelnd an den Basijis vorbei! Als die Menschenmenge größer wurde, fingen wir an, unsere Hände zu heben und "Allah-o Akbar" und "Tod dem Diktator" zu rufen. Anfangs reagierte die Polizei nicht. Die Leute baten die Polizei, nicht zuzulassen, dass die Basijis sie schlagen, aber die Polizisten lachten sie aus.

Wir riefen Parolen, und irgendwann kamen die Basijis auf uns zu, um anzugreifen. Wir flüchteten. Es war wirklich schrecklich!

Wir fingen wieder an, Parolen zu rufen, "Die russische Botschaft ist ein Spionennest" und "Tod dem Diktator". Auf einmal griffen die Basijis wieder an, und wir flüchteten wieder. Ich hielt die Hand meiner Freundin Niloofar, als wir von hinten mit einem Schlagstock geschlagen wurden. Ich schrie nur "nicht schlagen!" Einige der Basijis waren wohl ziemlich human und sagten nur, wir sollten verschwinden, also liefen wir weg. Ich wurde von Niloofar getrennt. Ich lief allein weiter, als ein anderer Basij vor mir auftauchte. Ich wusste, dass er mich angreifen wollte, und ich schrie ihn an, er solle mich nicht schlagen. Er trat mir in die Brust. Ich glaube, er konnte Kampfsport. Er schlug mich und rannte weg.

Ich hatte Schmerzen, ich rannte und weinte. Ich lief zu Atefeh (einer anderen Freundin). Ihre mutige Cousine war Richtung Vali-Asr unterwegs, weil sie gehört hatte, dass Moussavi dort sein würde. Atefeh und ich suchten nach Niloofar. Überall, wo wir hinsahen, waren Polizei und Basijis mit Schlagstöcken. Es war klar, dass sie sich absichtlich unter die Menge mischten, um Kämpfe zu provozieren, damit es so aussah, als ob die Demonstranten gewalttätig wären. Es war alles nur Show!

Mitten in der ganzen Gewalt sah ich einen Basij mit einem elektrischen Schlagstock - es war furchteinflößend. Die armen Leute waren total verstreut. Wir riefen "nicht Amerika, nicht Russland, unsere Bewegung kommt vom Volk". Aber die Gewalt war so intensiv, dass die Menschen nicht zusammen bleiben konnten. Ich hatte sehr starke Schmerzen, es machte mich wahnsinnig. Meine mutige Freundin Atefeh sagte immer wieder zu mir "schluck es runter, wir sind hergekommen, um ihre Schläge auszuhalten!" Aber ich konnte es nicht länger aushalten und bat Atefeh, mit mir zu kommen, bevor wir von den Wilden verhaftet werden würden. Aber Atefeh hörte nicht auf mich und wollte dort bleiben. Ich ging allein und unter Schmerzen nach Hause.

Ich machte mir Sorgen um Niloofar, weil ich sie bei dem Angriff aus den Augen verloren hatte. Als ich nach Hause kam, bekam ich einen Anruf von Atefeh. Sie erzählte, dass sie zusammen mit ein paar anderen Leuten angegriffen wurde und sich im Parkhaus eines Wohnhauses in Sicherheit bringen konnte. Sie sagte, dass sie den Polizisten ein paar gute Schläge verpasst hatte! Zwei Stunden später bekam ich einen Anruf von Niloofar. Sie war sicher zu Hause angekommen, und sie erzählte, dass sie an der Teheran-Universität vorbeigekommen war, und drinnen seien alle in Grün gewesen und hätten Parolen gerufen, und die Polizisten hätten vor dem Tor gestanden, hätten aber nichts unternommen.

Zwischen 15 und 16 Uhr rief Atefeh noch einmal an. Sie war endlich zu Hause angekommen, aber das arme Mädchen war ziemlich schlimm geschlagen worden und musste sich in drei verschiedenen privaten Parkhäusern verstecken. Später erfurh ich, dass in ganz Teheran Demonstrationen stattgefunden hatten: Vali-Asr, Enghelab, Taleghan, Ferdosi, Vanak, Arjantin, Seid Khandan. Aber die meiste Gewalt gab es am Haft-e Tir, weil Karroubi dort war. Sogar Karroubi wurde mit Tränengas beschossen und musste die Demonstration bald wieder verlassen.

Das war mein Bericht. Leider konnte ich nicht so aktiv mitmachen. Die Wahrheit ist, dass ich nicht besonders mutig bin. Wenn die Gefahr bestünde, dass ich verhaftet werde, würde ich nicht weitermachen. Es macht mir nichts aus, geschlagen zu werden, aber verhaftet zu werden ist unerträglich.
Es gab nicht nur in Teheran einen Aufstand, auch in Tabriz, Isfahan und sogar in Shiraz!

Samstag, 7. November 2009

Kommandant befiehlt gewaltsames Vorgehen gegen Demonstranten

Veröffentlicht auf Rooz Online, 6. November 2009
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2009/november/06//commander-tells-his-force-to-violently-strike-at-people-1.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben

Rooz sprach mit Bahareh Hedayat, einem hochrangigen Mitglied der Studentischen Alumni-Organisation Daftar Tahkim Vahdat, deren Führungsmitglieder im Zuge der Unruhen nach der Präsidentschaftswahl im Iran am 12. Juni verhaftet worden waren. Thema des Gesprächs waren die jüngsten Verhaftungen und die Studentendemonstrationen am 4. November. "Ich habe selbst gehört, wie einer der Pasdaran-Gardenkommandanten seine Leute, die den Demonstranten mit ihren Schlagstöcken nur drohten, anwies, nicht nachsichtig zu sein und sie zu schlagen", sagte sie.

Frau Hedayat, eine bekannte studentische Aktivistin, sagte über die Demonstrationen vom Mittwoch: "Um 10 Uhr morgens demonstrierten etwa 5000 Menschen auf der Quds-Avenue der Teheraner Universität. Sie wurden von den blockierten Toren gestoppt, die sie daran hindern sollten, den Campus zu verlassen. Also gingen die Demonstranten zur Universität zurück und machten sich von dort aush auf den Weg zum Haupteingang. Sie blieben stundenlang in ungefähr 20 m Entfernung von der Universität und riefen Parolen. Alle trugen etwas in der grünen Farbe der Oppositionsbewegung. Einige starke Parolen wurden verändert. Am Rande standen etwa50 paramilitärische Basijis, die provokative Parolen riefen, wie z. B. 'Tod den Heuchlern'. Auch ein paar Mitglieder der Universitätspolizei waren auf dem Campus, dahinter standen die Spezialeinheiten der Pasdaran-Garden. Dann brachten sie Wasserwerfer, um die Studenten zu bedrohen und auseinanderzutreiben. Außerhalb der Universität hatten sie Busse aufgestellt, um die Studenten von der Öffentlichkeit abzuschirmen."

Weiter berichtete sie: "Die Studenten wollten eigentlich zur früheren US-Botschaft gehen und sich dort versammeln, aber die Regierungsagenten hatten eine Handvoll regierungstreuer Demonstranten in derselben Straße (Taleghani Avenue) aufgestellt und erlaubten der demonstrierenden Öffentlichkeit nicht, dorthin zu gehen. In Wirklichkeit wollten sie all ihre Anhänger an einer Stelle zusammenhalten und den Anschein erwecken, dass sich eine sehr große Menge zu der Demonstration zusammengefunden hatte. Aber in vielen Teilen Teherans, darunter Vali Asr-Platz, Argentinien-Platz, Vali Asr-Avenue, Motahari-Avenue und Haft-e Tir-Platz, bin ich selbst gewesen - dort war die Öffentlichkeit präsent. Natürlich ließen die Sicherheitskräfte nicht zu, dass die Menschen sich versammeln konnten, sobald es mehr als 50 wurden, griffen die Spezialeinheiten an, schlugen die Menschen brutal und trieben sie auseinander. Dann kanalisierten die Garden die Demonstranten in die Seitenstraßen hinein, und dort griffen sie sie an und schlugen sie überall. Sie benutzten viel Pfefferspray und Tränengas."

Auf die Frage, wie gewalttätig die Polizei war, sagte sie: "Sie hatten absolut keine Skrupel. Ich habe selbst gehört, wie einer der Befehlshaber der Pasdaran-Garden seine Leute, die die Demonstranten mit ihren Schlagstöcken nur drohten, anwies, nicht nachsichtig zu sein und sie zu schlagen. Er forderte seine Kräfte auf, Menschen zu schlagen, insbesondere diejenigen, die vom Rest der Menschenmenge getrennt waren. Sie haben sie sehr brutal geschlagen."

Die Parolen, die verwendet wurden, kommentierte sie wie folgt: "Die Parolen, die die Studenten gerufen haben, haben sich sehr von denen unterschieden, die außerhalb der Universität (des Universitätsgeländes) benutzt wurden. Eine der radikalsten Parolen außerhalb der Universität war "Khamenei, du bist ein Krimineller, und dein Regime ist nichtig." Innerhalb der Universität waren die Parolen noch stärker.

Zu den Verhaftungen während der letzten 48 Stunden saget Bahareh Hedayat: "Am Mittwoch nach Mitternacht ist Mohammad Hashemis Haus durchsucht worden. Die Bewohner des Hauses fragten nach Durchsuchungsbefehlen und Dokumenten, aber die Agenten hatten keine und brachen nach einer Stunde die Eingangstür auf und gingen hinein. Sie verbanden Hashemi die Hände und die Augen und begannen dann mit der Durchsuchung, ohne vorher eine Liste der Gegenstände im Haus anzufertigen, was absolut illegal ist. Sie verließen das Haus dann, ohne jemanden verhaftet zu haben. Aber heute kamen sie als Zivilpersonen wieder und verhafteten Mohammad Hashemi. Er blieb etwa sechs bis sieben Stunden in Haft und wurde dann freigelassen. Mittwoch nacht wollten sie außerdem Milad Assadi vom Zentralrat des Daftar Tahkim Vahdat verhaften, der nicht zu Hause war. Die beiden Zentralratsmitglieder Mohammad Sadeghi und Hassan Assadi sind vor drei Nächten verhaftet worden.”

Freitag, 6. November 2009

Übelkeit - Persian Umpire über seinen persönlichen 13. Aban

Veröffentlicht am 6. November
Autor: P. Umpire
Quelle (Englisch): http://www.persianumpire.com/2009/11/06/nausea/
Deutsche Übersetzung: Julia
Bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post und zum Original angeben


Wegen der nach Demonstrationen üblichen Staus im Internet ein verspäteter Post

Mittwoch, 13. Aban (4. November)

Ein merkwürdiges Gefühl hat heute von mir Besitz ergriffen. Nur einen Meter von mir entfernt wurde ein Mann Ende Fünfzig von mehreren Menschen geschlagen, und ich habe es genossen. Obwohl ich weder den Drang zum Mitmachen verspürte, noch Zeit hatte darüber nachzudenken, verursachte das Vergnügen, das ich beim Anblick des angsterfüllten Gesichts dieses Mannes verspürte, bei mir den Wunsch, seine Angreifer anzufeuern. Ich bin froh, dass ich es nicht getan habe. In der Schlägerei, als er sie anflehte aufzuhören und immer wieder schrie "warum schlagt ihr mich?", dachte ich nur: "du machst wohl Witze". Der Mann war ein Basij.

Ich habe nie zuvor erlebt, dass vor meinen Augen an einem einzigen Tag so viel Gewalt angewendet wurde. Wenn es einen Tag gibt, der mit dem 13. Aban vergleichbar ist, so ist es wohl der 30. Khordad (20. Juni), der Tag, nach dem Khamenei seinen Gangstern grünes Licht für gnadenloses Vorgehen gegen die Iraner gegeben hatte. Der 13. Aban war schlimmer, vielleicht, weil ich länger dabei blieb, oder vielleicht, weil es wirklich schlimmer war. Ich habe auch noch nie zuvor so viele Sicherheitskräfte an einem Ort gesehen. Ich war heute am Haft-e Tir-Platz, in der Karim Khan Avenue, auf dem Vali-Asr-Platz und Umgebung. Tausende von Grünen waren dort, zumeist ohne grüne Symbole, und sie wurden von tausenden Affen empfangen, die sich, wenn man sie mit dem Etikett Homo versehen würde, höchstens bis zum Erectus qualifizieren würden.

Die Affenmacht hatte nur eins im Sinn: Jede Menschenansammlung zu verhindern. Ihre Strategie: wahllose Gewalt. Gegen 10:30 Uhr kamen wir auf dem Weg zum Vali-Asr-Platz an der Metrostation Beheshti vorbei. Eine Gruppe von Spezialeinheiten der Revolutionsgarden, in Tarnanzügen und Schlagstöcke schwingend, stürmten plötzlich das Tor der Station, so dass die Leute, die gerade herauskamen, ängstlich wieder ins Innere flohen. Sieben oder acht Sicherheitsleute rannten hinein, die anderen verschlossen die Tore hinter ihnen und versperrten sie. Danach hörte man nur noch Schreie und dumpfe Schläge.

Wir haben bei den Demonstrationen etwas gelernt. Wenn die Affen angreifen, sollte man auf keinen Fall rennen, sondern auf dem Gehweg nah an den Schaufenstern bleiben und weiter gehen, oder einfach an einer Wand stehen bleiben. Normalerweise laufen sie dann an dir vorbei, hinter denen her, die rennen. Heute jedoch fuhren die Affen mit Motorrädern auf den Gehwegen, hielten ihre Schlagstöcke an die Wände und gaben Gas. Wenn sie keine Motorräder hatten, liefen sie einfach durch und schwangen ihre Knüppel, Stöcke oder Ketten. Es spielte keine Rolle, wen oder was sie damit trafen.

Ich werde hier nicht minutiös über den Tag berichten. Es war überwiegend eine pausenlose Abfolge heftiger Schläge, Blutergüsse und Blut, von der ich schnappschussartige Eindrücke behalten habe. Ich erinnere mich auch, einige Male Schüsse gehört zu haben. Auch mit Verhaftungen schien man wahllos zu sein. Wir sahen Basijis, die sich willkürlich junge Leute herausgriffen, sie auf die Knie zwangen, ihnen Handschellen und Augenbinden anlegten und sie dann fortbrachten.

Auf der Vali-Asr-Straße nördlich des Platzes beschimpfte ein Polizist laut einen alten Mann, weil er sich bei der Demonstration gezeigt hatte. Ein junger Mann ging zu dem Polizisten und gab ihm eine Blume, woraufhin der Polizist ihn schlug und auf den Gehweg warf. Der Junge rappelte sich auf und ging.

In den Schlägereien sahen wir auch Sicherheitskräfte und Basijis, die geschlagen oder von Steinen getroffen wurden. In der Karim-Khan-Straße nahe dem Vali-Asr-Platz jagte ein achtzehn- oder neunzehnjähriger Basij auf der Straße neben dem Gehweg einem Mann hinterher, wobei er einen Gummigurt schwang. Der Mann war kräftig, und der Basij war klein, pausbäckig, mit nur einem Anflug eines sprießenden Bartes. Zum ersten Mal konnte ich sehen, wie eine Technik angewandt wurde, über die ich schon gelesen hatte, die aber schwer umzusetzen ist. Mitten im Lauf stoppte der Mann unvermittelt auf der Stelle, drehte sich um, griff sich den verdutzten Basij und warf ihn gegen ein Auto. Der Basij brauchte ein paar Sekunden, um wieder aufzustehen. Als er sah, dass einige Leute sich auf ihn stürzen wollten, rannte er weg, aber sie erwischten ihn und begannen, ihn zu verprügeln. In diesem Augenblick tauchte ein Basij, etwa Mitte Fünfzig, mit kurzen weißen Haaren - der, den ich eingangs erwähnte - hinter einem Bus auf und lief in Richtung des Handgemenges, ebenfalls mit einem Gummigurt in der Hand, und versuchte, die Leute zu vertreiben und den anderen Basij zu befreien. Weitere Menschen tauchten auf und griffen ihn an. Er fiel einen Meter vor mir zu Boden und bekam Tritte und Faustschläge verpasst. In diesem Moment stieß eine Gruppe Basijis dazu, sie umringten die anderen beiden Affen und schleiften sie fort.

Später, am Haft-e Tir-Platz, sahen wir einen Basij - wieder einen älteren Mann - der seinen Kopf hielt und stark blutete. Ein anderer stützte ihn und half ihm über den Platz bis zu ihrem Lager.

Die Demonstration erreichte zu keinem Zeipunkt das Ausmaß und die Konzentration vom Quds-Tag. Es war gar nicht möglich. Alle flohen vor den Sicherheitskräften, gruppierten sich in den Seitenstraßen neu, oder erholten sich vom Tränengas und den Schlägen. Die größte Gruppe, die ich sah, marschierte auf der Karim-Khan-Straße und skandierte Parolen gegen die Regierung. Es waren höchstens 2oo oder 300 Leute. Von Zeit zu Zeit tauchten regierungstreue Demonstranten mit Lautsprechern und Parolen auf. Die größte dieser Gruppen bestand aus einigen hundert Leuten. Ich erinnere mich noch an eine ihrer neuen Parolen "Tod dem samtenen Dikator". Was auch immer das bedeutet.

Bevor ich gehe und zusammenbreche - ich bin nämlich völlig erschlagen, schmutzig und müde - möchte ich den 13. Aban mit Rafsanjanis Super-Duper-Plan verknüpfen. Seit seiner Entstehung und der vermeintlichen Entspannung zwischen Rafsanjani und Khamenei ist dieser Plan von vielen im Iran als trügerische Hoffnung und als Trick des Obersten Führers angesehen worden, mit dem er Zeit schinden und möglichst viel Ablenkung erreichen wollte. Der 13. Aban war ein weiteres gebrochenes Versprechen, eine weitere Kehrtwende, ein weiterer verlöschender Hoffnungsschimmer. Wir stehen einem Regime gegenüber, in dem es für Reformen in der Praxis keinen Ansprechpartner gibt. Weder die Führungsfiguren der grünen Bewegung, noch Rafsanjani, noch die Marjas (hohen Geistlichen, d. Übers.) haben es geschafft, dem Obersten Führer Zugeständnisse von irgendeiner Bedeutung abzuringen. Immer wieder höre ich: "Was werden sie jetzt sagen? Schon wieder dasselbe?" Der 13. Aban hat uns von den letzten Zweifeln befreit, dass es Khameneis Wille ist, die Opposition vollständig niederzuringen. Viele im Iran sehen in ihm einen Mann, der nicht verhandelt, und als den Täter, dem wir alles, was seit den Wahlen passiert ist, zu verdanken haben.

Die Luft in Teheran heute Nacht ist erfüllt von einem Summen. Es sind wütende Gespräche darüber, Gewalt mit Gewalt zu beantworten. Die Menschen verlieren die Geduld, und ich höre, wie man in die Sprache der Gegner verfällt. Ob das für uns ein gangbarer Weg ist oder nicht, wird die Zukunft zeigen, aber wir haben 1979 vor Augen. Wenn man uns die Hoffnung nimmt, wird es nicht lange dauern, bis Reformen einer gründlichen Instandsetzung weichen. Im Moment fragen sich viele, ob die Reformen in einer Sackgasse angekommen sind. Das Wort "Versöhnung" klingt mittlerweile seltsam. Vielleicht ist es lediglich eine Reaktion auf einen Tag voller Brutalität in den Straßen, oder eine existenzielle Phase, die nach sechs Monaten des sich-im-Kreis-Drehens unvermeidbar ist. Eines jedoch ist klar. Ganz am Anfang forderte die Bewegung die Rückgabe ihrer Stimmen. Heute treten sie für eine "Iranische Republik" den Führer mit Füßen. Vielleicht schafft er es, die Opposition zu vernichten, aber möge jemand seine Seele retten, wenn ihm das nicht gelingt.

Dienstag, 3. November 2009

Montazeri: Besetzung der US-Botschaft war ein Fehler

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 3. November 2009
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2009/11/photow01-on-the-occasion.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben



Anlässlich des Jahrestages der Besetzung der US-Botschaft in Teheran hat der gemäßigte Geistliche Ayatollah Hosseinali Montazeri das Ereignis, das er damals gebilligt hatte, neu überdacht. Er stellte fest: "Angesichts des negativen Effektes und der erhöhten Sensibilität", die das Ereignis in Amerika hervorgerufen habe, glaube er, dass es ein "Fehler" gewesen sei.

Der schiitische Geistliche fügte hinzu, es sei gleichbedeutend mit einer Kriegserklärung, die Botschaft eines Landes zu besetzen, das sich nicht "offiziell im Krieg" mit Iran befände. Er sagte weiter, selbst "manche der revolutionären und engagierten Jugendlichen, die damals beteiligt waren, heute denken, dass es ein Fehler war."

Ayatollah Montazeris veröffentlichte seine Statements als Antwort auf Fragen der Webseite Green Wave of Freedom. Er erklärte, "wenn es in unserem nationalen Interesse liegt, Beziehungen mit den USA wiederherzustellen, sollten wir nicht mit unbegründeten Parolen Misstrauen und Agitation provozieren."

Ayatollah Montazeris Meinung steht in totaler Opposition zu denen des obersten Führers, der am Sonntag unerbittlich die Beziehungen mit den USA verurteilt und die Politik der Regierung Obama kritisiert hatte. Er hatte sich vernichtend über Irans gegenwärtige Verhandlungen mit den Weltmächten geäußert und behauptet, das Ergebnis dieser Verhandlungen seien im Vorhinein von den USA festgelegt worden.

Ayatollah Montazeri hingegen erklärte, "Israel und seine amerikanische Lobby" seien die glühenden Gegner einer Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Iran und den USA und glaubten, ein Überleben der "gegenwärtigen Krise" sei in ihrem Interesse.

Er verurteilte weiterhin die engen Verbindungen Irans zu Russland: "Worin liegt der Unterschied zwischen Russland und den USA, warum sollten wir Russland gegenüber so viel Vertrauen haben, ihnen exorbitante Mengen unserer nationalen Schätze zu überlassen, aber mit den USA nicht einmal verhandeln und sprechen?"

Ayatollah Montazeri erklärte, die "Unterdrückung des Volkes und die durch die Präsidentschaftswahl herbeigeführte nationale Krise" in Iran habe selbst in internationalen Verhandlungen "die Haltung der Regierung geschwächt" und werde auf keinen Fall "dem Interesse des Landes oder der Menschen" dienen.

Er ermutigte die Behörden, eine "mutige und zweckdienliche" Entscheidung zu treffen und alle politischen Gefangenen freizulassen, alle verbotenen Medien wieder einzusetzen und alle Formen der Meinungskontrolle in Ämtern und Universitäten abzuschaffen.

Montag, 2. November 2009

Moussavi: Gefangene fordern ihre Wächter heraus

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 2. November 2009
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2009/11/photow01-opposition-leade.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben



Oppositionsführer Mir Hossein Moussavi hat anlässlich eines Besuchs bei der Familie von Feizollah Arabsorkhi, einem der nach der Wahl Inhaftierten, bemerkt, dass die politischen Gefangenen ihre Wächter "warhaft herausgefordert" hätten.

Feizollah Arabsorkhi ist eines der prominenten Mitglieder der reformorientierten Organisation der Mojaheddin der Islamischen Revolution und befindet sich seit über vier Monaten im Gefängnis.

Wie die Webseite Kalameh mitteilt, sagte Moussavi, er habe Informationen, dass die "Befrager in ihren täglichen Gesprächen und Dialogen mit den Kindern der Revolution herausgefordert" worden seien. Er fügte hinzu, es sei nur natürlich, dass diese Begegnungen bei den Befragern "Spuren hinterließen".


Moussavi unterstrich, dass es den politischen Aktivisten und Jugendlichen in den Protesten nach der Wahl nicht um "Sabotage oder Zerstörung" gegangen sei, dies müsse anerkannt werden.

Weiter sagte er: "Wenn die Medien frei wären und Menschen ihre Meinung sagen dürften, wären wir nicht in diesen Zustand geraten".

Nach den Protesten gegen die angebliche Fälschung der Präsidentschaftswahl und die konsequente Niederschlagung der Demonstrationen durch die Regierung wurden unzählige Internetseiten blockiert und mehrere Zeitungen verboten.

Moussavi zufolge könne die gegenwärtige Krise nur dadurch gelöst werden, dass "gegen die Beamten der Haftanstalt Kahrizak vorgegangen wird" und die Inhaftierten "öffentliche und faire Prozesse" erhalten.

Kahrizak ist die berüchtigte Haftanstalt, in der viele der nach den Wahlen Verhafteten angeblich gefoltert und missbraucht wurden.

Familien von politischen Gefangenen halten seit der vergangenen Woche Proteste ab. Heute versammelten sie sich vor dem Parlamentsgebäude in Baharestan und verlangten wiederholt die Freilassung ihrer Angehörigen.

Iranische Journalistin Hengameh Shahidi freigelassen

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 2. November 2009
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2009/11/iranian-journalist-hengam.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben


Hengameh Shahidi, eine der nach den Wahlen im Iran verhafteten Personen, ist am Sonntag gegen eine Kaution von 900 Millionne Rial freigelassen worden. ISNA zufolge wurde die Freilassung vom Islamischen Revolutionsgericht angeordnet.

Shahidi war seit dem 30. Juni inhaftiert und befand sich seit vergangener Woche aus Protest gegen die unklaren Anklagepunkte gegen sie im Hungerstreik.

Die Webseite Nowrouz berichtet, dass der Teheraner Staatsanwalt Abbas Jafari Dowlatabadi sie gebeten habe, den Hungerstreik zu beenden. Der Bericht fügt hinzu, dass sie während eines Termins in Abteilung 26 des Gerichts "das Bewusstsein verlor, weil sie durch den Hungerstreik geschwächt war. Sie wurde sofort in die Krankenhausabteilung des Evin-Gefängnisses gebracht."

Die Journalistin, die an einer Herzerkrankung leidet, befand sich während ihrer Haft Berichten zufolge unter "hohem physischem und mentalem Druck".

In den vergangenen Tagen wurden auch der Chefredakteur der Tageszeitung Etemad-e Melli, Mohammad Ghouchani, und der Chefberater von Mehdi Karroubi, Morteza Alviri freigelassen. Beide waren im Zuge der Ereignisse nach den Wahlen verhaftet worden.

Familien von politischen Gefangenen versuchen, mit Kundgebungen und Hungerstreikdrohungen die Regierung zur Freilassung ihrer Angehörigen zu bewegen.

Am heutigen Montag versammelten sie sich vor dem Parlamentsgebäude, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Viele prominente Mitglieder reformorientierter Parteien des Iran befinden sich noch immer in Haft.

Sonntag, 1. November 2009

Karroubi erneuert Wahlbetrugs-Vorwürfe

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 1. November 2009
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2009/11/karroubi-renews-his-alleg.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben.
















Mehdi Karroubi hat heute anlässlich einer Rede bei einem Treffen mit dem Zentralrat der Universitäts-Alumni daran festgehalten, dass bei der 10. Präsidentschaftswahl im Iran Stimmen "rationiert" wurden.

Karroubi sagte, Mahmoud Ahmadinejad seien 25 Millionen Stimmen zugeteilt worden, ihm selbst 330.000 Stimmen.

Diese Zahlen waren als die von den beiden Kandidaten erhaltenen Stimmen vom Wächterrat bestätigt worden. Ayatollah Khamenei, der oberste Führer von Iran, hatte am Tag nach der Wahl Ahmadinejads Sieg mit 24 Millionen Stimmen bestätigt und die Wahl für gültig erklärt.

Mahmoud Ahmadinejads Gegner, Mehdi Karroubi, Mir Hossein Moussavi und Mohsen Rezai stellten das Ergebnis in Frage. Während der konservative Kandidat Rezai seine Beschwerde später zurückzog, setzen Karroubi und Moussavi ihre Proteste gegen den vermuteten Wahlbetrug fort und bestreiten die Legitimität der gegenwärtigen Regierung.

Mehdi Karroubi sagte der Aktivistengruppe gegenüber, die gegenwärtige Situation des Landes sei "hochsensibel", der Aufstieg der zehnten Regierung sei nicht das Ergebnis von lediglich "einer oder zwei Nächten der Planung".

Er erklärte: "Die Islamische Republik hat ihre Gleise verlassen, und wir wollen sie wieder auf die Gleise zurückbringen. Die Islamische Republik hängt nicht von einer einzelnen Person ab, anderenfalls würde sie mit dem Weggang dieser Person verschwinden. Wären alle Prinzipien der Verfassung eingehalten worden, wäre das Land jetzt nicht mit solchen Problemen konfrontiert."

Karroubi war von konservativen Lagern des Establishments scharf angegriffen worden, weil er Berichte über "Folter und Misshandlung" an nach den Wahlen verhafteten Gefangenen verfolgt hatte. Er hatte angekündigt, in seinen Forderungen nach Gerechtigkeit nicht nachzulassen.

Samstag, 31. Oktober 2009

Mir Hossein Mousavis Statement Nr. 14

Englische Übersetzung von pedestrian auf http://www.sidewalklyrics.com/?p=2052
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben.

Im Namen Gottes, des Barmherzigen und Gnädigen.

In unserer neueren Geschichte erinnert der 13. Aban (7. November [sic]) an drei Ereignisse. Das erste Ereignis ist die Verbannung von Imam Khomeini ins Exil und die beginnende 13jährige Rezession der Bewegung .
Nachdem es gelungen war, die Bewegung durch die Verbannung des Imams zum Schweigen zu bringen, wunderte sich das Schah-Regime darüber, warum das nicht schon früher getan wurde. Es gab einen Aufstand und einen Imam, und als der Imam weg war, blieb nichts von dem Geist (der Bewegung) übrig. War der Imam wirklich allein in dieser von ihm begonnenen Bewegung? Niemals. Es ist nie so, dass eine Person (allein) eine Gesellschaft verändern kann. Er hatte viele Anhänger, aber diese Anhänger waren nicht so wie die Freunde, die ihn Jahre später umgaben, als er sagte: "Unser Führer ist dieses 13jährige Kind..."
(Anm. d. Übers.: Dies bezieht sich auf die Geschichte des 13jährigen Hossein Fahmideh aus Qom, der sich während des Iran-Irak-Krieges in der südiranischen Stadt Khoram Shahr im Jahre 1980 mit einer Handgranate unter irakische Panzer warf, um die irakischen Truppen zu stoppen. Ayatollah Khomeini erklärte Hossein Fahmideh später zum Nationalhelden. Es ist nicht erwiesen, dass sich diese Geschichte tatsächlich so zugetragen hat.
Wikipedia (englisch): http://en.wikipedia.org/wiki/Mohammed_Hossein_Fahmideh)


Das zweite Ereignis am 13. Aban ist der Tag der 13jährigen Führer.
Studenten hatten sich an der Universität Teheran versammelt, um zu protestieren, und starben eines gewaltsamen Todes. Diese blutige Reaktion war auf die Erfahrungen des Regimes in den 40er Jahren (1960er Jahren nach europäischem Kalender) zurückzuführen. Sie [das Regime] dachten, wenn sie ebenso entschlossen handeln würden wie damals, würden sie noch einmal dieselben unglaublichen Ergebnisse erzielen. Doch die Basis der Gesellschaft hatte sich verändert. Das Establishment der Monarchie sah sich nicht länger einem Imam gegenüber. Dieses Mal scharten sich Menschen um den Imam, die ihn vielleicht nicht so gut kannten, wie ihre Väter ihn gekannt hatten, die vielleicht seine Reden nicht gehört hatten, die aber ebenso viel Geist und Kraft in ihren Herzen trugen wie der Imam selbst. Anders als ihre Väter brauchten sie nicht erst unterdrückt zu werden oder so viel Böses zu sehen, um sich der Bewegung anzuschließen.

Viel ist über den dritten 13. Aban gesagt worden. Es ist unwahrscheinlich, dass es noch etwas gibt, was darüber nicht gesagt wurde.
Dies schließt auch die Tatsache ein, dass der Imam damals den muslimischen Studenten folgte. Oberflächlich gesehen bezeichneten sich die Studenten als Anhänger (Nachfolger) des Imams, doch in Wirklichkeit war es der Imam, der dem folgte, was sie taten. Keiner der Führungspersonen und Befehlshaber der Revolution spielte eine Rolle bei dem, was an jenem Tag geschehen sollte.
Sogar die Studenten selbst dachten, dass alles innerhalb weniger Tage vorbei sein und sie nach Hause zurückkehren würden. Aber der Imam folgte den Ereignissen und bezeichnete sie als eine Revolution, die noch größer war als die erste. Nur ein Imam, der die Bitternis eines dreizehnjährigen Exils geschmeckt hat, weiß, dass eine Gesellschaft, die unter strikten und strengen Regeln lebt, keinen Geist und keine gesunde Existenz hat. Er zog es vor, die Menschen führen zu lassen, denn er wusste, dass ein historischer Meilenstein auf dem Weg zum Wohlergehen einer Nation nicht genug ist. Die Nation muss genug Wissen und Einsicht haben, um jeden Tag und jederzeit das Falsche vom Richtigen unterscheiden und den richtigen Weg wählen zu können. Heute ist unser Volk unser Führer, und das ist der große Wunsch, den der Imam für sie hatte. Er lud uns zu den Dingen ein, die Leben versprechen.

Und nun nähert sich der 13. Aban, der grünste Tag des Jahres. Ist es heute vorstellbar, dass die Flamme der Volksbewegung ausgelöscht wird, wenn ein Landsmann zum Schweigen gebracht wird? Wenn so etwas geschieht, verlieren wir die Früchte von 45 Jahren unserer Geschichte und unseres Kampfes. Und wenn es nicht geschieht, wird es ein Zeichen für die Wurzeln unseres revolutionären Geistes sein. Was uns grün gemacht hat ist, dass wir uns auf diese Wurzeln verlassen haben, Wurzeln, die wir, wenn wir sie vernachlässigen, zu dem machen würden, was sich unsere Gegner wünschen. Darum ist es absolut notwendig, dass wir solche extremen Anstrengungen achtsam angehen.

Unsere Bewegung wird nicht davon profitieren, dass wir den Islam den Anhängern des Aberglaubens überlassen und die Revolution den inkompetenten und vom rechten Weg abgekommenen, die die Früchte des 100jährigen Kampfes vernachlässigen und dieses Erbe durch falsch ausgelegte und verzerrte Bilder ersetzen und uns von diesem Erbe entfremden.
Wenn gewisse ausländische Regierungen auf solchen Tendenzen beharren, dann vielleicht deshalb, weil sie persönliche Interessen daran haben. Wenn es sein muss, werden sie am Verhandlungstisch der jetzigen iranischen Bewegung den Rücken zudrehen, sie werden zufrieden sein mit dem bisschen Freiheit und den kleinen politischen Fortschritten, die es in ihren Nachbarländern gibt. Und wir können ihnen das nicht vorwerfen. Wir sind es, die Vorhaltungen verdienen, wenn wir die Interessen unseres eigenen Landes nicht weise vertreten.

Dieser Tage wollen alle Menschen den Sieg. Wann werden wir ihn erringen? Wie werden wir schneller zum Sieg gelangen? Und was werden wir ihm hinzufügen, um ihn zu perfektionieren? Unsere gesamte Existenz ist Gebet und Befragung, und wir sind erfüllt von den Worten des Herrn, der sagte, dass er uns etwas von dem geben wird, was wir wünschen [aus dem Koran: Und er gewährte etwas von dem, was du erbeten hast]. Die bloße Tatsache, dass in der Gesellschaft eine Forderung entstanden ist bedeutet, dass niemand sich dieser Forderung in den Weg stellen kann, und Regierungen können höchstens Faktoren wie Zeit, Ausmaß und Form der Realisierung beeinflussen.

Können auch wir diese Faktoren beeinflussen? Ja. [aus dem Koran] Der Mensch wird nur in dem Maße belohnt, wie er seine Intelligenz und seine Einsicht genutzt hat. In den letzten Monaten sind unsere Menschen mit dem Lohn ihrer eigenen Weisheit gesegnet worden.

Unser grüner Pfad ist ein Pfad der Rationalität. Er zeigt, dass wir ausdauernd für unsere Forderungen einstehen. Wären wir Extremisten, wäre mit Sicherheit nichts mehr von uns übrig. Extremer Enthusiasmus führt am Ende zu gar keinem Enthusiasmus.
Ein Beispiel dafür ist die Außenpolitik dieser Regierung. Zur selben Zeit, als sie damit beschäftigt war, unsere internationalen Beziehungen mit Propaganda zu tränken und sich weigerte, gemäßigt und intelligent aufzutreten, war es schon offensichtlich, dass sie bald die Interessen unseres Volkes für nichts verkaufen würde. Vor sechzehn Jahren hielten weder die Medien noch die Politiker die Entwicklung von nuklearem Brennstoff für besonders wichtig. Heute scheint es so, dass ein großer Teil des iranischen Atomprogramms, das zu so viel Chaos und Sanktionen für unser Volk geführt hat, in die Hände eines anderen Landes gegeben werden muss in der Hoffnung, dass sie freundlich genug sind, uns später etwas Brennstoff zu zurückzugeben. Ist das ein Sieg? Es ist eine offenkundige Täuschung, wenn dies als "der größte Sieg" bezeichnet wird [hier bezieht er sich auf Ahmadinejads Rede].

Die Politiker haben weder die Probleme der Welt gelöst [was Ahmadinejad angekündigt hatte] noch die Rechte ihres eigenen Volkes gestärkt - sie waren sogar willens, diese Rechte völlig zu umgehen. Sie haben gezeigt, dass sie auch im Nachgeben Extremisten sind.
Selbst wenn es mit Hilfe von Freunden gelingen kann, den Verlust der Errungenschaften des iranischen Atomprogramms zu verhindern, war das noch nicht der letzte Extremismus, und ihre Handlungen werden den Weg für noch mehr Sanktionen und noch mehr Isolation Irans ebnen.

Was wir daraus lernen können ist, dass wir selbst Extremismus vermeiden müssen. Früher oder später - und mit Gottes Hilfe wird es früher sein - werden diejenigen, die sich gegen das Volk stellen, gehen. Wird an diesem Tag nur noch ein ruiniertes Land zurückbleiben?
Worüber wir uns heute Sorgen machen müssen, sind die Interessen unseres Landes, und niemand außer den rechtmäßigen Eigentümern dieses Landes wird sich damit beschäftigen. Wir müssen heute damit beginnen, das Morgen aufzubauen.
Wir müssen so vorbereitet sein, dass wir nicht davon überrumpelt werden, wenn das Morgen sich plötzlich zeigt. Jeder von uns muss die große Verantwortung fühlen, die auf unseren Schultern liegt.

Unsere ständige Forderung nach Anwendung der Verfassung ist ein Schlüssel für den Aufbau der Zukunft. Mit diesem Ansatz werden wir ein Licht haben, das uns im Dunkeln führt, und wir werden die Anstrengungen der vergangenen Generationen nicht mit Füßen treten.
Was auch immer in unseren Herzen und Wünschen bleibt [das nicht Teil der Verfassung ist] werden wir in unserem Leben anstreben, denn formale Strukturen reflektieren großenteils nicht die höheren Realitäten, die es in der Gesellschaft gibt. Die höhere Realität ist das, was sich in unserem Leben abspielt. Die oberflächlichen Strukturen können die Kinder dieser Revolution verhaften und wie Kriminelle ins Gefängnis sperren und sie in demütigendem Aufzug präsentieren, doch die Menschen können diese Bilder anschauen und Stolz verspüren, und sie können eben diese Bilder zu Helden machen.
Wer ist der Sieger dieser Konfrontation? Die oberflächliche Struktur kann diese Menschen in Schauprozessen verurteilen, und das Volk wird der letzte Richter dieser Prozesse sein. Wer von ihnen ist die wahre Regierung der Gesellschaft?
Die oberflächliche Struktur kann diese Familien degradieren und versuchen, sie mit ihren Misshandlungen zu beschämen, aber während diese Familien leiden, werden die Menschen immer wissen, dass sie mutig und ehrbar sind.
Welche dieser beiden Sichtweisen wird die Herzen der Familien gewinnen? Man bedenke, bisher haben wir nur über die Macht gesprochen, die in den Augen des Volkes existiert, und nicht über die Macht, mit der sie noch andere Dinge tun können. Die oberflächlichen Strukturen können diese Familien in Isolation zwingen, doch das Volk wird sie umarmen. Wer von diesen beiden wird wahrhaftig triumphieren?
Die oberflächlichen Strukturen können die Studenten aus den Wohnheimen verweisen, weil sie das Verbrechen begangen haben, ihre Meinung zu äußern. Sie können sie ihrer Lebensgrundlage berauben, aber soziale Netzwerke können sie mit ihrer Unterstützung stärken.
Welche dieser Gruppen ist mächtiger?
Doch es ist der falsche Weg, diese Frage zu stellen, denn eigentlich gibt es keine Konfrontation zwischen diesen beiden Einheiten. Die eine ist, die andere ist nicht. Es ist unser Leben, dass jeder Sache in der äußeren Ordnung der Gesellschaft Bedeutung verleiht. Wir haben in den letzten Monaten die Gesellschaft verändert, nicht indem wir ihre äußere Ordnung zerstört haben, sondern indem wir iher Bedeutung verändert haben. Wir brauchen keine Ordnung zu zerstören, wenn es doch wir sind, die wir ihre Richtung unter allen Umständen vorgeben.

Dies wird auch weiterhin unser Weg sein. Wenn so viele Bestandteile unserer Verfassung unbeachtet bleiben, dann bedeutet das, dass es keinen Unterschied zwischen guten und schlechten Gesetzen gibt. Selbst wenn die politische Struktur unseres Landes in bester Ordnung wäre, was ist das Wert, wenn unser Leben ihr keine Glaubwürdigkeit verleiht, keine Bedeutung? Wenn unser Leben sie weder billigt, noch nach ihr verlangt? Ebenso,wenn diese Struktur rückständig oder falsch wäre, könnten wir nur dann versuchen, sie zu korrigieren, wenn wir zuerst ihre Bedeutung korrigieren, und dies tun wir mit dem Weg, den wir in unserem Leben verfolgen.
Es gibt so viele Nationen, die sich nicht für die Ausübung dieser Macht entscheiden, sondern die Macht in den Händen der Mächtigen belassen. Sie werden ihre Gesellschaft nicht anführen. Aber wir werden es tun.

Der 13. Aban ist das Gelöbnis, das uns daran erinnert, dass die Menschen die Führer sind. Ich sende dem iranischen Volk meine besten Wünsche für diesen Tag, und ich bitte den Herrn um Freiheit, Geduld und darum, dass die Urheber dieses Tages, von denen einige im Gefängnis sind und andere als Geiseln der Grünen Bewegung gehalten werden, die Belohnung erhalten, die sie verdienen.

Mir Hossein Mousavi
31. Oktober 2009

Khatami: Abweichungen vom System müssen berichtigt werden

Veröffentlicht auf Radio Zamaaneh am 31. Oktober 2009
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2009/10/khatami-deviations-of-the.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben



Der frühere iranische Präsident Mohammad Khatami hat während einer Rede vor Islamischen Gesellschaft der Universität Teheran von "Abweichungen" im System der Islamischen Republik gesprochen, die auf "der Basis religiöser und revolutionärer Prinzipien" berichtigt werden müssten.

Khatami beklagte, dass diese "Abweichungen" von vielen als "wesentliche Bestandteile des Regimes" angesehen würden.

Der Reformführer sagte weiter, die Reformer unterstützten eine Bewegung innerhalb des Rahmens "des Islam und der Revolution" und übernähmen die Rolle als "Kritiker des Establishments".

Mohammad Khatami ist eine der reformorientierten Führungspersonen, die Mahmoud Ahmadinejads Sieg bei den Präsidentschaftswahlen im Juni in Frage stellen und sich gegen das harte Vorgehen der Regierung gegen die Proteste gegen die Wahlen in den vergangenen 4 Monate aussprechen.

Khatami verurteilte die nächtlichen Durchsuchungen von Privatwohnungen. In den vergangenen Monaten hatten Sicherheitskräfte mehrere nächtliche Razzien in Wohnungen von sozialen und politischen Aktivisten durchgeführt und Menschen ohne ausdrückliche Anklage verhaftet. Einige dieser Verhafteten befinden sich noch im Gefängnis, die Behörden haben keine Einzelheiten über die gegen sie vorliegenden Anklagen und die Dauer ihrer Haft bekannt gegeben.

Weiterhin sprach sich Mohammad Khatami gegen die Anwendung von Gewalt gegen Demonstranten gegen die Wahl aus und unterstrich, er sei gegen jede Form von Gewalt.

Fünfzig Gerichtsurteile gegen iranische Gefangene ergangen

Veröffentlicht auf Radio Zamaaneh am 31. Oktober 2009
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2009/10/sentences-issued-for-50-i.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben.



Der Stabschef des iranischen Justizwesens ("Chief Deputy of Iran judiciary") Ebrahim Raisi (Foto) hat heute verkündet, dass in 50 Fällen Gerichtsurteile gegen Inhaftierte im Zusammenhang mit den Ereignissen nach der Wahl erganen sind.

Mahmoud Ahmadinejads Sieg bei den 10. Präsidentschaftswahlen im Juni wurde von zweien der anderen Präsidentschaftsdandidaten und ihren Anhängern angefochten.

In den Wochen nach der Wahl forderten Menschen in Massendemonstrationen eine Neuauszählung der Stimmen. Die Regierung ging gewalttätig gegen die Demonstranten vor und verhafteten 4000 Menschen, von denen die meisten nach Angaben der Justiz wieder freigelassen wurden.

Raisi sagte der Nachrichtenagentur Mehr zufolge, dass die Urteile sich im Anfangsstadium befänden und weitere Schritte durchlaufen müssten. Weiterhin sagte er, dass die Justiz Berufungsanträge für früher erlassene Urteile erhalten habe. Er drängte das Gericht und die Berufungsgerichte zu einer beschleunigten Bearbeitung der jüngsten Fälle.

Raisi zufolge hat Ayatollah Khamenei die Anzweiflung der Wahlen als "großes Verbrechen" bezeichnet, und daher hätten "diejenigen, die einen Wahlbetrug unterstellt und Zweifel in der Öffentlichkeit verursacht hätten, fraglos ein schweres Verbrechen begangen und müssten für dieses Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden."

Die Oppositionsführer Mir Hossein Moussavi und Mehdi Karroubi haben das Ergebnis der Wahlen angezweifelt und der daraus hervorgegangenen Regierung Ahmadinejad jegliche Legitimität abgesprochen.

Während der vergangenen Monate sind viele prominente Reformer verhaftet und vor Gericht gestellt worden. Sie werden beschuldigt, die auf die Wahlen folgenden Straßenproteste organisiert und geleitet zu haben.

Viele prominente schiitische Geistliche, politische Parteien und Menschenrechtsgruppen haben sowohl Form als auch Inhalt dieser Prozesse verurteilt.

Zwei Gefangene sterben in Evin nach ausbleibender medizinischer Behandlung

Übersetzt ins Englische von persian2english
veröffentlicht am 29. Oktober 2009

Quelle (Englisch): http://wp.me/pDjBz-dM
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben

Mehrere politische Gefangene in Evin benötigen besondere medizinische Behandlung. Gefängnisbeamte ignorieren dies, was die Betroffenen in große Gefahr bringt. Berichten zufolge sind in den letzten Tagen zwei Gefangene in Evin gestorben.

HRA- Die HRA-Abteilung für Gefangenenrechte berichtet, dass die beiden politischen Gefangenen Hamed Rouhinejad und Jafar Ebrahimi dringend spezielle medizinische Behandlung benötigen. Der zum Tode verurteilte Rouhinejad leidet an Multipler Sklerose. Er droht auf dem rechten Auge zu erblinden, und seine rechte Körperhälfte ist nahezu gelähmt. Ebrahimi, ein Lehrer-Aktivist, leidet an Verletzungen des 3. und 4. Halswirbels und hat mehrfach Panikattacken erlitten.

Abbas Khorsandi, ein weiterer Gefangener aus Abteilung 7 des Evin-Gefängnisses, ist ins Taleghani-Krankenhaus eingeliefert worden, wo sich sein Zustand seither verschlechtert hat. Zuvor hatten die Gefängnisbeamten sich geweigert, seinen medizinisch begründeten Hafturlaub zu verlängern, weshalb er gezwungen war, vor Beendigung seiner Behandlung ins Gefängnis zurückzukehren.

Es gibt zudem Berichte darüber, dass zwei Gefangene letzte Woche in Zelle 4 der Abteilung 7 wegen mangelnder medizinischer Behandlung gestorben sind. Der erste Todesfall ereignete sich, nachdem ein 60jähriger Gefangener eine Herzattacke erlitt. Er hatte schon zuvor einen leichteren Anfall gehabt, was aber von den Gefängnisbeamten ignoriert wurde.

Bei dem zweiten Opfer handelt es sich um einen 30jährigen Gefangenen, der an inneren Blutungen starb. In der Nacht vor seinem Tod hatte er um medizinische Hilfe gebeten. Seine Bitte wurde vom Klinikpersonal ignoriert, sie verwiesen ihn der Klinik und nannten ihn einen Süchtigen. Er verstarb vor wenigen Stunden in Zelle 4 von Hosseinieh (?) an den Folgen innerer Blutungen und mangelnder ärztlicher Behandlung.

Freitag, 30. Oktober 2009

Meinung: Grüne Bewegung, Kopftuch und Ende der Todesstrafe

Veröffentlicht auf Rooz Online am 30. Oktober 2009
http://www.roozonline.com/english/opinion/opinion-article/article/2009/october/30//green-movement-hijab-and-ending-the-death-penalty.html
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Von Asal Akhavan

In den Monaten seit dem Staatsstreich vom 12. Juni wurde Iran von einer Massenbewegung verschlungen, und auch wenn diese echte Volksbewegung als Grüne Bewegung bekannt geworden ist, so ist sie in Wirklichkeit ein Kaleidoskop verschiedener Farben, die all die politischen und sozialen Bewegungen darstellen, die sich wahrscheinlich unter normalen, stabilen politischen Bedingungen bekämpfen würden, anstatt Seite an Seite zu stehen.

Das Ziel dieser Bewegung ist den Führungspersönlichkeiten und Sprechern innerhalb und außerhalb Irans zufolge die Etablierung demokratischer Rechte des Volkes, wie Meinungsfreiheit, Redefreiheit, Parteienfreiheit, Vereins- und Verbandsfreiheit, Freiheit der Wahlen, Pressefreiheit und Koalitionsfreiheit.

Es ist klar, dass diese demokratischen Rechte minimale Erfordernisse für ein ziviles Leben aller politischen und sozialen Gruppen sind. Aus diesem Grund können diese Minimalrechte [nur] eine Basis für eine effektive politische Koalition bilden, die möglicherweise nur vorübergehend besteht.

Die jüngste der iranischen Volksbewegungen unterscheidet sich von der Revolution von 1979; sie trägt die bitteren Erfahrungen dieser Revolution aus drei Jahrzehnten in sich. Während der letzten 30 Jahre wurde das Wort Todesstrafe zu einem der verbreitetsten Begriffe der politischen Literatur des Landes, und die Islamische Republik hat einen neuen Rekord bei Hinrichtungen aus politischen Gründen aufgestellt, nicht nur in der Geschichte Irans, sondern im gesamten Mittleren Osten. "Muss hingerichtet werden" war einer der häufigsten Sätze der Revolution von 1979, und er schloss nach und nach auch immer mehr seiner Befürworter ein.

Dies ist etwas, dessen sich die Grüne Bewegung bewusst ist und das sie erlebt hat. Wie jedoch schafft es eine Bewegung, die sich bildete, um Zukunft zu schaffen, Distanz zu halten zu ihrer bitteren Vergangenheit und den Beschädigungen, die sie durch sie erlitten hat?

Es besteht kein Zweifel daran, dass diese Bewegung erfolgreich sein wird. Momentan konzentrieren wir uns darauf, zu gewinnen, doch wir müssen uns dabei auch über mögliche künftige Differenzen und Leid im Klaren sein. Die Tatsache, dass "Muss exekutiert werden" aus den Parolen der Menschen gestrichen wurde, ist ein hoffnungsvolles Zeichen. Doch wir brauchen größere Garantien für die Zukunft, die vor uns liegt.

So ist zum Beispiel noch unklar, wie die vielen Einzelpersonen und Gruppen der Bewegung zu zwei wichtigen Fragen stehen: Zur Todesstrafe und zum Kopftuchzwang.

Man kann den Kampf gegen die Regierung Ahmadinejad nicht als Entschuldigung dafür benutzen, diese beiden - und andere - wichtigen, fundamentale Menschenrechte betreffende Fragen zu ignorieren. Es scheint, als betrachteten intellektuelle und politische Gruppen diese Fragen in einer Weise, anhand derer man ihre praktische Verpflichtung den Menschenrechten gegenüber ablesen kann.

Die Gruppen innerhalb der Grünen Bewegung reichen von Linken über neureligiöse und liberale Denker bis hin zu national-religiösen Gruppen und Marxisten. Sie müssen die Fragen nach ihren Ansichten über eine Abschaffung der Todesstrafe klar beantworten. Sie müssen sich in der Frage des Kopftuchzwangs positionieren, insbesondere in der Frage, ob die Regierung berechtigt ist, Frauen vorzuschreiben, wie sie sich zu kleiden haben.

Diese Gruppen, die die Bewegung dominieren, haben die höhere Pflicht, ihre Positionen offenzulegen. Insbesondere die Herren Moussavi und Karroubi und ihre Sprecher im In- und Ausland, die bestimmte Ansichten dazu haben, müssen diese verbindlich darlegen, damit wir angesichts der Erfahrungen und Ereignisse der Vergangenheit ein wenig ruhiger und vertrauensvoller werden können.

Nicht nur Teheran - ganz Iran wird grün

Veröffentlicht auf Radio Free Liberty / Radio Free Europe - "Persian Letters"
29. Oktober 2009
Quelle (Englisch): http://www.rferl.org/archive/Persian_Letters/latest/2098/2098.html
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Blogger Alefba (Alphabet) sagt, die Opposition gegen Mahmoud Ahmadinejad, insbesondere die Studenten, müssten die Gelegenheit der offiziellen Demonstration am 4. November für Proteste gegen den iranischen Präsidenten nutzen. Der Tag markiert den Jahrestag der Besetzung der US-Botschaft nach der Revolution von 1979:

Nicht nur Teheran - ganz Iran soll am 13. Aban (4. November) grün werden. Wir haben eine Gelegenheit, ähnlich wie die am Quds-Tag (Jerusalem-Tag). Ich kann mich noch erinnern, wie schwierig sich der Quds-Tag für die Regierung und ihre Mitarbeiter gestaltete.

Ich weiß, dass Ayatollah Khamenei und Mahmoud Ahmadinejad mitsamt ihren Anhängern eine unruhige Nacht hatten. Und genau so schwierig werden die nächsten Nächte bis zum 13. Aban für sie sein - sogar noch schwieriger, denn die Studentenorganisationen haben ganz offen beschlossen, in den Universitäten gegen die Ungerechtigkeit der Regierung zu protestieren.

In diesem Jahr werden die Studenten am 13. Aban die Farbe Grün in die Universitäten des Landes tragen und die Finsternis der Vergangenheit vertreiben. Sie werden unter Beweis stellen, dass die Studenten das wertvollste Gut des Landes sind. Dieser Teil der Gesellschaft wird seine Stärke zeigen, auf dass kein Diktator es wagt, sich ihnen entgegen zu stellen.

Große Tage kommen auf uns zu... mehrere wie der Quds-Tag und der 13. Aban, wenn es auch nicht viele sind... diese Tage müssen bestmöglich genutzt werden... die studentischen Kampagnen in den jeweiligen Universiäten müssen jetzt, wo der große Tag naht, ihren Höhepunkt erreichen. Wir müssen die Zeit nutzen und mehr und mehr Menschen zu diesen massiven Protesten einladen.

Dies ist keine normale Demonstration. Sie könnte unser Schicksal bestimmen. Darum sollten alle Universitäten des Landes sich beteiligen. Alle Universitäten überall im Land müssen an diesem Tag grün werden. Es ist Zeit für alle iranischen Städte, die Farbe Grün zu zeigen; Grün in den Großstädten ist mehr als genug [evtl. ist gemeint " nicht länger ausreichend", d. Übers.]. Die Zeit ist reif, um die Parole "Tod dem Diktator" überall in Iran zu hören.

Wir, die Studenten aus der Provinz, werden unsere Mitstudenten in Teheran nicht im Stich lassen. Auch wir werden grün zeigen und Parolen für die Freiheit rufen. Auch wir werden Verantwortung für dieses Ereignis übernehmen. Wir alle, alle iranischen Studenten, wo auch immer wir sind, werden Iran, die Gefangene der Putschregierung, grün machen.

Wir werden dazu beitragen, unser Land von der Diktatur zu befreien - durch Intellekt und Hoffnung. Wir werden Iran neu aufbauen, wir werden einen grünen Kalender schaffen. Lang lebe das iranische Volk!

Donnerstag, 29. Oktober 2009

Mutiger Student bietet dem "Obersten Führer" die Stirn

Veröffentlicht auf Mowjcamp am 29. Oktober 2009
Quelle (Englisch): http://english.mowjcamp.com/article/id/53586
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Ein mutiger iranischer Student hat am Mittwoch den Obersten Führer der Islamischen Republik Ayatollah Ali Khamenei während eines formalen Jahrestreffens mit Intellektuellen und Akadmikern offen kritisiert.

Dieses Treffen wird normalerweise von Studenten aus ganz Iran zum Anlass genommen, um den Führer zu preisen und ihm ihrer Gefolgschaft zu versichern. Ein Mathematikstudent der Sharif-Universität für Technologie und Gewinner der internationalen Mathematik-Olympiade erhob sich mutig aus den Reihen der Zuhörer und bat darum, das Wort an den Führer richten zu dürfen.

Er sprach ihn direkt an und kritisierte 20 Minuten lang ihn und die Islamische Republik. Er wurde dabei immer wieder von Applaus und zustimmenden Rufen der Anwesenden unterbrochen. Das staatliche iranische Fernsehen, das das Treffen live übertrug, war gezwungen, die Übertragung vorübergehend zu unterbrechen.

Der mutige Student fühlte Khamenei zu mehreren Punkten auf den Zahn, darunter auch zur einseitigen Sichtweise des Fernsehens während und nach den Wahlen. Das staatliche Fernsehen steht unter Khameneis Aufsicht. Der Student sprach außerdem das Thema Meinungsfreiheit sowie die Verbote von Zeitungen und die das Land beherrschende Atmosphäre der Angst an und beschwor die Notwendigkeit offener Kritik am Führer selbst.

“Seit vier oder fünf Jahren verfolge ich die Berichterstattung der Zeitungen und Magazine mit mehr Aufmerksamkeit, und ich kann mich nicht erinnern, irgendetwas kritisches über den Führer gelesen zu haben."

Der Student äußerte sich zudem abwertend über das, was er als Kampagne zur Idolisierung der Führers bezeichnete, und stellte den "Kreislauf der Macht" in der Islamischen Republik und die Struktur des Wächter- und der Elitenrates in Frage, von denen viele glauben, dass sie die Stimmen und Meinungen der Menschen in ihrem Sinne beeinflusst haben.

Die Äußerungen dieses Studenten waren der eigentliche Grund, warum Ayatollah Khamenei das Thema der Wahlen und der darauffolgenden Entwicklungen am Freitag ansprach.

Unbestätigten Berichten zufolge sah sich der mutige Student der Sharif-Universität nach dem Ende des Meetings mit Sicherheitskräften konfrontiert.

Mittwoch, 28. Oktober 2009

Familien politischer Gefangener protestieren in Teheran

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh, 28. Oktober 2009
Quelle (Englisch) http://www.zamaaneh.com/enzam/2009/10/families-of-political-pri.html
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Familienangehörige von Inhaftierten, die nach der Präsidentschaftswahl im Iran verhaftet wurden, haben gemeinsam mit einer Gruppe von Aktivisten vor dem Gerichtsgebäude in Teheran protestiert. Auf Plakaten forderten sie die Freilassung ihrer Angehörigen.

Berichten aus Teheran zufolge wurde die Gruppe von Sicherheitskräften und Zivilpolizisten abgeschirmt, so dass Passanten sich ihnen nicht anschließen konnten.

Vor zwei Tagen hatten die Familien politischer Gefangener in einem Statement für diesen Mittwoch eine Kundgebung für die Freilassung ihrer Angehörigen angekündigt. Sie hatten außerdem damit gedroht, ihre Proteste auf Hungerstreiks auszuweiten und sich internationale Unterstützung von Menschenrechts- und juristischen Gruppen zu suchen, sollte die Kundgebung nicht zum Erfolg führen.

Zwischenzeitlich berichtet ILNA, dass die Prozessakten der beiden prominenten Reformer Mohsen Mirdamadi von der Islamischen Iranischen Partizipationsfront und Mostafa Tajzadeh von den Mojaheddin der Islamischen Revolution an Abteilung 15 des Revolutionsgerichts übermittelt wurden.
Die beiden reformorientierten Organisationen hatten wiederholt die Freilassung aller ihrer Mitglieder gefordert; dennoch sind viele von ihnen noch immer im Gefängnis.

Die Nachrichtenagentur Fars zitiert den Rechtsanwalt von Iman Sohrabpour Alireza Jafarian, demzufolge ein sein Klient in einem endgültigen Urteil zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Gegen das Urteil kann binnen 20 Tagen Berufung eingelegt werden.
Berichten zufolge werden Sohrabpour "Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit, das Vebreiten von Propaganda gegen das Regime, Verbreiten von Zweifeln am Ergebnis der Wahlen, Zerstörung des öffentlichen Vertrauens in die Regierung und Verbreitung von Angst in der Gesellschaft" zur Last gelegt.

Sohrabpour hatte in der dritten Runde der nach den Wahlen gegen Protestierende inszenierten Massenproteste vor Gericht gestanden.

"Banknoten-Parolen" verwirren Putschisten

Veröffentlicht bei Rooz Online am 28. Oktober 2009
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/news/newsitem/article/2009/october/28//coup-agents-confused-by-bill-writing.html
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Von Samnak Aghaei

In den letzten Wochen ist das innovative Phänomen des Beschriften von Geldscheinen mit Parolen, begleitet von intensivierten Sicherheitsmaßnahmen gegen die Opposition, explosionsartig angewachsen.

Diese von Anhängern der Grünen Bewegung einen Monat nach der Wahl eingeführte Methode des Volkswiderstandes besteht bis heute fort und veranlasste die Regierung gestern zu nochmaligem Handeln.


Gestern sagte der Direktor der iranischen Zentralbank in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur ILNA, es sei ein "Verbrechen", Parolen auf Banknoten zu schreiben. Er fügte hinzu: "Leute, die Parolen auf Geldscheine schreiben, verschwenden den Reichtum der Nation und nationale Ressourcen." In dem kurzen Interview mit ILNA versuchte Mahmoud Bahmani, das Problem herunterzuspielen, drohte aber: "Jeder, der einen Geldschein kennzeichnet, und sei es nur durch eine Linie, begeht ein Verbrechen."

Der Zentralbankchef wich der Frage aus, ob die Zentralbank plane, die Parolen-Scheine zu auszutauschen und erwiderte lediglich: "Es wurde noch keine Entscheidung getroffen, wir müssen dazu eine Vorgehensweise erlassen."

In den letzten Wochen war das Thema zu einem großen Problem für die Putschisten und ihr Vorgehen gegen die Grüne Bewegung geworden, da die Öffentlichkeit sich der Geldschein-Methode für ihren Widerstand in massiven Ausmaßen bedient.

Zuvor hatten regierungsnahe Persönlichkeiten die entsprechenden Organisationen aufgefordert, die mit "Grünen" Parolen verzierten Geldscheine aus dem Verkehr zu ziehen. Vor zwei Wochen hatte beispielsweise Morteza Talaei vom Kulturausschuss des Teheraner Stadtrats auf die Problematik reagiert, als der Slogan "Jeder Geldschein ein Medium" sich zu einer der wichtigsten Parolen der Grünen Bewegung entwickelte. Er bezeichnete die Parolen auf den Scheinen als "gewisse revolutionsfeindliche Botschaften" und forderte von der Zentralbank, die Öffentlichkeit aufzurufen, Geldscheine mit Parolen der Grünen Bewegung nicht mehr anzunehmen, bis sie sie aus dem Verkehr ziehen könne.
(Anm. d. Übers. siehe dazu auch http://lilalinda-juliasblog.blogspot.com/2009/10/banknoten-mit-oppositionsparolen-werden.html)

Finanz- und Bankenexperten halten die jüngsten Vorschläge der Regierungsanhänger über eine Einziehung der Geldscheine oder die Kriminalisierung des Beschreibens der Banknoten mit Parolen für vollkommen unpraktikabel. Diese Reaktionen zeigten lediglich, wie verwirrt die 10. Regierung auf die innovativen Widerstandsmethoden der Grünen Bewegung reagiere.

Die Vorschläge kommen zu einer Zeit, da die Ahmadinejad-Anhänger versuchen, den Erfolg der Regierung bei der Unterdrückung des Volkswiderstandes gegen die Präsidentschaftswahl herauszustellen - ein Versuch, der bislang angesichts der wachsenden Proteste und der innovativen Methoden der Regierungsgegner als erfolglos eingestuft werden muss.

Dienstag, 27. Oktober 2009

Meinung: Die “Iranische” Republik (Rooz Online)

Veröffentlicht am 27. Oktober 2009 auf Rooz Online
Quelle (Englisch): http://www.roozonline.com/english/opinion/opinion-article/article/2009/october/27//the-iranian-republic.html
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Dieser Tage hört man in Teheran statt gemäßigter Rufe nach Ruhe stolze und unversöhnliche Stimmen, die nach einer Fortsetzung des Krieges gegen die Reformer rufen - Reformer, die gegen die offiziellen Ergebnisse der Wahlen vom 12. Juni und deren Unterstützer protestieren.

Auf einer Seite dieser Schlacht stehen die Befehlshaber der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC), Militärs, deren Mission nach eigenem Bekunden in der Verteidigung der Ideale der Revolution von 1979 und der Konfrontation mit innenpolitischen Bedrohungen besteht. Während der Präsidentschaft Mohammad Khatamis - eines vergleichsweise liberalen und gemäßigten Geistlichen - sind die Garden als einer der verlässlichsten Gegner der Regierung hervorgetreten. Seit jedoch Mahmoud Ahmadinejad 2005 das Präsidentenamt übernahm, sind die Revolutionsgarden nicht nur frei vom Druck der Exekutive, sondern haben auch ihre wirtschaftliche Macht mittels umfangreicher und lukrativer Verträge mit der Regierung ausgeweitet.

In den blutigen Ereignissen, die auf die zutiefst umstrittene Präsidentschaftswahl vom 12. Juni folgten, schienen die Befehlshaber der Garden es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, allen Kritikern und Dissidenten den tödlichen Schlag zu versetzen. Zum Beispiel: Als IRGC-Kommandant Aziz Jaafari davon erfuhr, dass Akbar Hashemi Rafsanjani - ein Mitbegründer der Islamischen Republik und prominentester Geistlicher in der 30jährigen Geschichte des Regimes - über die Ereignisse um ihn herum nicht beglückt war, wies er ihn in autoritärer Manier an, er solle schweigen.

Am anderen Ende des Spektrums sind die Geistlichen aus dem Umfeld Ayatollah Khameneis, die Hand in Hand mit den Garden arbeiten, um ihre Rivalen aus den Reihen des Klerus zu beseitigen, die glauben, dass die Öffentlichkeit und das Gesetz an oberster Stelle stehen, während sie selbst Khameneis Wort als endgültig und entscheidend ansehen.
Vor Kurzem bezeichnete der Leiter des Politischen Rates der Freitagsgebete Taghavi protestierende Kritiker als Verräter an Ayatollah Khamenei und fügte hinzu, dass Verräter nicht so leicht davon kommen dürften.

Die Hardliner wurden sogar noch aggressiver, als Mahdavi Kani, der Generalsekretär der gemäßigten Kleriker-Gruppierung Jame Rohaniyat Mobarez Association es sich zum erklärten Ziel setzte, als Mittler zwischen den beiden sich bekämpfenden Fraktionen zu wirken. Auf diese Nachricht hin erfolgte eine scharfe Reaktion seitens der regierungstreuen Medien. In den vergangenen vier Monaten haben diese Medien wiederholt ungehalten an die Justiz appelliert, die Führungspersonen der Grünen Bewegung als Agenten der jüngsten "subversiven Aktivitäten" verhaften zu lassen und gerichtlich zu belangen.

Andererseits ist dieser Kampf ein Kampf gegen die Reformer. Mehdi Karroubi, Mir Hossein Moussavi und Mohammad Khatami haben sich zusammengetan und ihre Rufe nach Widerstand vereint. Und obwohl ihre Medienkanäle geschlossen und ihre Verbündeten hinter Gitter gebracht wurden, erreicht ihre Botschaft Millionen Anhänger in der Grünen Bewegung.

Die weitreichenden Konsequenzen [wahrsch. "davon sind" - im Original fehlt hier etwas] Spaltungen und Gruppierungen im Iran, und die Verbreitung des Gedankens in der Öffentlichkeit, dass die Islamische Republik Iran wegen der extremistischen Maßstäbe der Regierung Ahmadinejad, wegen der Anhänger und der Person des Obersten Führers nicht länger in der Lage ist, das Land zu führen und zu kontrollieren. Deshalb wird bei Demonstrationen der Ruf nach einer Iranischen Republik laut.

Obwohl diese keine Alternative zur Islamischen Republik ist, so handelt es sich dabei doch ganz sicher um eine Botschaft und ein Statement, das darauf abzielt, dass, wenn die Islamische Republik das System ist, für das der gegenwärtige Führer und Präsident eintreten, es das Beste wäre, wenn es einer anderen Regierungsform Platz machen würde. Und diese andere Regierungsform ist es, was die Demonstranten als Iranische Republik bezeichnen, die auf den Ansichten der Mehrheit der Iraner beruhen würde, nicht nur auf den Ansichten einiger Menschen.

Der Ruf nach einer solchen Veränderung ist wichtig, denn als die Grüne Bewegung anfänglich mit ihren Protesten begann, geschah dies lediglich als Forderung nach einer Untersuchung der betrügerischen Manipulationen der Präsidentschaftswahl vom 12. Juni. Jetzt hingegen ist ein neuer Maßstab angelegt worden, der die Herrschenden im Iran warnt und daran erinnert, dass sie diese Zustände selbst verschuldet haben und dass die Öffentlichkeit tiefgreifendere Veränderungen fordert.

Reformkleriker: Erlaubt friedliche Demonstrationen!

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 27. Oktober 2009
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2009/10/reform-cleric-give-permis.html
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Der Reformkleriker Abdollah Nouri (Foto) hat angeregt, mittels Erteilung einer Genehmigung für die friedlichen Demonstrationen der Wahlgegner das Ausmaß der Unterstützung für Mir Hossein Moussavi und Mehdi Karroubi festzustellen. Nouri sagte, wenn die Protestteilnehmer merkten, dass sie "in der Minderheit" seien, würden sie freiwillig "den Laden schließen".

Advar News zufolge sagte Nouri im Gespräch mit mehreren Reportern in seinem Haus, wenn man keine Genehmigung erteile, würde man damit "Zweifel" produzieren, dass die Regierung ebenfalls glaube, dass die Oppositionellen "in der Mehrheit und nicht in der Minderheit sind".

Der frühere Innenminister Nouri erklärte, eine Erlaubnis für die Proteste könnte den Knoten ohne "Zähne und Klauen" lösen.

Seit Bekanntgabe des umstrittenen Wahlsiegs von Mahmoud Ahmadinejad bei der 10. Präsidentschaftswahl im Iran ist keine offizielle Genehmigung für friedliche Demonstrationen erteilt worden. In der letzten Zeit hatten die Demonstranten staatliche Massenveranstaltungen wie den Quds-Tag genutzt, um ihren Protest gegen den vermuteten Wahlbetrug zu artikulieren. Dasselbe ist auch für den bevorstehenden Marsch am 4. November geplant.

Nouri kritisierte das offensive Vorgehen gegen die Wahlproteste während der vergangenen vier Monate und erklärte, es müsse dem Staat klar sein, dass sein Vorgehen nicht zu "wünschenswerten Ergebnissen" geführt habe, weshalb er seine Position "überdenken" und sich öffentlich "entschuldigen" müsse.

Er fügte hinzu: "Wenn ein Staat all seine Macht einsetzt, um protestierende Menschen zum Schweigen zu bringen, muss ihm klar sein, dass sich ihr verlorenes Vertrauen (auf diese Weise) nicht wiederherstellen lässt."

Er warnte davor, dass sozialer Druck lediglich dazu führe, dass Meinungen und Überzeugungen sich nach innen wenden und der Lauf der Dinge möglicherweise "vom legalen Weg" verdrängt werde. In diesem Fall "müsste die Regierung ersetzt werden".

Er stellte Behauptungen der Regierung in Frage, dass die "Geständnisse" inhaftierter Protestteilnehmer in den im Fernsehen gezeigten Massenprozessen echt seien: "Es wäre besser, wenn die Regierung realisieren würde, dass auch Angelegenheiten der Wahlen, der gegenwärtigen soziokulturellen Fragen oder Theorien der Humanwissenschaften, selbst die Religion und selbst Gott unglaubwürdig werden würden, wenn sie in dieser Weise präsentiert würden."

Bei den Ereignissen nach der Wahl sind mehr als 4000 Menschen verhaftet worden. 300 von ihnen befinden sich offiziellen Berichten zufolge noch immer in Haft.

"Streitbare Geistliche" (Reformer) rufen zu Zurückhaltung auf

Veröffentlicht bei Radio Zamaaneh am 27. Oktober 2009
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2009/10/reformist-group-combatant.html
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Die reformorientierte Vereinigung "Streitbarer Geistlicher" hat mit einer Bekanntmachung auf der Webseite Norooz zu Zurückhaltung und Ruhe im Falle möglicher Gewalt seitens der Regierungskräfte aufgerufen. Sie weisen insbesondere auf die Verfassungsklauseln über "Redefreiheit, Versammlungsfreiheit und Parteien- und Organisationsfreiheit" hin.
In dem Statement wird unter Verweis auf das vor Kurzem abgehaltene Treffen der Vereinigung unter Vorsitz des früheren Präsidenten Mohammad Khatami erklärt, die Vereinigung werde "die Rechte des Volkes verteidigen und jede Form von Gewalt verurteilen."

Weiterhin verurteilen sie den "geplanten Angriff" während der Medienmesse in Teheran am vergangenen Freitag auf Mehdi Karroubi, der als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen im Juni deren Ergebnisse anficht, sowie auf den Chefberater von Mir Hossein Moussavi.

Zuvor hatten die iranischen Revolutionsgarden und der konservative Geistliche Ayatollah Jannati Warnungen bezüglich der für den 4. November geplanten Demonstrationen der Opposition ausgesprochen.

Der 4. November ist der iranische Tag der Studenten und außerdem der Jahrestag der Übernahme der US-Botschaft in Teheran. Alljährlich veranstaltet die Regierung an diesem Tag Demonstrationen gegen die USA. Die Protestbewegung hat angekündigt, dass sie sich auch diesem Protestmarsch anschließen wolle, um ihre eigenen nationalen Belange bezüglich der Transparenz des Wahlprozesses und der Gerechtigkeit für alle politischen Gefangenen zu artikulieren.

"Streitbare Geistliche" reagieren auf Anschuldigungen der staatlichen iranischen Medien

Veröffentlicht auf Radio Zamaaneh am 24. Oktober 2009
Quelle (Englisch): http://www.zamaaneh.com/enzam/2009/10/iran-comabatant-clerics-r.html
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Iranische Reformorganisationen, die zusätzlich zu zahlreichen Verhaftungen auch das Ziel von unaufhörlichen Verbalattacken seitens der staatlichen Medien und konservativer öffentlicher Personen sind, kontern diese Attacken durch missbilligende Statements, die sie auf ihren Internetseiten veröffentlichen.
Die "Vereinigung Streitbarer Geistlicher" hat heute als Reaktion auf die zahlreichen Anschuldigungen iranischer Medien gegen ihren Vorsitzenden Ayatollah Mousavi Khoveiniha eine Stellungnahme veröffentlicht.

In den vergangenen Monaten hatten Medien wie Iran, Keyhan, Javan, Panjareh und die Nachrichtenagentur IRNA Mousavi Khoveiniha "Verbindungen zum KGB, Verwicklung in die Ermordung des prominenten iranischen Geistlichen Morteza Motahari, Anfechtungen der Velayat-e Faghih, die dem Obersten Führer vollständige Macht verleiht, einen Putschversuch und das Hegen marxistischer Ideen" vorgeworfen.

In dem Statement wird das Justizsystem wegen seines Schweigens zu derartigen "Verunglimpfungen" angprangert. Die Anschuldigungen gegen Khoveiniha ähnelten denen gegen Ayatollah Khamenei und Ayatollah Khomeini, die diesen prominenten Geistlichen in der Vergangenheit mit vielen wichtigen Aufgaben in der Islamischen Republik betraut hätten.

Mohammad Mousavi Khoveiniha, ein Geistlicher und Politiker, ist eine prominente Persönlichkeit der iranischen Reformbewegung. Er war ein Vertrauter von Ayatollah Khomeini und der spirituelle Führer der "Muslimischen Studentischen Nachfolger des Imam", die im Jahre 1979 die US-Botschaft (in Teheran) besetzten.

Unter Ayatollah Khomeini war er stellvertretender Sprecher des ersten Parlaments der Islamischen Republik, Mitglied des Aufsichtsrats des nationalen Radio- und Fernsehsenders Seda va Sima, sowie Generalstaatsanwalt für Iran.

Seine Gegner beschuldigen ihn, kommunistisches Gedankengut zu pflegen und Verbindungen zur Sowjetunion zu unterhalten, und nennen ihn den "Paten der Reform".

Mehdi Karroubis Videobotschaft nach dem Angriff auf ihn bei der Medienmesse

Quelle (Englisch): http://homylafayette.blogspot.com/2009/10/mehdi-karroubis-video-message-following.html
Deutsche Übersetzung: Julia, bei Weiterveröffentlichung bitte Link zu diesem Post angeben.


Am Freitag nachmittag hat Oppositionsführer Mehdi Karroubi die Medienmesse in Teheran besucht. Nachdem eine große Gruppe seiner Anhänger ihn laut begrüßte, wurde er beim Verlassen der Ausstellungshalle angegriffen. Berichte über die Angriffe finden sich hier.

Karroubi hat sich in einer Videobotschaft zu den gestrigen Ereignissen geäußert. Er wirkt unbeeindruckt, und obwohl er am Freitag von einem Projektil verletzt wurde, ist davon auf seiner Stirn nichts mehr zu sehen. Hier folgt die Übersetzung seiner Botschaft:

Mehdi Karroubi:
Im Namen Gottes, des Gnädigsten und Barmherzigsten.

Bezüglich der Ereignisse gestern bei der Medienmesse müssen drei Punkte erwähnt werden. Einer bezieht sich auf die Umstände, der zweite auf die Motive und der dritte auf mich selbst.

Zu den Umständen: Ich bin immer zu Ausstellungen gegangen und werde das auch weiterhin tun. Bei diesem Besuch haben einerseits die Menschen auf sehr großzügige Weise ihre Freundlichkeit zum Ausdruck gebracht, und ich habe mich sogar noch umgedreht und sie gebeten, keine Parolen zu rufen. Andererseits haben Einzelne - und das sind diejenigen gewesen, die alles losgetreten haben - zu rufen begonnen "Tod dem Heuchler", um die Menschen zu provozieren. Die große Mehrheit der Menschen stand dort und rief Parolen, die anderen Personen riefen ebenfalls Parolen, und nach einer Weile haben wir die Ausstellung verlassen. Auf dem Weg nach draußen - und das folgt dem Schema, das bestimmte Leute geplant hatten - leiteten sie uns in eine Richtung, in der die Menschen hinter uns uns nicht frei folgen konnten, was dazu führte, dass sie etwas radikaler auftraten.

Der zweite Punkt betrifft die Motive. Das war nicht das erste Mal. Schon bei meinem Besuch von Masoumehs Schrein anlässlich des Märtyrertodes von Imam Sadegh... Wo immer ich auch hingehe, werden solche Aktionen zur Regel. Glücklicherweise reagieren die Menschen spontan. Sie wollen mich davon abhalten, an Versammlungen teilzunehmen und mich isolieren, so wie sie auch die Büros meiner Partei geschlossen haben und [unverständlich] (Anmerkung: Die Büros von Karroubis politischer Partei Etemaad-e Melli und seiner Zeitung Etemaad-e Melli waren Anfang September geschlossen worden. Ein Bericht dazu findet sich hier.) Sie möchten, dass ich zu Hause sitze und nicht hinausgehe. Das ist der Grund, warum sie diese Dinge tun - um mich davon abzuhalten, hinauszugehen.

Der dritte Punkt, den ich erwähnen möchte ist, dass sie all diese Maßnahmen meinetwegen ergreifen. Ich bin kein Neuling in diesen Dingen, und ich habe nicht erst vor Kurzem damit angefangen, mich so zu äußern. Im Jahre 1989, nach dem Tod von Imam Khomeini, habe ich mich mit dem 3. Parlament angelegt und die Abweichungen angeprangert, die in der Expertenversammlung stattfanden...
In allen diesen Fällen habe ich immer eine klare Position bezogen. Ich habe mich immer geäußert, und ich habe schwierige Situationen durchlebt. Selbst damals wurden viele meiner Freunde täglich in das Geistliche Sondergericht oder in normale Gerichte einbestellt. Ich war immer standhaft und habe diese harten Zeiten ausgehalten.
(Anmerkung: Karroubi zielt hier auf das Herz der Identität des islamischen Regimes und des Verständnisses von Velayat-e Faghih - der Führung des Rechts - aus dem der Oberste Führer seine Macht ableitet. Wie Karroubi erwähnt, hat diese philosophische Fragestellung das Regime seit Khomeinis Tod belastet: Was genau ist die Rolle der Expertenversammlung und wie viel unbestrittene Macht übt der Oberste Führer aus? Hardliner sind der Ansicht, dass die Expertenversammlung keinerlei Aufsicht über den Obersten Führer ausüben sollte und dass sie den Anwärter auf die Position des Obersten Führers eher offenbart als wählt.)

Zudem war ich in jenen Tagen isoliert, und den Menschen waren Fragen nach der Aufsicht und der Expertenversammlung nicht bewusst... heute jedoch sind die Menschen vereint, zumindest trifft das auf eine Mehrheit der Menschen zu, und sie haben sich positioniert und sind standhaft.

Unter solchen Umständen muss ich bei jeder Gelegenheit präsent sein - sei es eine Demonstration, sei es der Gedenktag zum 22. Bahman (Anmerkung: Datum des Sieges der Revolution am 11. Februar 1979), sei es Ashura (Anmerkung: Religiöser Feiertag zum Angedenken an den Märtyrertod Hosseins). Welcher Tag und welcher Ort es auch immer ist: wir müssen präsent sein. Aber wir werden einen Schritt weiter gehen. Bisher haben wir unseren Freunden nicht gesagt wohin wir gehen usw. Jetzt sagen wir es, auch wenn wir uns damit die Kritik unserer Freunde riskieren. Wir werden nicht zurückweichen. Wir denken an unseren Pakt mit dem Imam und dem Volk, wir bleiben der Islamischen Republik und der Verfassung treu. Wir weichen nicht von diesem Weg ab, mit Gottes Segen, und wir fürchten nichts.

So Gott will werden wir sehen, wer treu war und wer nicht. Unter geeigneten Bedingungen, wenn entweder beide Gruppen an der Macht sind oder keine von beiden, werden wir sehen, wer bereuen muss und wer nicht.
Wenn eine Gruppe an der Macht ist und die andere nichts hat, kann man über Reue reden so lange man will. Diejenigen, die bereuen müssen, sind die, die die Islamische Republik verraten haben und von ihr abgewichen sind, diejenigen, die die Islamische Republik ihrer islamischen Natur beraubt und ihre republikanische Identität zerstört haben, bis nichts mehr davon übrig war als ihr Name.