Montag, 31. August 2009

Er ist weg, aber die Verbrechen bleiben - Richter Mortazavis Versetzung

Quelle (Persisch): http://www.mowjcamp.com/article/id/23968
Übersetzung Persisch-Englisch: Shayesteh Irani (http://www.facebook.com/group.php?gid=249669090695#/topic.php?uid=249669090695&topic=9728)
Übersetzung Englisch-Deutsch: Julia
"Er ist weg, aber die Verbrechen bleiben"
Von Hanif Mazroo’i [Persisches Original]

Es ist kein Hass. Ich bin kein Mensch, der Groll gegen jemanden hegt, und ich glaube stets an die Einstellung "vergeben und vergessen", die ich auch zu verbreiten versuche. So lange aber diese Regierungsstellen noch frei agieren, sind alle Veränderungen zwecklos. Nichts wird sich ändern.

1- Saeed Mortazavi, der Richter des Gerichts Nr. 1410 und später Rechtsanwalt und Revolutionsanwalt in Teheran, ist auf Weisung des Chefs der Justiz nach 12 Jahren endlich abgesetzt worden. Viele Politiker, Menschenrechtsaktivisten und Journalisten haben diese Veränderung begrüßt. Sie erwarten neue Ansätze gegenüber Zeitungsreportern, Presse und Politikern.

2- Allerdings sollten wir bedenken, dass ein Wechsel in Tonfall und Verhalten den Akt des Verbrechens nicht zunichte macht, und wenn der Hauptakteur hinter diesen Verbrechen nicht vollkommen ausgeschaltet wird, können tausend Veränderungen von Namen, Posten und Rängen nichts bewirken. Wenn die Akteure, die für diese Verbrechen verantwortlich sind, noch aktiv sind, wie kann eine Veränderung ihres Dienstgrades ihre Fehler ausgleichen?
Es ist, als würde man eine Schachfigur durch ein anderes Objekt ersetzen. Diese Veränderung würde nur dann einen Effekt haben, wenn die nicht nur das Objekt, sondern auch seine Handlungen neu wären. Anderenfalls besteht der Zweck solcher neuen Gesichter lediglich in der Irreführung der Öffentlichkeit.

3- Es ist kein Hass. Ich bin kein Mensch, der Groll gegen jemanden hegt, und ich glaube stets an die Einstellung "vergeben und vergessen", die ich auch zu verbreiten versuche. So lange aber diese Regierungsstellen noch frei agieren, sind alle Veränderungen zwecklos. Nichts wird sich ändern.

(Quelle: Rooz Online)

Sonntag, 30. August 2009

"Trauernde Mütter" im Laleh-Park, 29. August 2009

Quelle (Persisch): http://www.mowjcamp.org/article/id/24188
Übersetzung Persisch-Englisch: Suzy Mansourian (http://www.facebook.com/home.php#/topic.php?uid=249669090695&topic=9695)
Übersetzung Englisch-Deutsch: Julia


Zusammenkunft der Trauernden Mütter im Laleh-Park im Beisein von Rakhshan Bani-Etemad und Shahla Lahiji

Mehr als 80 Mütter kamen am Samstag im Laleh-Park zusammen, um die "Trauernden Mütter" zu unterstützen, die den Tod ihrer Märtyrer der Grünen Bewegung betrauern.
Der Weblog "Mourning Mothers" berichtet: Es wurde beschlossen, den Marsch um den Teich herum nicht um 19 Uhr zu beginnen, sondern ihn auf das Ende der Zusammenkunft zu verlegen, damit die Polizei die Zusammenkunft nicht so leicht auflösen kann.

Die Versammlung wurde mit der Zeit immer größer. Um 19:30 Uhr, kurz vor Sonnenuntegang, setzten sich alle langsam in Bewegung, und diejenigen, die um den Teich herum saßen, unterstützten die marschierenden Mütter mit aufmunternden Rufen und dem Siegeszeichen. Der Marsch dauerte bis 20:00 Uhr, und als der Ruf zum Abendgebet erklang, brachen diejenigen, die Ramadan begehen, mit Datteln das Fasten. Die Menschen im Park waren mit dem Marsch vertraut, und sie beteten für seinen Sieg.
In dieser Woche konnte man bekannte Gesichter im Laleh-Park sehen - Künstler, Schriftsteller, Frauenrechtlerinnen wie die Regisseurin und Frauenrechtlerin Rakshan BaniEtemad, die Schriftstellerin, Übersetzerin und Frauenrechtlerin Shahla Lahiji und die Frauenrechtlerin und Aktivistin der "One-Million-Signature"-Kampagne, die alle mit Freunden gekommen waren.
Glücklicherweise gab es keine Konflikte, obwohl viel Polizei im Park präsent war und sowohl in als auch um den Park herum viele Polizeiautos und -busse geparkt waren.

Der Weblog gibt außerdem bekannt, dass die Mütter beschlossen haben, ihre Zusammenkünfte wegen der Dämmerung Samstags von 18 - 19 Uhr abzuhalten.

Vergewaltigungen in Irans Gefängnissen: Drohungen gegen Komitee-Miglieder

Datum: Donnerstag, 27. August 2009
Quelle: Enghelab Sabz
Link: http://www.facebook.com/note.php?note_id=121866629089&id=95040933929&ref=mf
Übersetzung Persisch-Englisch: Suzi Mansourian ("Rapes in Iran Prisons: Threats against committee members", http://www.blogger.com/post-edit.g?blogID=3272379781297948742&postID=9025597597068402171)

Übersetzung Englisch-Deutsch: Julia

"Nach den Enthüllungen an das Sonderkomitee des Parlaments über sexuellen Missbrauch und Vergewaltigungen gab es Drohungen gegen Mitglieder des Komitees"

Einen Tag, nachdem ein Mitglied des Komitees über das Bekanntwerden von Vergewaltigungen mit Schlagstöcken und Sodaflaschen berichtet hat, haben wir erfahren, dass einige der unabhängigen Komiteemitglieder hochgradig bedroht und unter Druck gesetzt werden.

Wie "Green Wave of Freedom" ("Grüne Welle der Freiheit") berichtet, waren die Mitglieder der Sonderkommission des Parlaments bereits wegen der Bedingungen für die Häftlinge unter hohen Druck gesetzt worden. Dieser Druck habe sich infolge der Enthüllungen auf der offiziellen Webseite der Parlamentsminderheit (Parleman News) vervielfacht.

Eine Quelle aus dem Parlament berichtete "Green Wave of Freedom" gegenüber, dass seit der Bildung des Komitees durch Ali Larijani einige der Mitglieder alle möglichen Drohungen erhalten hätten. Sie alle hätten sich mit dem Chef der Parlaments getroffen und versucht, aus dem Komitee auszutreten. Larijani jedoch habe sie aufgefordert, nicht über Rücktritt zu sprechen und ihre Arbeit fortzusetzen.

Parviz Sarvari, der Chef des Komitees, soll der Putsch-Partei sehr nah stehen und die erhaltenen Informationen nicht an die betreffenden Behörden, sondern an die Partei weiter leiten. Auf diese Weise könne die Putschpartei Beweise für die Verbrechen vernichten und die Proteste und die Gegner durch Drohungen zum Schweigen bringen.

Das auf Anordnung Larijanis und mit Unterstützung des Obersten Nationalen Sicherheitsrats gebildete Komitee ist nicht zu verwechseln mit der Wahrheitsfindungskommision des Parlaments.

Rapes in Iran Prisons: Threats against committee members

Date: Thursday August 27, 2009
Source: Enghelab Sabz
Link: http://www.facebook.com/note.php?note_id=121866629089&id=95040933929&ref=mf
Translated By: Suzi Mansourian

"Following the reveal of the sexual abuse and rapes to the special committee of Majlis, there have been threats against the committee members"

One day after one of the committee members reported the reveal of rapes of the detainees by batons and soda bottles, we received news that some of the independent members of this committee are highly under threat and pressure.

According to the news received by “Green Wave of Freedom," members of the special committee of Majlis had already been under a lot of pressure regarding the condition of recent detainees, and these pressures have multiplied due to the revelations made by the official site of the minority of Majlis (Parliament News).

A source from the parliament has reported to “Green Wave of Freedom” that ever since this committee was formed by Ali Larijani, some of its members were under all kinds of threats. They each met with the head of Majlis and tried to resign from the committee, but Larijani asked them to not mention their resignations and continue with their works.

It is said that Parviz Sarvari, head of this committee, is very close to the coup party, and he passes on the received information to them, instead of informing the relevant authorities. This way, the coup party can erase the evidence of these crimes and silence the protesters and objectors by threatening them.

This committee which has been formed by the order of Larijani and by support of the National Security Supreme Council differs from the Truth Seeking Committee of Majlis.

Samstag, 29. August 2009

Kayhan for Kids - auf Deutsch

keyhan2 Kayhan for Kids: shaping young hearts and minds

Kayhan für Kinder - Wie Herzen und Köpfe geformt werden
Quelle (Englisch): http://tehranbureau.com/kayhan-kids-shaping-young-hearts-minds/
Übersetzung: Julia

Von GOLAB P.

[TEHRAN BUREAU] Kayhan Bacheha — Kayhan für Kinder — ist ein Wochenmagazin des Kayhan-Instituts, das auch die Tageszeitung Kayhan des berüchtigten Hossein Shariatmadari herausgibt. Das Bild oben stammt aus der allerersten Ausgabe von 1956.

Ich habe vage Erinnerungen daran, wie ich das Magazin als Kind bekam, wie meine Eltern und Großeltern mir die Geschichten vorlasen. Mein Großvater hatte eine große Sammlung davon aus der Zeit, als meine Mutter noch klein war. Ich liebte die Geschichten in diesen Ausgaben ganz besonders. So weit ich mich erinnern kann, war das Magazin in die Stufen 1 bis 5 unterteilt, und da es staatlich war, spielten Themen wie Religion und Verherrlichung der Heiligen der Shia und des iranischen Führers, Ayatollah Khomeini, später Khamenei, immer eine große Rolle. Ein weiteres geläufiges Thema des Magazins war die Erinnerung an die Märyrer des Iran-Irak-Krieges.

Ich weiß noch, wie ich aufgeregt an der Hand meiner Tante am Zeitungskiosk stand und mein Magazin bekam, genau wie die Erwachsenen. Ich erinnere mich sogar noch an den Geruch der Seiten, der warm und archaisch war.

Hier sind einige Titelblätter des Magazins aus den Jahren 1981, 1982 und 2005:

keyhan4 Kayhan for Kids: shaping young hearts and minds

keyhan6 Kayhan for Kids: shaping young hearts and minds

keyhan5 Kayhan for Kids: shaping young hearts and minds

Stellt euch nun meine Überraschung vor, als ich dies sah:

 Kayhan for Kids: shaping young hearts and minds

Das Magazin hat das Thema der Staatsreligion immer besonders betont, aber an eine politische Seite kann ich mich nicht erinnern. Dies ist eine Seite aus dem Magazin der vergangenen Woche, wo über eine entschärfte Version von Mehdi Karroubis Brief über Vergewaltigung und Misshandlung in Gefängnissen geschrieben wird. Die Kinder erfahren dort, dass all dies eine große Lüge ist und dass der arme Mann nichts beweisen konnte. Der Artikel lautet wie folgt:

Die nie bewiesene Behauptung

Vergangene Woche wurde ein Brief von Herrn Mehdi Karoubi veröffentlicht. Darin wird behauptet, dass die, die wegen ihrer Teilnahme an den jüngsten Unruhen verhaftet worden sind, im Gefängnis missbraucht und verletzt wurden.

Herr Karoubi hatte diesen Brief an Herrn Rafsanjani geschrieben und ihn darum gebeten, das zu untersuchen. Nach dem [der] Brief [veröffentlicht worden war], haben das Parlament und die Justiz sich damit beschäftigt. Sie untersuchten den Fall und sahen, dass die Behauptungen von Herrn Karoubi nicht wahr sind. Und damit nicht genug - als sie seinen [Karoubis] Sohn fragten, woher Herr Karoubi seine Beweise habe, sagte er: "Unsere Beweise sind Telefonanrufe, die bei unserer Zeitung eingingen!"

Denkst du, dass ein vernünftiger Mensch jede Behauptung akzeptiert, die jemand am Telefon macht? Denkst du vielleicht sogar, dass man jedem beliebigen Menschen glauben muss, der irgendetwas sagt?

Der Grund für den Brief von Herrn Karoubi waren nur ein paar Telefonanrufe. Anrufe von anonymen Personen ohne Namen und Identität. Als der Brief von Herrn Karoubi veröffentlicht wurde, waren die Fernseh- und Radiosender, die gegen die Islamische Republik sind, sehr froh. Sie sagten, dass Menschen in den Gefängnissen der Islamischen Republik gefoltert werden. Ihr einziger Beweis war der Brief von Mehdi Karoubi. Ein Brief, in dem laut dem Parlamentssprecher nur Lügen standen. Diese Unterstellungen machten die Feinde der Islamischen Republik glücklich, denn nun konnten sie behaupten, dass Gefangene in den Gefängnissen misshandelt werden.

Auf der Titelseite gibt es auch einen Artikel über die BBC:

 Kayhan for Kids: shaping young hearts and minds

Die Englische Lüge

Erst vor ein paar Tagen haben ausländische Fernsehsender wie BBC sowie einige lokale Zeitungen mit großem Brimborium eine Nachricht verbreitet. Die Nachricht war folgende:

“Ein junger Iraner namens Behnam wurde durch Schlagstöcke der Polizei getötet!

Wir waren alle beunruhigt. Hatte die Polizei wirklich einen Jungen getötet?! Aber es dauerte nicht lange, bis die Wahrheit ans Licht kam. Jeder fand heraus, dass der Feind mit seinem Fernsehen und seinen Zeitungen wieder einmal gelogen hatte. Sie hatten gelogen, um den Ruf der Polizei und der Islamischen Republik zu beschmutzen. Sie logen, um Aufstände in den Straßen zu verursachen."

Die Geschichte erzählt dann die "wahre" Version der Ereignisse.

Roxana Sabresi’s Memoir of Her Imprisonment in Iran

Date: Thursday August 27, 2009
Source: Iran Sarfaraz
Link: http://news.iransarfaraz.com/foreign/8686.html
Translated By: Suzi Mansourian

"Roxana Sabresi’s Memoir of Her Imprisonment in Iran"

Roxana Saberi reveals the ugly truth behind her imprisonment in Iran to a Japanese newspaper. Roxana Saberi, an Iranian-American journalist who was born from an Iranian father and a Japanese mother, gave an interview to the Japanese newspaper Yumiori, and revealed her memories of the horrible jail time she experienced in Iran.

On Thursday, Yumiori newspaper stated that this horrifying recount from Ms. Saberi can be proof of what it is really like for those reformists who are being tortured in Iranian prisons after the recent commissions of the election.

In this interview, Saberi said the investigators threatened to execute her if she didn’t confess to being a spy for the USA, and that they promised to release her if she did confess so. Saberi said that four information ministry officials, who pretended to be mailmen, forced their way into her house in Tehran and detained her, disregarding the legal processes.

She said that her biggest concern was the fact that nobody knew where they had taken her. Saberi says that during her imprisonment she was under a lot of pressure everyday to confess of being an American spy, and at last she was forced to confirm her charges.

Saberi said that after two weeks of solitary confinement, she was sent to the public ward where most of the women she met were students or women's rights activists.

Saberi added that during this difficult time in prison, she was calmed by a brave Iranian lady, who despite having pneumonia, still tried to fight for women’s rights and sexual and religious equality. Ms. Saberi also said that unfortunately there are some authorities in Iran who easily ignore and abuse other people’s rights.

Roxana Saberis Erinnerungen an ihre Haft in Iran

Datum: Donnerstag, 27. August 2009
Quelle: Iran Sarfaraz (http://news.iransarfaraz.com/foreign/8686.html)
Übersetzung Persisch-Englisch: Suzi Mansourian
(http://lilalinda-juliasblog.blogspot.com/2009/08/roxana-sabresis-memoir-of-her.html
)
Übersetzung Englisch-Deutsch: Julia

Roxana Saberis Erinnerungen an ihre Haft im Iran

Roxana Saberi enthüllt einer japanischen Zeitung gegenüber die hässliche Wahrheit über ihre Haft im Iran.

Roxana Saberi, eine iranisch-amerikanische Journalistin, Tochter eines Iraners und einer Japanerin, hat in einem Interview mit der japanischen Zeitung Yumiori über ihre Erinnerungen an die schreckliche Zeit in einem iranischen Gefängnis gesprochen.

Yumiori erklärte am Donnerstag, dieser entsetzliche Bericht von Frau Saberi beweise, wie es den Reformern, die nach den letzten Wahlen (? "after the recent commissions of the election") in iranischen Gefängnissen gefoltert würden, wirklich ergeht.

In dem Interview sagte Saberi, dass die Untersuchungsbeamten ihr mit Hinrichtung gedroht hätten für den Fall, dass sie nicht gestehe, eine Spionin der USA zu sein. Sollte sie dies gestehen, so versprachen sie ihre Freilassung. Saberi sagte, vier Beamte des Informationsministeriums hätten sich als Postboten ausgegeben und gewaltsam und unter Außerachtlassung der juristischen Prozesse Zutritt zu ihrem Haus in Teheran verschafft.

Sie sagte, ihre größte Sorge sei gewesen, dass niemand wusste, wohin man sie gebracht hatte. Saberi berichtete, dass sie während ihrer Haft unter großen Druck gesetzt worden sei, damit sie gestehe, eine amerikanische Spionin zu sein. Schließlich war sie gezwungen, die Anklagepunkte zu gestehen.

Nach zweiwöchiger Einzelhaft, so Saberi, wurde sie in eine öffentliche Abteilung verlegt, in der überwiegend Studentinnen und Frauenrechtlerinnen festgehalten wurden.

Während dieser schweren Zeit im Gefängnis, so Saberi, half ihr eine mutige iranische Frau, die trotz ihrer Lungenentzündung noch immer für die Rechte der Frauen und sexuelle und religiöse Gleichheit kämpfte. Frau Saberi sagte weiter, es gebe leider Autoritäten im Iran, die leichtfertig die Rechte anderer Menschen ignorieren und missbrauchen würden.

Donnerstag, 27. August 2009

Beheshte Zahra July 13-15 - Deutsch

Quelle der englischen Übersetzung: http://minaakbari.wordpress.com/
Übersetzung Farsi-Englisch: Suzi Mansourian

Übersetzung Englisch-Deutsch: Julia


"Was geschah auf dem Behesht-e Zahra-Friedhof am 13., 14. und 15. Juli 2009?"

Ich bin Studentin an der Universität. Ein Mitglied meiner Familie arbeitet auf dem Behesht-e Zahra-Friedhof. Wir gehören einer wirtschaftlich schlecht gestellten Klasse an, und wir alle unterstützen Ahmadinejad (ob es euch gefällt oder nicht!) Aber wir glauben, dass es einen Wahlbetrug gegeben hat! Wir sind für die Regierung Ahmadinejad, weil sie alle Angestellten des Friedhofs (besonders uns) mit Wohnungen versorgt hat. Ich glaube daran, dass es eine andere Macht ist als Ahmadinejad, die all diese Verbrechen begeht, und wenn er [Ahmadinejad] von diesen Verbrechen wüsste, würde er ganz sicher gegen sie vorgehen. Vielleicht kann er aus irgendeinem Grund nicht zeigen, dass er gegen diese Verbrechen ist - lasst uns hier nicht darauf eingehen.

Meine Mutter, die seit langem auf dem Friedhof arbeitet und Nachtschichten in der Serviceabteilung macht, erzählte uns, dass sie am 13., 14. und 15. Juli Informationen bekamen, dass Leichen von mehreren Unfallopfern erwartet würden, die bei Nacht begraben werden sollten! Wir alle waren überrascht, und ich hatte das Gefühl, dass etwas nicht stimmte.

Ich fragte meine Mutter immer wieder nach den Leichen von den Menschen, die während der Proteste getötet wurden, aber sie wollte meine Gefühle schonen und sprach gewöhnlich nicht darüber, sondern sagte, ich solle mich lieber auf mein Studium konzentrieren. Dieses Mal aber sollten [die Bestattungen] während der Nachtschichten stattfinden. Zwar gab es öfter nächtliche Beerdigungen, wenn es Unfälle gegeben hatte und man wegen Verspätungen mehr Zeit brauchte. Dieses Mal aber waren es drei Nächte hintereinander! Ich wollte meine Mutter eigentlich hinbringen, aber sie sagte, sie würde abgeholt.

Sie kam um 6 Uhr morgens nach Hause, und ich fragte sie, was los gewesen sei. Sie antwortete nicht, aber ich konnte Sorge und Trauer in ihrem Gesicht sehen. Ich fragte noch einmal. Sie sagte mir, ich solle schlafen gehen! Sie hatte am nächsten Tag frei und kümmerte sich um den Haushalt. Ich sah ihre Hände, auf denen Stempelfarbe zu sehen war, so als ob sie ihren Fingerabdruck irgendwo hingesetzt hätte. Ich fragte sie "Möchtest du mir nicht sagen, was passiert ist? Waren das wirklich Unfallopfer?" Sie sagte, ich solle still sein und dass sie sich nicht gut fühlt. Ich fragte nicht weiter.

Um Mitternacht bekam sie einen Anruf auf ihrem Handy, dann wurde sie wieder abgeholt. Dieses Mal kam sie am nächsten Morgen um 7 Uhr zurück und sah sehr traurig und müde aus. Sie ging schlafen. Um 9 Uhr hörte ich sie weinen. Ich stand auf und sagte zu ihr "Entweder sagst du mir jetzt sofort, was los ist, oder ich fahre nach Behesht-e Zahra und finde es selbst heraus". Sie sagte, es sei nichts. Ich sagte: "Dann rufe ich jetzt Tante Mahin (ihre Kollegin) an und frage sie". Meine Mutter sagte, Tante Mahin wisse nichts darüber. Ich sollte erwähnen, dass die Arbeit meiner Mutter sehr hart ist und dass sie deswegen sehr stark ist. Ich habe niemals vorher erlebt, dass sie wegen ihrer Arbeit weint, obwohl sie ein sehr weiches Herz hat.

Ich bestand darauf, dass sie mir sagt, was vor sich geht. Ich musste bei dem Grab meines Vaters schwören, nicht weiterzusagen, was sie mir erzählen würde. Ich willigte ein. Sie holte den Heiligen Koran, und ich musste mich waschen, meine Hand darauf legen und schwören, niemals etwas zu erzählen (ich habe mich sehr gewundert! Es schien sehr wichtig für sie zu sein, all das zu "vertuschen". Nie zuvor hatte sie von mir verlangt, einen solchen Schwur zu leisten). Sie sagte, sie würde dabei hauptsächlich an meine Sicherheit denken.
Jedenfalls leistete ich den Schwur, so wie sie es wünschte. Dann begann sie:

"Vorletzte Nacht (am 13. Juli), als ich in die Abteilung kam, sah ich ungefähr 30 gefrorene Leichen, die zum Auftauen dort lagen. Es waren viele bärtige Männer da, sie brachten mich und meine Kollegen in ein Zimmer. In dem Zimmer war ein älterer Mann mit einem Stempelabdruck auf seiner Stirn. Er sagte uns, dass wir in mehreren Nächten die Leichen einiger Feinde begraben müssten. Er sagte, sie seien antirevolutionär gewesen und hätten sie angegriffen und mehrere ihrer Soldaten getötet. Sie erklärten uns, dass sie die Leichen zur Identifizierung ins Land gebracht hätten, und dass sie abseits von Medien und den Augen von Spionen begraben werden müssten.
Er sagte, wenn wir darüber mit irgendjemandem sprechen würden, wäre unser und das Leben unserer Familien in großer Gefahr. Dann mussten wir unsere Nachnamen sagen, und er schrieb sie auf. Am Ende nahmen sie unsere Fingerabdrücke und erinnerten uns noch einmal daran, was er gesagt hatte. Dann brachten sie uns zurück an unsere Arbeitsplätze. Die meisten Leichen waren männlich, und es gab unter uns auch mehr männliche Arbeiter. In der Frauenabteilung waren wir nur wenige. In dieser Nacht gaben sie uns fünf Leichen von Frauen und Kindern, vollständig gefroren, aber ich glaube, in der Männerabteilung waren mehr als 20 Leichen.
Der Direktor des Friedhofs war auch da, und er sagte uns, dass wir bis 5 Uhr morgens, also vor Sonnenaufgang fertig sein müssten, selbst wenn wir es nicht schaffen würden, alle fünf Leichen vollständig zu waschen und zu begraben. Auf den Gesichtern der Frauen war gefrorenes Blut, und wir konnten schwere Verletzungen in ihren Gesichtern erkennen. Drei von ihnen waren in mittlerem Alter, zwei waren zwischen 20 und 30 Jahre alt. Der Kopf einer der Jüngeren war vollkommen aufgebläht. Das Eis schmolz nur schwer, und sie waren hart wie Holz. So haben wir sie begraben."

Meine Mutter wollte nicht weiterreden über die Dinge, die sie am 14. Juli gesehen hatte, aber ich bestand darauf.

Sie fuhr fort:
"Heute nacht sind wir wieder hingefahren, und es waren vier Mal so viele Leichen dort! Über 100! In der Frauenabteilung gab man uns 23 Leichen ohne Identität. Von den bärtigen Männern (Zivilpolizisten) gab es ebenfalls drei- oder vier Mal mehr als in der Nacht zuvor. An den Toren zum Friedhof standen Wachen, alle Eingänge wurden kontrolliert. Wir fingen an zu arbeiten. Aber wir sagten, dass wir bis 5 Uhr morgens nicht fertig werden könnten. Der ältere Mann mit dem Stempel auf der Stirn kam herein, und wir protestierten, denn Männer waren in der Frauenabteilung nicht erlaubt. Er sagte uns, dass all diese Frauen Prostituierte, Mörderinnen und Landesverräterinnen seien. Er sagte, er würde uns Verstärkung aus der Männerabteilung bringen! Aber es gab auch viele Leichen dort. Jedenfalls kamen drei der männlichen Mitarbeiter (zum ersten Mal) in die Frauenabteilung und halfen uns. Was mich am meisten empörte, war der Anblick der gefrorenen Mädchenleichen, die nicht nur gebrochene Kiefer, sondern auch geronnenes Blut an ihren Genitalien hatten. (Als Karroubi die sexuellen Übergriffe enthüllte, war ich sehr schockiert, denn wir hatten vermutet, dass mit diesen Frauen in der Haft so etwas geschehen sein könnte.)
Heute Nacht waren die Leichen nicht so stark gefroren, aber wir konnten die Markierungen sehen, die das Eis auf ihnen hinterlassen hatte. Unter ihnen waren Mädchen, die jünger als 20 waren. Wir arbeiteten sehr schnell, und mit der Hilfe der Männer waren wir um 4 Uhr morgens mit 14 von ihnen fertig. Dann brüllten die Männer uns an, wir sollten die anderen begraben, ohne sie zu waschen und einzuwickeln. Das haben wir auch getan. Bis 5 Uhr hatten wir 17 Leichen begraben. Sie sagten uns, wir sollten die letzten sechs zudecken und sie begraben lassen, aber ihr Boss sagte, dass es bereits zu spät sei und nur noch wenig Zeit war bis Sonnenaufgang, so dass der Rest in der folgenden Nacht erledigt werden müsste."

Meine Mutter hatte Tränen in den Augen. Sie sagte, sie müsse morgen wieder hingehen, es wäre die letzte Nacht. Meine Mutter hatte von ihren Kolleginnen gehört, dass diese Leichen alle von den jüngsten Protesten gegen die Wahl stammten. Am 15. Juli fuhr sie wieder nach Behesht-e Zahra, und ich konnte nicht schlafen. Ich wartete auf sie. Sie kam gegen 7 Uhr morgens zurück. Ich lief zu ihr und griff nach ihren Händen. Sie setzte sich hin und sagte, ich solle nicht weitersagen, was sie mir erzählt hätte. Sie sagte, dass sie in dieser Nacht die Leichen ohne Vorbereitung begraben hätten, und dazu noch die restlichen Leichen der vorigen Nächte.
Einige Wochen später hörte meine Mutter, dass nicht alle Leichen nach Behesht-e Zahra gebracht worden waren, sondern einige auch an unbekannte Orte. Einer der Angestellten des Bestattungsdienstes, mit dem wir befreundet sind, sagte, dass sie einige Gräber leer lassen mussten, und wenn jemand seinen verstorbenen Angehörigen beerdigen lassen wollte, sollten sie diese leeren Gräber benutzen. Die Nummern der Gräber brauche ich nicht zu sagen, denn die wurden ja von BBC genannt.

Ich sollte noch sagen, dass sie [BBC?] in ein paar Tagen mit dem Direktor von Behehst-e Zahra darüber sprechen werden, warum er Nummern statt Namen für die Gräber verwendet hat. Ich gebe diese Informationen weiter, obwohl ich geschworen habe, es nicht zu tun. Es ist mir egal, was passiert. Auch wenn sie für Mousavi waren und ich gegen sie war, so waren sie trotzdem meine Mitbürger, und mein Leben ist nicht mehr wert als ihres.

Mittwoch, 26. August 2009

Student in Mashhad verhaftet - Bericht 26. August

Übersetzung aus dem Englischen: Julia
Englische Quelle: Übersetzung aus dem Persischen auf Facebook-Gruppe "English Translations of Persian Articles" (http://www.facebook.com/group.php?gid=249669090695#/group.php?gid=249669090695)
Persische Quelle: http://www.autnews.cc/


Einen Monat nach seiner Verhaftung berichtet ein Student der Ferdowsi-Universität in Mashhad über seine Entführung und brutale Schläge.

Khabarnameh, der Newsletter der Amirkabir-University of Technology, berichtet, dass A. G., ein Student der Ferdowsi-Universität in Mashhad, am 14. Juli 2009 von Sicherheitskräften im Pounak-Distrikt in Teheran verhaftet wurde. Er wurde geschlagen und beleidigt und dann an einen unbekannten Ort verbracht.

Nach den brutalen Schlägen verhafteten ihn die Sicherheitskräfte und die Zivilpolizisten, ohne einen Haftbefehl vorzuzeigen, und brachten ihn in ein ihm unbekanntes Internierungslager.

Eine Woche nach seiner Verhaftung wurde er dann von diesem Ort aus ins Evin-Gefängnis verlegt, wo er in Einzelhaft kam. Wie Khabarnameh schreibt, wurde ihm trotz seiner Verletzungen und Schädel- und Fingerfrakturen von den Gefängnisbeamten nicht gestattet, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Während der Verhöre waren ihm stets die Augen verbunden. In mehreren Fällen wurde er von schwarz maskierten Befragern schwer geschlagen und physisch und mental misshandelt.

Während seiner Haft wurden ihm verschiedene Vergehen vorgeworfen, darunter Blasphemie, Verbindung zu ausländischen Quellen, Aktionen gegen die nationale Sicherheit, Ruhestörungen und Beteiligung an der Zerstörung öffentlichen Eigentums.

Wegen seines kritischen physischen Zustands wurde er gegen eine Kaution von 50.000 $ aus dem Evin-Gefängnis entlassen, um medizinisch behandelt zu werden.

Dienstag, 25. August 2009

Interview Alireza Beheshti 23. (?) August 2009

Übersetzung aus dem Englischen: Julia
Quelle: http://enduringamerica.com/2009/08/25/iran-interview-mousavi-advisor-beheshti-on-the-election/

In einem Interview am vergangenen Wochenende mit der Zeitung Etemad hat Mir Hossein Mousavis Berater Alireza Beheshti auf die Ereignisse des Wahltags und der Zeit bis Mitte Juli zurückgeblickt. Das Interview ist eine Schatztruhe voller Informationen und Hinweise auf die Strategien sowohl der Mousavi-Kampagne als auch des Regimes.
Es liefert neue Enthüllungen über den Verlauf der Proteste und die Koordination zwischen Mousavi und Hashemi Rafsanjani vor dem Freitagsgebet vom 14. Juli. Am Schluss beantwortet Beheshti die Frage "Falls man Sie verhaften will - sind Sie bereit?"
mit “Ja, nicht nur ich, sondern auch alle anderen Mitglieder meiner Familie".

(Die Originalübersetzung befindet sich auf der Facebook-Seite von Mir Hossein Mousavi. Wir haben die englische Grammatik leicht verändert, wenn dies zur größeren Klarheit erforderlich war).

Frage (F): Sie sind einer der engsten Mitarbeiter von Herrn Mousavi. Was ist am Wahltag in der zentralen Hauptgeschäftsstelle passiert? Was hat Herr Mousavi an jenem Tag getan?

Antwort (A): Die Geschäftsstelle war auf mehreren Gebieten aktiv, aber an diesem Tag spielte sich das wichtigste beim Komitee zur Sicherung der Stimmen ab. Dieses Komitee hatte ein System zur direkten online-Kommunikation mit unseren Beobachtern in den Wahllokalen eingerichtet.
Natürlich hatte nur eine begrenzte Anzahl von Beobachtern die Genehmigung, in den Wahllokalen anwesend zu sein. Wenn die Behörden sagen "Mehr als 40.000 Vertreter von Mousavi waren in den Wahllokalen anwesend", so sieht die Realität etwas anders aus. Wir hatten etwa 40.000 Freiwillige, für die wir Genehmigungen beantragt hatten, aber nur 25.000 von ihnen haben die Genehmigung und die Plaketten erhalten. Für die übrigen wurden keine Plaketten ausgestellt, und sie durften nicht bei den Wahlkabinen anwesend sein. Auch viele der Freiwilligen, die eine Plakette hatten, wurden aufgefordert, die Wahllokale zu verlassen. Man hat versucht, unsere Beobachter von ihrer Arbeit abzuhalten.
Wir hatten vorhergesehen, dass die Kommunikationsbehörde den drahtlosen Dienst unterbrechen würde, insbesondere den SMS-Service, also hatten wir mit ihnen im Voraus Kontakt aufgenommen, und sie hatten uns diese Dienste für den Wahltag zugesichert. Wir hatten außerdem die Anzahl der Festnetzleitungen im Zentralbüro erhöht. In der Nacht vor dem Wahltag wurden alle drahtlosen Dienste einschließlich SMS geschlossen. Als wir an diesem Abend die für das Komitee installierten Festnetzleitungen benutzen wollten, stellten wir fest, dass alle 300 Leitungen außer Betrieb waren.
Herr Mousavi war ebenfalls anwesend und arbeitete beim Komitee zur Stimmensicherung mit.

F: Als Sie die Unterbrechung der Telefondienste bemerkten - haben Sie den Rat von juristischen Stellen eingeholt?

A: Die Mitarbeiter der Zentrale und auch Herr Mousavi selbst haben wegen dieser Fragen viele Kontakte zu Behörden gehabt, sowohl vor, als auch während, als auch nach dem Wahltag.

F: Wer wurde kontaktiert, in welchem Büro?

A: Wir haben das Innenministerium kontaktiert, wir haben Vertreter dorthin geschickt. Wir haben den Wächterrat konsultiert, das Justizministerium, sogar den Stellvertreter von Ayatollah Khamenei haben wir um Rat gefragt. Wir haben alles getan, was wir konnten, haben aber keinen echten Willen zur Lösung dieser Probleme erkennen können.

Zur selben Zeit haben wir aus dem, was unsere Beobachter uns mitteilen konnten, von massiver Unterstützung seitens der Wähler erfahren - positive und ermutigende Worte von Mousavis Wählern, die aus den Wahllokalen zurückkehrten. Es war gegen 2 Uhr morgens, als wir merkten, dass es bei der Wahl ernstere Probleme gab. Bis dahin war die besorgniserregendste Nachricht gewesen, dass es in manchen Städten, sogar in Großstädten wie Tabriz und Shiraz, nicht genügend Registrierungsformulare für Wähler gab. Es gab auch das Problem der verlängerten Öffnungszeit für Wahllokale. In den meisten vorangegangenen Wahlen hatten die Behörden immer die Öffnungszeiten verlängert, um eine maximale Beteiligung zu erreichen. Bei dieser Wahl jedoch schien es anders zu sein. In manchen Distrikten wurden die Wahllokale schon um 19:30 geschlossen und die Wahlen gestoppt. Das war sehr merkwürdig.

F: Was geschah um 2 Uhr morgens?

A:Es hatte den Anschein, als wären die Behörden nicht länger daran interessiert, die eigentlichen Stimmen zu zählen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Fokus auf "Computer-Stimmenzählung" verlagert - etwas, was eigentlich als Experiment gedacht war.

F: Es ist gesagt worden, dass Ali Larijani [Parlamentssprecher] Herrn Mousavi am Wahltag angerufen und ihm zu seinem Sieg gratuliert hat. Können Sie das bestätigen?

A: Ich erinnere mich nicht an diesen speziellen Anruf, aber ich weiß, dass an diesem Tag viele Beamte und Institutionen anriefen und Herrn Mousavi gratulierten. Die Stimmendifferenz war so groß, dass niemand sich vorstellen konnte, dass das Wettrennen zwischen Mousavi und Ahmadinejad in eine zweite Runde gehen könnte.

F: Gab es einen Gratulationsanruf von Regierungsmitarbeitern?

A: Daran kann ich mich im Moment nicht erinnern.

F: Was war es, was Herrn Mousavi veranlasste, am Wahltag um 23 Uhr seinen Wahlsieg zu verkünden? Dies hat bei den gegnerischen Kandidaten viel Kritik hervorgerufen.

A: Die offiziellen und regierungstreuen Medien hatten Ahmandinejads Wahlsieg in den frühen Abendstunden verkündet. Wir hatten sogar Informationen, dass Zeitungen, die Ahmadinejad unterstützen, ihre Seiten über den Wahlsieg am Donnerstag [der Tag vor der Wahl] vorbereitet hatten. In manchen Fällen haben sie die Seiten modifiziert, so dass sie neutral wirkten. Es war offensichtlich, dass die Wahl sich in eine illegale Richtung entwickelte. Wir hatten bestimmte Statistiken, hatten auch Informationen über Kontakte, die bestätigten, dass Herr Mousavi der Sieger war. Das war der Grund, warum Herr Mousavi sich entschloss, seinen Sieg zu verkünden.

F: Am Wahltag haben wir Angriffe und die erzwungene Schließung der Wahlzentrale Mousavis durch die Behörden gesehen. Wann haben Sie die Behörden kontaktiert, aus welchem Grund haben sie das getan?

A: Einer der sehr verdächtigen Punkte am Wahltag waren die Razzien gegen Mousavis Wahlzentralen und deren illegale Schließungen. Zum Beispiel wurden die Zentralen in Gheytarieh und bald darauf die Hauptzentrale ohne irgendeinen offiziellen Vollstreckungsbewehl geschlossen. Die Behörden, mit denen wir Kontakt aufnahmen, haben uns keine Antwort gegeben und keinen Grund dafür genannt. Unsere Anfragen dazu waren immer einseitig, wir schrieben Briefe und reichten Berichte ein, bekamen aber nie Antworten oder sahen irgendwelche Aktionen seitens der Behörden.

F: Die Bekanntgabe der Stimmenauszählung begann um Mitternacht und dauerte bis 9 Uhr am nächsten Tag [Samstag]. Zwischen 9 Uhr und 12 Uhr Mittags gab es keine Nachrichten. Wie war die Situation in dieser Zeit in den Wahlzentralen, und wie ging es Herrn Mousavi?

A: Wir blieben bis 5 Uhr morgens wach und ruhten uns dann etwas aus. Wir hörten die offiziellen Nachrichten. Die Reaktion der Gegenseite war uns seit 2 Uhr am Vortag klargeworden. Darum waren wir nicht mehr schockiert, als wir die Nachrichten hörten, aber wir waren schockiert über einige Kommentare und Reaktionen seitens des Wächterrats.

F: Am Samstag, nachdem das Endergebnis bekanntgegeben worden war - was plante Herr Mousavi vor dem Hintergrund der ihm vorliegenden Wahlstatistiken?

A: Wir konnten nichts tun, denn unsere Kontakte, die Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe beobachtet hatten, waren am selben Tag verhaftet worden. Die Mitarbeiter der Wahlzentralen wurden innerhalb von zwei Tagen nach der Wahl verhaftet und mit gefälschten Anklagen ins Gefängnis gebracht. Am Samstag waren wir damit beschäftigt, herauszufinden, wer verhaftet wurde, warum unsere Büros geschlossen worden waren, und mit vielen anderen Fragen.

F: Aber am selben Tag kamen viele Menschen auf die Straßen, um zu protestieren, und manche zahlten einen hohen Preis. Wo waren Herr Mousavi und sein ursprüngliches Team an diesem Tag, und was haben sie gemacht?

A: An diesem Tag hatten wir Meetings, denn es ist immer Herrn Mousavis Prinzip gewesen, gewaltsame Konfrontationen zu vermeiden und die Risiken für die Menschen zu minimieren. Wir trafen uns, um einen Sonderaktionsplan zur Erreichung unserer Ziele zu formulieren. Andererseits hatten wir, und haben nach wie vor, keine Intention, die Regierenden zu stürzen. Wir haben uns innerhalb des vom etablierten System vorgegebenen Rahmen beteiligt. Unsere Absicht war es, mit unseren Protesten innerhalb dieses Rahmens zu bleiben.

F: Wir haben schockierende Szenen der sozialen Unruhen zwischen dem Wahltag und dem 15. Juni gesehen. Für den 15. Juni hatten sowohl Herr Mousavi als auch Herr Karroubi Genehmigungen für Demonstrationen beantragt, beide wurden abgelehnt. Trotzdem hielten die Menschen an diesem Tag massive Demonstrationen ab. Haben Sie mit einer derartig hohen Beteiligung gerechnet?

A: Nein, ganz sicher konnten wir uns die Menschenmassen nicht vorstellen, die zu den Demonstrationen kamen. Wie Sie schon sagten, hatten sowohl Herr Mousavi als auch Herr Karroubi Demonstrationsgenehmigungen beantragt, und wir erhielten keine Antwort. Selbst am Mittag dieses Tages wussten wir nicht, ob die Anträge genehmigt oder abgelehnt werden würden. Mittags bekamen wir die Nachricht, dass die Genehmigungen nicht erteilt werden würden. Da wir keinen Zugang zu den nationalen Medien hatten, konnten wir die Menschen nicht darüber informieren und sie nicht auffordern, zu Hause zu bleiben. Wir wollten Sendezeit im nationalen Fernsehen haben, aber auch dies wurde uns nicht genehmigt. Das ist der Grund, warum sowohl Herr Mousavi als auch Herr Karroubi beschlossen, sich an den Demonstrationen zu beteiligen, damit mögliche gewaltsame Zusammenstöße mit Sicherheitskräften vermieden werden könnten.
Wir hatten drei Möglichkeiten, die Proteste zu organisieren. Wir vermieden die, die zu gewaltsamen Zusammenstößen außerhalb des etablierten Rahmens führen würden, und entschieden uns für gewaltlosen zivilen Protest. Die Menschen haben diesen Weg in den Demonstrationen vom 15. Juni akzeptiert. Dies war von uns beabsichtigt gewesen.
Eine weitere Maßnahme bestand darin, dass die wichtigsten Mitglieder der Wahlzentralen auf die Straßen gingen, um mit den Menschen zu reden und sie dazu zu bringen, nach Hause zu gehen. Als wir aber die riesige Welle von Menschen sahen, schlossen wir uns ihnen selbst an. Da die Demonstration nicht genehmigt war, hatten wir kein Disziplinarkomitee organisiert, aber wir sahen, dass die Menschen am 15. Juni bei den Demonstrationen ohne Schwierigkeiten und Verwicklungen dort teilnehmen konnten. Selbst die wenigen Menschen, die Slogans außerhalb des Rahmens skandierten, wurden von den Menschen selbst kontrolliert.
Vor der Wahl waren die Anhänger von Mousavi und Ahmadinejad in den Hauptstraßen der Stadt
[ohne Gewalt] aufeinander getroffen. Damals sagte ich zu einem Freund in der Zeitung "Kalameh Sabz", wenn dies in einem frühen Stadium der Wahl passiert wäre, wäre mit Sicherheit ein blutiger Konflikt daraus entstanden. Diese Begebenheit zeigt, dass die Menschen ein hohes politisches Bewusstsein und Verständnis erreicht haben und keine Schuld tragen an den Brutalitäten, die nach der Wahl passierten.

F: Vor dem Hintergrund der großen Präsenz der Menschen bei der Demonstration vom 15. Juni schien es, dass die Regierung ihre Methode und Ihren Ansatz für die Wahl ändern würde, aber nichts dergleichen geschah. Haben Sie etwas unternommen, um diese Veränderungen zu erreichen?

A: Wir haben viele Ziele verfolgt. Wir haben mehrere Treffen mit vielen verschiedenen rechtlichen Behörden organisiert, um die Wahl grundsätzlich zu überprüfen, denn die Forderung der Menschen war weder die nach einem Regierungswechsel, noch die nach einem Wechsel der generellen Machtstruktur. Ihre einzige Forderung war die Veränderung der Exekutive des Regimes und der Regierung.

….[Die Machthaber] hätten den Wunsch des Volkes mit Hilfe der legalen Instrumentarien erfüllen müssen, aber sie taten das nicht. Wir haben keine Hoffnungen in den Wächterrat gesetzt, von dessen Mitgliedern viele vor der Wahl Dienststellungen zu Gunsten Ahmadinejads besetzt hatten.

F: Es gab Berichte, nach denen Mousavi gesagt haben soll, dass er sich für die nächste Runde nicht nominieren lassen würden, wenn die Wahl für ungültig erklärt würde. Stimmt das?

A: Der Punkt ist, dass einige Personen der Obrigkeit persönliche Probleme mit Herrn Mousavi hatten. Also sagte er: Wenn Sie diese Wahl wiederholen und ich das einzige Problem dabei bin, werde ich mich für die nächste Runde nicht nominieren.

F: Drei Tage nach der Wahl trafen die Vertreter der Kandidaten mit dem Obersten Führer zusammen. Was geschah bei diesem Treffen?

A: Was gesendet wurde, waren die Worte des Obersten Führers; das, was die Vertreter gesagt haben, wurde nicht veröffentlicht. Bei dem Treffen haben die Vertreter der drei Oppositionskandidaten ernsthafte Einwände gegen die Wahl geäußert und die Annullierung gefordert. Sie haben Beispiele für Rechtsverletzungen und Betrug angebracht. Was der Führer bei diesem Meeting sagte, war sehr ermutigend, und der folgende sicherheitsorientierte Ansatz der Regierung für die nächste Demonstration war ein gutes Zeichen, dass das Regime friedlich agieren würde.

F: Was war es, das an jenem Freitag [19. Juni] geschah und die Ereignisse des Samstag [20. Juni] auslöste, als die Reaktion heftig wurde, die Gewalt eskalierte und der Preis für die Menschen sehr viel weitreichender wurde?

A: …. Die Menschen waren nicht gegen das System, sie waren lediglich gegen die Wahl, die innerhalb des Systems stattgefunden hatte. Sie forderten keinen Systemumsturz. Weder das Volk noch die Kandidaten der Präsidentschaftswahl in der Islamischen Republik Iran forderten einen Umsturz... Die Einmischung seitens des Regimes führte jedoch dazu, dass die Menschen das System stürzen und demontieren wollten.
Dies ist der Grund, warum an jenem Samstag solche Dinge passierten und die Sicherheitskräfte sehr viel heftiger reagierten als vorher.

F: Zu jenem Zeitpunkt wurde [der frühere Präsident] Hashemi Rafsanjani gar nicht erwähnt. Hat Herr Mousavi sich mit Herrn Hashemi getroffen?

A: Nein, denn das Problem lag ja bei den Kandidaten, nicht bei Hashemi oder gar [Ex-Präsident] Khatami. Die Angelegenheit stand im Zusammenhang mit der Wahl, und es gab keinen Grund, diese beiden Herren mit hineinzuziehen.

F: Aber wir sahen, dass diese beiden Herren nach einiger Zeit am Protest beteiligt waren.

A: Ja, als das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte intensiviert wurde und die Frage nach der Zukunft des Systems aufkam, betraten Hashemi als einer der Unterstützer des Systems sowie Herr Khatami die Bühne. Dieses bedauerliche Verhalten [der Regierung] gegenüber dem Volk, dieses Verhalten, das wir nicht sehen wollten, ist leider geschehen. Wir wussten auch, dass es keinen Raum mehr für zivile Methoden geben würden, sollte sich die Atmosphäre noch mehr militarisieren.

F: Jedes Jahr wurden die Feierlichkeiten zum Tag des 7. Tir offiziell [ein Platz in Teheran] abgehalten, doch in diesem Jahr haben sich die Menschen während der Zeremonie in der Qoba-Moschee [am 28. Juni] auch in die Shariati-Straße bewegt. Was war der Grund?

A: Wir selbst hatten jedes Jahr eine Zeremonie abgehalten, aber dieses Mal war Herr Mousavi anwesend, und natürlich haben viel mehr Menschen teilgenommen. Wir hatten absolut nicht mit so vielen Menschen gerechnet. Aus diesem Grund war es geplant, die Zeremonie innerhalb der Moschee abzuhalten. Dadurch konnten wir allerdings nicht die vollständige Zeremonie durchführen. [Präsidentschaftskandidat Mehdi] Karroubi war bei der Zeremonie anwesend, und Herr Mousavi wollte ebenfalls kommen, doch er kam auf den Straßen nicht durch. Das lag erstens an den Menschenmassen dort und zum anderen an den Sicherheitskräften. In dieser Situation war alles, was ich tun konnte, einen Sprecher von der Polizei dazuzuholen, der die Menschen darüber informierte, dass Mousavi nicht kommen könne.

F: Hat das Sicherheitszentrum vor der Zeremonie mit Ihnen Kontakt aufgenommen?

A: Ja, das Sicherheitszentrum war nach der Auflösung der Zeitung Kalameh Sabz in engerem Kontakt mit uns. Sie haben an wechselnden Tagen mit uns Kontakt aufgenommen. Vor der Zeremonie in der Qoba-Moschee kontaktierten sie uns ebenfalls und erinnerten uns daran, dass sie sich um die Menschen und ihren Protest kümmern würden. In der Zeremonie in der Qoba-Moschee gab es bis zum Schluss keine Gewalt. Leider wurde das Vorgehen gewalttätig, als die Menschen sich Richtung Shariati-Straße bewegten.

F: Warum wurde die Zeitung Kalameh Sabz aufgelöst?

A: Das Büro der Zeitung kontaktierte mich und sagte mir, es seien Sicherheitskräfte ins Redaktionsbüro gekommen. Ich fuhr hin... sie durchsuchten alles, und als ich sie fragte, warum, antworteten sie, dass während der Demonstrationen zum 7. Tir [oder auf dem 7-Tir-Platz am 20. Juni?] einige Protestteilnehmer im Büro Zuflucht gesucht hätten, andere hätten vom Dach aus fotografiert. Später fand ich heraus, dass ihre Behauptungen nicht stimmten, aber selbst wenn sie gestimmt hätten, darf eine Presse- oder Nachrichteninstitution Fotos von wichtigen Ereignissen machen. Wenn ein Reporter keine Fotos davon machen würde, so würde man ihn fragen, warum er es nicht getan hätte und wo er gewesen sei. Was ist falsch daran, Fotos von einer Demonstration zu machen?

Der Chef eines der Sicherheitsteams kam und forderte uns auf, einige Papiere zu unterschreiben. Auf den Papieren stand, dass einige "scmutzige" CDs gefunden worden seien. Sie verhafteten einige Mädchen und Jungen. Ich habe nichts unterschrieben und gefragt, wann diese Dinge hier geschehen seien. Jedenfalls wurde das Büro an jenem Tag geschlossen, und die Journalisten kamen, um ihr Gehalt in Empfang zu nehmen.

F: Was geschah, als Mousavi zum Freitagsgebet [am 14. Juli?] kam? Hatte er sich mit Hashemi Rafsanjani koordiniert?

A: Ja, es geschah in Koordination mit Herrn Hashemi. Er hatte Herrn Karroubi und Herrn Mousavi gebeten, zum Freitagsgebet zu kommen. Gleichzeitig wollten die Sicherheitskräfte seine [Mousavis] Anwesenheit verhindern, und er wollte nicht, dass die Atmosphäre sich verschärfte. Doch er kam, und die Reaktion der Menschen war sehr positiv.

F: Ist es möglich, dass Herr Mousavi oder seine Verwandten verhaftet werden?

A: Nein, ich glaube nicht, dass sie das tun können. Das würde erneut zu einer Atmosphäre erhöhter Spannung und Stress führen.

F: Wenn man Sie verhaften will - sind Sie bereit?

A: Ja, nicht nur ich, sondern auch alle anderen Mitglieder meiner Familie sind bereit.

Montag, 24. August 2009

Vergewaltigungsopfer in iranischem Gefängnis: selbst Schuld

Iran: Beamte geben mutmaßlichem Vergewaltigungsopfer die Schuld für die im Gefängnis auf ihn verübten Übergriffe

Übersetzung aus dem Englischen: Julia
Original veröffentlicht bei Iran Quest am 24. August 2009 (Titel: "Iran: Officials blame alleged rape victim for his own jailhouse attack" http://iranquest.com/?p=10410)

Iranische Behörden haben ein mutmaßliches Opfer von Vergewaltigung im Gefängnis durch Sicherheitskräfte befragt. Doch anstatt ihn zu trösten, stellten sie ihm unangenehme Fragen und gaben ihm die Schuld für die Gewalt.

Gemäß einem auf der Webseite eines prominenten Reformpolitikers veröffentlichten Bericht über die vermutete Vergewaltigung sagten sie, der junge Mann sei wegen seiner Teilnahme an den Protesten gegen die Wahlergebnisse vom 12. Juni selbst Schuld.

“Ich fragte sie, warum ich und andere im Gefängnis vergewaltigt wurden". Der junge Mann sagte, er habe zwei Verhörbeamte und einen Richter gefragt, die der Anhörung seiner Geschichte zugestimmt hätten, so die Webseite des früheren Parlamentssprechers Mehdi Karroubi. Einer der drei habe geantwortet: "Als der Oberste Führer das Wahlergebnis bestätigte, hätte es jeder anerkennen müssen."
Die Geschichte des jungen Mannes über seine Vergewaltigung, die letzte in einer Serie grauenhafter Geschichten aus Irans Haftanstalten, wurde heute auf der Webseite von Karroubis Partei Etemaade Melli veröffentlicht.

Der junge Mann sagte, er sei nach seiner Inhaftierung in Teherans mittlerweile berüchtigtem Internierungslager Kahrizak von Wachmännern vergewaltigt worden. Er sei durch diese Erfahrung zunächst tief gedemütigt gewesen und habe sich das Leben nehmen wollen, wurde dann aber von dem Geistlichen Karroubi getröstet, der ihm geholfen habe, seine Fassung und seine Selbstachtung zurückzugewinnen.

“Er hat sich wie ein Psychiater für mich eingesetzt, um mich davon zu überzeugen, dass ich unschuldig bin", sagte er dem Bericht zufolge. "Er führte religiöse Beispiele and, und schließlich war ich überzeugt, dass jemand, der mit gefesselten Händen und Füßen vergewaltigt wird, kein Sünder ist, sondern im Gegenteil ein Unterdrückter."
Am 24. Juli traf das mutmaßliche Opfer mit einem Beamten im Büro des Generalstaatsanwalts zusammen, den er als respektvoll und mitfühlend beschreibt.
Etwa vier Wochen später begannen der Richter und die beiden Befrager, ihn einem Kreuzverhör zu unterziehen und forderten ihn auf, alles aufzuschreiben, was geschehen war. Sie stellten ihm peinliche Fragen über das Ausmaß der Penetration, und ob er die Vergewaltigung genossen habe.
Er sagte, sie seien weniger daran interessiert gewesen, zu erfahren, wer die Täter waren, als daran, warum er Karroubi um Hilfe gebeten hätte.
Karroubis Webseite bezeichnete den Bericht des jungen Mannes als den ersten von weiteren, die möglicherweise in den kommenden Tagen veröffentlicht werden würden

– Los Angeles Times

Sonntag, 23. August 2009

Healing the Green Soul - helping victims of rape crimes

Posted by @sp4rrowh4wk on
http://iran.whyweprotest.net/news-current-events/32283-families-friends-rape-survivors.html


****This information is "first response", it is important to work with a local counselor, therapist, psychologist familiar with trauma-specific therapy on a regular basis as soon as possible.****

this information is provided by a therapist with specialized training in the treatment of the psychological effects of sexual and other abuse in both adults & children. they have worked in this field for almost 20 years. their blog appears here:
Healing the Green Soul

all information appearing in this post is reprinted directly from that blog, or modified from the same user's posts elsewhere in this forum.

this is a list of "first response" actions for those who have incurred psychological damage due to assault, sexual abuse, torture or imprisonment. It is not to take the place of professional intervention. The intended audience is the friends and families of survivors of rape and other abuse who have recently been released from detention in Iran.

please feel free to repost elsewhere. please do not add to this information, except to post translations. my therapist friend assures me that much more harm than good may come of unqualified interference from well meaning people who have good intentions, but lack sufficient training and experience.

as a combat veteran myself, and a witness and participant in much of the last two months here, i am in complete agreement with them.

this information is intended to help families of victims who have absolutely no experience in dealing with these issues. it is important to realize that in the Persian Gulf, rape is severely stigmatized, and the victim is often blamed as much or more than the perpetrator.

translations in any language are welcome. i will be (carefully) going to the university later tonight. God willing, i will return with some assistance. @onlyMehdi on Twitter will be attempting to post a translation on Healing the Green Soul .

Triage for emotional trauma resulting from abuse

1. It is normal to feel "numb" or to have mood swings. It is important for family, friends & loved ones not to criticize. Pay attention for signs of self-harm or aggression toward others. If a survivor seems suicidal or homicidal, seek professional help immediately.

2. It is important for family, loved ones, & friends to let the survivor know he/she is not alone and they are there to support the survivor.

3. One of the psychic injuries of rape, torture and/or trauma is a lack of control. Allow the survivor to do as much as he/she is able and wants to do. Listen if they want to talk, but do not push for information. This helps decrease anxiety & assists in regaining a sense of control.

4. It is crucial to get professional help as soon as possible from someone trained in providing treatment to survivors. The closer in time treatment starts, the less severe the long-term aspects. For physical & sexual abuse immediate medical attention is crucial.

5. Be aware of "masking", a far away, blank expression with survivors. This is an indicator of "flashbacks" or disassociation (becoming unaware of the environment but still able to speak, act, etc.). If observed, using a repeated meaningful word (ex. 'safe' or 'home') & gently touching the person (if they are not reactive to touch) or maintaining eye contact will help keep the person in the "here & now".

6. If nightmares & sleepwalking occur, do not wake the person. Try to guide them back to bed. Monitor the survivor during their sleepwalking to prevent injury.

7. It is common for a person to feel fine & not show any symptoms for 6-12 months after the last abuse incident, then suddenly start to show symptoms (ie, crying, lack of sleep, or anxiety attacks). This is part of the reason immediate treatment is crucial. It prevents the development of symptoms.

8. Many times the thoughts and feelings of the abuse are too strong for words. It is helpful for the survivor to write, draw, read poetry, sculpt, paint or create to let go of these emotions. It also helps the survivor in gaining a sense of control.

9. The survivor might emotionally distance him/herself from loved ones & friends. This is similar to a cast for a broken bone. While respecting the individual's space, be there for them. Sit in silence with them, eat meals together, walk together. This provides the survivor with a sense of belonging and security.

10. Remember, if the person is alive and away from the one who inflicted the abuse, the person is no longer a victim: they are a survivor who is recovering from the abuse. Caregivers & friends should avoid expressions of pity. Instead, please express admiration for the strength, courage, and creativity it took for the person to survive the abuse.

11. Avoid saying what you want to happen to the perpetrator of the abuse. The survivor gains a sense of control and power when deciding consequences for the abuser.

12. Certain sounds, odors, sights, or even movements may "trigger" memories of the abuse. These triggers can cause flashbacks or disassociation. The survivor needs to avoid the triggers until a professional is able to help him/her become desensitized (non-reactive) to the trigger.

13. Caregivers, friends & family member need to avoid projecting their emotions into the survivors experiences. Example: Survivor talks about about being beaten with a baton. Family member says,"You must have been mad". FAIL The caregiver does not know how the survivor felt; this takes away the survivor's right to feel whatever he/she wants, and the survivor might not be ready to deal with the feelings.*

Helpful response: "what were you feeling or thinking when that happened?" Caregivers need to be ready to accept the survivor's response.

*Often when people are imprisoned or abused for a long time they develop Stockholm Syndrome ( this functions as a survival mechanism, and builds a positive emotional relationship with the perpetrator). Trained professionals need to work through Stockholm Syndrome with the survivor due to the sensitivity of the thought & emotional issues.

14. Routine, structure, and predictability are extremely important to undo the shock,fear, anxiety, and unpredictability of trauma. Routine and structure also help decrease symptoms of depression.

15. Attending groups with others who have had similar experiences under the guidance of a professional are helpful to decrease the feelings isolation & help with feelings of shame & guilt.

16. Family members, friends & caregivers are likely to experience secondary trauma with emotional symptoms similar to a person who has experienced abuse first hand (this is especially true for children whose parent has been traumatized). Professional help & support groups are helpful.

Special considerations for children

1. Children who have been sexually abused are especially vulnerable because the have not been exposed to sexual issues. A talk about "good touch/bad touch" helps to keep "private parts" private.

2. Children tend to "play out" (demonstrate in their playing) what they do not understand. Abused & traumatized children need to be supervised with peers & redirected if they try to "play out" the abuse. It is important to have traumatized children work with a professional who specializes in doing trauma specific therapy to help the child in developing appropriate interaction skills with other children.

3. Children usually do not have the words to talk about what happened or their feelings regarding these events. Encourage drawing, painting, and puppet or doll play to help them completely express (in ways they are able) what has happened and their feelings.

4. Help the child identify their "special people" (those with whom the child has a positive bond) to go to when the child does not feel safe. It is helpful to have the child carry a picture or some other kind of remembrance of the person. Special toys (stuffed animals, dolls, action figures) are also helpful in this regard.

The most important thing to do to help a survivor of abuse, rape, torture or imprisonment...

Believe what they tell you about their experiences

****This information is "first response", it is important to work with a local counselor, therapist, psychologist familiar with trauma-specific therapy on a regular basis as soon as possible.******

Representatives Are Lying - Deutsch

Übersetzung aus dem Englischen: Julia
Quelle: www.twitter.com/@iranbaan: My Report: Representatives Are Lying
http://bit.ly/ckU2q


21. August 2009

Die Abgeordneten lügen

Der Sprecher des Komitees zur Untersuchung der Haftbedingungen für die in letzter Zeit beim Obersten Nationalen Sicherheitsrat inhaftierten Häftlinge hat am Dienstag vier politische Gefangene besucht und berichtete, sie hätten sich zufrieden über die Bedingungen im Gefängnis und das Verhalten des Wachpersonals und der Beamten geäußert. Er fügte hinzu, ihre Haftbedinungen seien gut.

Die Familien von Häftlingen haben Rooz (Online-Zeitung "der Tag", d. Übers.) gegenüber jedoch mitgeteilt, dass sie nicht nur besorgt über den Zustand und das Schicksal ihrer inhaftierten Angehörigen seien, sondern sich auch fragen: Wenn das, was die Behörden sagen, wahr ist, warum dürfen die Gefangenen dann weder telefonischen Kontakt noch Besuch haben?

Im Gegensatz zu dem, was das Komitee berichtet, haben die Familien gegenüber Rooz geäußert, dass ihre Angehörigen unter sehr schlechten physischen und psychischen Bedingungen gehalten würden. Parallel zu diesen Entwicklungen gibt es weitere Berichte über Folterungen und Schläge an Häftlingen, die zum Teil derart brutal waren, dass einige Häftlinge, darunter Abdollah Ramezanzadeh und Feizollah Arab-Sorkhi, in ein Krankenhaus verlegt wurden. Mohammad Ali Dadkhah wurde Berichten zufolge ebenfalls zusammengeschlagen. In einem separaten Interview, das in der letzten Ausgabe von Rooz erschien, berichtete Ahmad Zeidabadis Ehefrau, dass ihr Mann 35 Tage in einer sargähnlichen Kiste verbringen musste.

In diesem Zusammenhang gibt es weitere Entwicklungen: Die Journalistin und Frauenrechtlerin Zhila Bani-Yaghoub wurde gegen eine Kaution von 200 Millionen Toman (ca. $ 200.000) aus dem Gefängnis entlassen. Die Anordnung zur Entlassung von Mohammad Reza Jalaipour wurde ebenfalls ausgestellt, seine Freilassung ist für Mittwoch angesetzt. Die Kaution für Mahsa Amrabadi wurde ebenfalls festgesetzt; die Journalistin wird höchstwahrscheinlich am Donnerstag entlassen.

Saharkhizs Familie widerspricht
Der Majlis-Abgeordnete und Sprecher des Komitees für die Untersuchung zu den jüngsten Verhaftungen, Parviz Sarvari, zitierte den (inhaftierten, d. Übers.) Journalisten Issa Saharkhiz mit den Worten, seine Verhörbedingungen seien gut, das Essen und die allgemeinen Bedingungen im Gefängnis seien zufriedenstellend.
In einem Gespräch mit Rooz widersprach seine Familie dem und stellte die Frage: "Wenn die Bedingungen für diese Häftlinge so gut sind, wie diese Behörden behaupten, warum hat Herr Saharkhiz dann über 20 Kilo an Gewicht verloren?"

Mehdi Saharkhiz, der Sohn dieses renommierten Journalisten, sagte "Bei einem Treffen mit meiner Mutter hat mein Vater ausdrücklich gesagt, dass das Essen im Gefängnis ungenießbar ist und dass jeder im Gefängnis Stoffwechselstörungen entwickelt hat. Dies zeigt, dass die Aussagen dieses Abgeordneten reine Lügen sind."


"Mein Vater hat gesagt, dass er nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis Beschwerde gegen die Verantwortlichen für seine Inhaftierung einreichen wird. Wenn die Bedingungen in den Gefängnissen so gut sind, dann müssen diese Herren erklären, warum mein Vater Beschwerde einreichen will", fügte Saharkhizs Sohn hinzu. Er sagte weiter, sein Vater sei bei seiner Verhaftung so zusammengeschlagen worden, "dass seine Rippen gebrochen wurden, man verwehrte ihm Möglichkeiten einer Behandlung im Gefängnis und brachte ihn nicht einmal zum Arzt. Allein das zeigt, dass Herr Sarvari lügt."

Wenn sie ehrlich sind, sollten sie Besuche erlauben
Sarvari zitierte außerdem die Äußerungen von Behzad Nabavi, einem weiteren Inhaftierten, der angeblich seine Zufriedenheit mit den allgemeinen Bedingungen im Gefängnis, den sanitären Anlagen sowie mit der Behandlung durch die Wachen zum Ausdruck gebracht habe.

Diese Aussagen von Sarvari kamen zu einer Zeit, wo Nabavi, ein Mitglied der Organisation der Mujaheddin der Islamischen Revolution (Sazemane Mojaheddin Enghelab Islami) seit seiner Verhaftung nur ein einziges Mal und sehr kurz mit seiner Familie Kontakt hatte und seine Angehörigen keine Informationen über seinen Zustand oder seinen Aufenthaltsort hat.


Hengameh Razavi sagte gegenüber Rooz: “Wenn das, was Sarvari sagt, wahr ist, warum erlauben sie ihm dann weder Telefongespräche mit uns, noch Besuche?"


Während des kurzen Kontakts, den Nabavi nach Hause hatte, erklärte sein Befrager der Ehefrau Nabavis, dass er nicht über die Ereignisse draußen, sondern nur über die Gesundheit seiner Familie reden dürfe.


Die Angehörigen von Feizollah Arab-Sorkhi und Mostafa Tajzadeh berichteten von ähnlichen Bedingungen und haben keine Nachricht von ihren inhaftierten Ehepartnern. Tajzadeh hatte lediglich ein Mal Kontakt mit seiner Familie, wohingegen Arab-Sorkhi überhaupt keinen Kontakt hatte. Es gab außerdem Berichte, dass Arab-Sorkhi in ein Krankenhaus verlegt worden sein soll.

Zeitgleich mit der Veröffentlichung dieser neuen Berichte zitierte die Webseite "Moj Azadi" (Welle der Freiheit) am Mittwoch einen Parlamentsabgeordneten, der angab, es habe, anders als von Tajari und Boroujerdi behauptet, keine Treffen von Parlamentsvertretern mit dem früheren stellvertretenden Innenminister Mostafa Tajzadeh gegeben. Wie der Abgeordnete sagte, hätten die beiden Gesandten die Tajzadeh zugeschriebenen Äußerungen in dem Interview (dass die Bedingungen im Gefängnis gut seien) tatsächlich von Saeed Jalili, dem Sekretär des Obersten Nationalen Sicherheitsrates erhalten.

Samstag, 22. August 2009

"Basiji in the Islamic Republic" - auf Deutsch

Übersetzung aus dem Englischen: Julia
Quelle: "Devouring their own - Basiji in the Islamic Republic"
http://www.huffingtonpost.com/narges-bajoghli/devouring-their-own-the-b_b_264939.html

Sie verschlingen ihresgleichen: Basiji in der Islamischen Republik

von Narges Bajoghli

Amir Hosseini* folgte dem Aufruf Ayatollah Khomeinis zur Verteidigung der Nation und der Revolution, als Irak am 22. September 1980 in den Iran einmarschierte. Er fand sich im benachbarten Hauptquartier der Basij ein und meldete sich mit 17 Jahren freiwillig an die Front. Die Basij entstanden kurz nach der iranischen Revolution von 1979 als "große Volksmiliz", in den Worten Ayatollah Khomeinis, der der Höchste Führer der neu gegründeten Islamischen Republik wurde. Diese paramilitärische Gruppe stand unter der Federführung der Revolutionsgarden, und beide spielten im Iran-Irak-Krieg von 1980 bis 1988 eine große Rolle. Amir Hosseini schloss sich 1980 ihren Truppen an und ging kurz darauf an die Front.

Er kämpfte fünf Jahre lang sowohl an den blutigen Fronten in Khorramshahr - wo zum ersten Mal seit dem 1. Weltkrieg Schützengrabenkrieg praktiziert wurde - und später in den gebirgigen Grenzstädten des iranischen Kurdistan. Nur einmal fuhr er in dieser Zeit nach Hause: als sein Körper innerlich zu verätzen begann, nachdem er den Nerven- und chemischen Wirkstoffen ausgesetzt war, die die Iraker von ihren Kriegsflugzeugen aus auf iranische Soldaten und Zivilisten warfen.

Als hingebungsvoller Basiji, der zu einem versierten Kämpfer geworden war, kehrte Amir jedoch schon 1986 auf das Schlachtfeld zurück. Ein Jahr später, in einem Minenfeld im Süden des Landes, verlor er beide Beine und musste für den Rest seines Lebens im Rollstuhl sitzen, während die Chemikalien allmählich seine Lungen verätzen.

Amir ist einer dieser Männer, die mit grimmigem Stolz zu ihren Jahren an der Front stehen. Seine Jugend verbrachte er in den Schützengräben im Kampf gegen die Iraker (die von Europa und Amerika mit ausgeklügelten Waffen ausgestattet waren), während dieser ersten grausigen Schlachten mit nichts anderem als Maschinengewehren und Molotovcocktails, um die Iraker von iranischem Terrain zu vertreiben. Er ist ein Veteran des längsten Krieges des 20. Jahrhunderts, der mehr als 1 Millionen Menschenleben sowohl in Iran als auch in Irak forderte.

Zu Beginn der auf den Krieg folgenden Wiederaufbauphase im Iran wurde Amir jedoch zunehmend desillusioniert über die Mächtigen. Er erkannte, dass das, wofür er gekämpft hatte, nichts mit dem zu tun hatte, was die politische Elite im Namen des Krieges tat. Er sah, wie "Kriegsveteranen", die ihren gesamten Dienst in Büros weitab der Front verbracht hatten, lukrative Geschäfte zugeschanzt bekamen, er war Zeuge, wie die Wandbilder seiner toten Freunde allmählich als Werbung die Anschlagtafeln in ganz Teheran zu zieren begannen: ihr gerechter Kampf wurde wie ein Wunder-Reinigungsmittel verkauft, mit dem alle Flecken und Makel, die ganze Korruptheit der Regierung beseitigt werden sollten.

Der Krieg war vorbei, die Anstrengungen zum Wiederaufbau des Landes waren im Gange, und die Revolutionsgarden waren nicht mehr länger eine Institution zum Schutz der Nation und der Revolution - sie wurden zum größten unabhängigen Wirtschaftsimperium innerhalb des Regimes. Durch die Kombination der Wirtschaftspolitik unter Präsident Rafsanjani (1989 - 1997) mit den politischen Manövern des neuen Höchsten Führers, Ali Khamenei, ist die Islamische Republik trotz der Warnungen Ayatollah Khomeinis zu einem militarisierten Staat geworden. Tatsächlich hatte Khomeini in den 1980er Jahren erklärt, dass das Militär und die Revolutionsgarden sich aus der Politik heraushalten müssten. In seinem Testament, das ein Manifest für die Islamische Republik in der Ära nach Khomeini ist, schrieb Khomeini:

"Mein ausdrücklicher Rat an die Streitkräfte ist, sich an die Regel der Nichteinmischung des Militärs in die Angelegenheiten der politischen Parteien zu halten. Die Streitkräfte einschließlich der Armee, der Polizei der [Revolutions]Garden, der Basij und anderer dürfen keiner politischen Partei beitreten und müssen sich von politischen Manövern fernhalten. Die Revolution gehört dem Volk, und ihr Schutz ist die Pflicht aller, es ist die patriotische und islamische Verpflichtung der Regierung, des Volkes, des Verteidigungsrats und des Majlis [Parlament, d. Übers.], sich den Streitkräften sofort entgegenzustellen, wenn sie - seien es die Befehlshaber und die oberen Ränge oder die niederen Ränge - gegen das Interesse des Islam und des Landes handeln oder wenn sie politischen Parteien beitreten oder sich an politischen Manövern beteiligen wollen, was sie ohne Zweifel ruinieren wird. Es ist die Pflicht des Führers und der Revolutionsgarde, derartige Aktoinen mit Gewalt zu verhindern, um Schaden vom Land abzuwenden." (1989: 45).

Nichtsdestotrotz hat Rafsanjanis Wirtschaftspolitik zum Wiederaufbau des Landes ihn dazu gebracht, die Erhöhung der Einkünfte zur Priorität für alle Regierungsbehörden zu machen. Während des Krieges selbst hatten die Revolutionsgarden ihre wirtschaftliche Macht über die iranische Gesellschaft vergrößert. Ihr riesiges Budget war im Majles (Parlament) nicht rechenschaftspflichtig, und ihre Partnerschaften mit der einflussreichen und mächtigen Märtyrer-Stiftung (Bonyad-e Shaheed) und der Stiftung der Unterdrückten (Bonyad-e Mustazafen), beide direkt nach der Revolution gegründet, unterlagen keiner Aufsicht. Diese Stiftungen gehören zu den am großzügigsten ausgestatteten Organisationen im Staat.

Seit dem Ende des Krieges haben die Revolutionsgarden ihr wirtschaftliches Imperium immer weiter ausgedehnt, indem sie unzählige Firmen gründeten und lukrative Regierungsaufträge erhielten. Anders als andere Unternehmen erklären die Revolutionsgarden ihre Einkünfte nicht bei der Zentralbank, so dass deren Nettowert unbekannt ist. Diese Unternehmen, die den Revolutionsgarden gehören und von ihnen geführt werden, sind u. a. in den Sektoren Öl, Landwirtschaft, Straßen- und Dammbau, Autoindustrie aktiv.

Im Juli 2007 erklärte das Energieministerium, dass die Auftragnehmer der Revolutionsgarden alle öffentlichen Infrastrukturprojekte einschließlich Wasser, Elektrizität und Brücken zunächst in Westiran leiten würden. Viele dieser Verträge wurden (und werden immer noch) ohne Ausschreibung vergeben, was gegen das iranische Gesetz ist, das offene Ausschreibungen vorschreibt. Zusätzlich zu ihren Verträgen betreiben die Revolutionsgarden auch ihre eigenen "Freihandelshäfen", in denen der durchschnittliche iranische Geschäftsmann, der Waren importieren oder exportieren möchte, hohe Zölle zahlen muss.

Mit einer Mischung von Wirtschaftspolitik und politischen Manövern haben die Revolutionsgarden und die Basij alle Bereiche des öffentlichen Lebens im Nachkriegsiran betreten.

Doch nicht alle ihrer Mitglieder hängen den ultrakonservativen Elementen der Islamischen Republik an, die während der vergangenen zwei Monate die Aufmerksamkeit der Welt auf sich gezogen haben. Viele, wie Amir, unterstützen nachdrücklich die Reformer, die allmählich von den Hardliner-Fraktionen in ihren Reihen beiseite gedrängt wurden. 1997 entwickelte Amir, so wie viele andere seiner Kollegen, die noch immer an die Ideale der Revolution glaubten, eine Faszination für Mohammad Khatami, der als Präsidentschaftskandidat eine Reform innerhalb des Systems forderte. Amir arbeitete in jenem Jahr mit Begeisterung für Khatamis Präsidentschaftskampagne und seine Wiederwahl in 2001. Trotz der breiten Unterstützung für Khatami in der Bevölkerung begannen die konservativen Fraktionen innerhalb des Regimes unter der Führung des Höchsten Führers Ali Khamenei sehr bald, hart gegen die Reformer vorzugehen. Um der Reformbewegung in dieser Zeit vollständig entgegenzuwirken, ernannte der Höchste Führer mehr konservative Mitglieder der Revolutionsgarden und Basiji in politische Positionen, und diese wandten sich sehr bald gegen die Reformer.

Nach den Studentenprotesten von 1999 in Teheran erklärten 24 führende Offiziere der Revolutionsgarden in einem an Khatami adressierten Brief in der konservativen Zeitung Jomhuri-e Eslami, die Revolutionsgarden könnten "diese Situation nicht länger tolerieren" und würden handeln, sollte Khatami seine Politik nicht ändern. Als Khatamis Präsidentschaft zu Ende ging, wurden die reformorientierten Mitglieder der Revolutionsgarden in den Hintergrund gedrängt, während ihre konservativen Kollegen innerhalb der politischen und wirtschaftlichen Gefilde gut positioniert wurden, um ihre Macht zu vergrößern.

In den Präsidentschaftswahlen von 2005 waren fünf der sieben Bewerber für das Amt entweder Mitglieder der Revolutionsgarden oder hatten irgendwann die Revolutionsgarden befehligt. Die Wahl von 2005 war der Wendepunkt, an dem die konservativen Mitglieder der Revolutions-garden und Basij die wichtigsten politischen Ämter im Land beanspruchten. Nachdem Mahmoud Ahmadinejad (selbst ein ehemaliges Mitglied der Revolutionsgarden) die Wahl von 2005 gewonnen hatte, waren viele seiner Kabinettsmitglieder und fast 80 Parlamentsmitglieder formal Mitglieder der Revolutionsgarden.

Als die diesjährigen Wahlen näherrückten, wusste Amir daher genau, für wen er und seine Familie am 12. Juni 2009 stimmen würden. Mahmoud Ahmadinejad und sein Umfeld standen genau für jene Leute, die Amir zu meiden versucht hatte: Leute, die ihre Verbindungen zum Krieg als Front für Geld, Macht und Kontrolle benutzt hatten.

Am 13. Juni, nach der Verkündung der Wiederwahl Ahmadinejads zum Präsidenten mit einer großen Stimmenmehrheit, gingen Amir, seine Frau und ihr 25-jähriger Sohn auf die Straße und schlossen sich Millionen von Iranern an, die gegen das Wahlergebnis protestierten.

Auch am zweiten Tag gingen sie mit Millionen friedlicher Demonstranten, in einem Schweigemarsch, um ihre Stimmen hörbar zu machen. Angespornt von der unglaublichen Energie der Straße verließen Amir und seine Familie auch am dritten Nachmittag ihre Wohnung. Sein Sohn schob Amirs Rollstuhl, und sie schlossen sich der Menschenmenge an. Es war der Tag, an dem die Basij (dieselbe Gruppe, der Amir einst voller Stolz beigetreten war) seinen Sohn mit ihren Schlagstöcken und Gift attackierten. Amir schrie sie von seinem Rollstuhl aus an, appellierte an ihr Erbarmen. Um ihn zum Schweigen zu bringen, wandten sie sich ihm zu, schlugen ihn, um dessen Handgelenke die grünen Bänder von Mir Hossein Moussavi gewickelt waren, bis er aus seinem Rollstuhl fiel. Blutig und zerschrammt wurde er von seinen Nachbarn nach Hause gebracht. Obwohl das im Vergleich zu seinen Kriegswunden nichts war, weinte Amir in dieser Nacht unkontrolliert. Er war nicht imstande zu glauben, dass das System, für das er während seiner ganzen Jugend gekämpft hatte, das System, für das er stolz und ohne sich zu beklagen seine beiden Beine verlor, sich gegen ihn gewendet hatte. Er hatte 20 Jahre ohne seine Beine gelebt und seine Abende am Beatmungsgerät verbringen müssen, weil seine Lungen nicht mehr selbstständig atmen konnten. Und jetzt hatten sie ihn geschlagen.
Am nächsten Tag erlitt Amir einen Herzinfarkt.

Er liegt noch immer auf der Intensivstation in einem Krankenhaus in Teheran, seine Familie und seine Freunde aus Kriegszeiten sind bei ihm. "Dafür haben wir nicht gekämpft", sagen sie zu mir, und Ärger klingt in ihren Stimmen mit. "Diese Kinder da draußen mit den Schlagstöcken, die sind wie ein Krebsgeschwür für unsere Gesellschaft", sagt einer, mit Augen, die rot sind vor Ungläubigkeit und Empörung.

* Der Name wurde zum Schutz seiner Identität geändert

Narges Bajoghli, Doktorandin der soziokulturellen Anthropologie an der Universität New York, Wissenschaftlerin am MacCracken-Institut, beschäftigt sich mit der Produktion von Medien in revolutionären Gesellschaften, insbesondere mit der Rolle der Basij in der Medienproduktion im Iran.

Iranian boy tells of prison rape - Deutsch

Der 15-jährige sitzt weinend in einem Unterschlupf irgendwo in Zentraliran, gebrochen in Körper und Geist. Reza geht nicht hinaus - er hat schreckliche Angst, allein gelassen zu werden. Er sagt, er will seinem Leben ein Ende setzen - warum, ist nicht schwer zu verstehen: Weil er es wagte, das grüne Armband der iranischen Opposition zu tragen, wurde er 20 Tage lang eingesperrt, geschlagen, wiederholt vergewaltigt und dem Abu-Ghraib-Stil sexueller Demütigung und Missbrauch unterzogen, für den das iranische Regime die Vereinigten Staaten anprangert.

“Mein Leben ist vorbei. Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder auf die Beine komme", sagte er, als er der "Times" über seine Erfahrungen berichtete - unter der Bedingung, dass seine Identität nicht preisgegeben wird. Eine Ärztin, die ihn unter großen Risiken für sich selbst behandelt, bestätigte, dass er suizidgefährdet ist und dass die entsetzlichen Verletzungen zu seiner Geschichte passen. Die Familie ist verzweifelt und sucht nach Möglichkeiten, aus Iran zu fliehen.

Reza ist ein lebendiger Beweis für die von Oppositionsführer Mehdi Karroubi erhobenen Anschuldigungen, dass Gefängnisbeamte systematisch sowohl männliche als auch weibliche Gefangene vergewaltigen, um ihren Willen zu brechen. Das Regime hat Karroubi beschuldigt, die Feinde Irans durch Verbreitung von Lügen zu unterstützen und gedroht, ihn zu verhaften.

Was dem Jungen widerfahren ist zeigt auch, wie weit das Regime, das den Anspruch erhebt, sich für islamische Werte einzusetzen, für die Unterdrückung von Millionen seiner Bürger zu gehen bereit ist, die behaupten, dass Präsident Ahmadinejads Wiederwahl manipuliert war.

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Rezas Tortur begann Mitte Juli, als er mit ca. 40 anderen Teenagern während einer Demonstration der Opposition in einer großen Provinzstadt verhaftet wurde. Viele von ihnen waren zu jung, um zu wählen. Sie wurden an einen Ort gebracht, den er für einen Stützpunkt der Basij-Miliz hielt. Dort verband man ihnen die Augen, zog sie bis auf die Unterwäsche aus, peitschte sie mit Kabeln aus und sperrte sie dann einen Frachtcontainer aus Stahl.

In der ersten Nacht wurde Reza von drei Männern in Zivil ausgewählt, die sich als Häftlinge ausgaben. Während die anderen Jungen zusahen, stießen sie ihn zu Boden. Einer drückte seinen Kopf nach unten, ein anderer setzte sich auf seinen Rücken, und sie urinierten auf ihn, bevor sie ihn vergewaltigten.

“Sie sagten uns, dass sie das für Gott tun, und wer wir denn dächten, wer wir seien, dass wir demonstrieren könnten", sagte Reza. Die Männer erzählten den Jungen, man würde dasselbe mit ihnen machen, wenn sie beim Verhör am nächsten Tag nicht kooperierten.

Dann wurde Reza hinausgebracht, an einen Metallpfahl gebunden und die ganze Nacht dort gelassen. Am nächsten Morgen kam einer der Männer zurück. Er fragte, ob Reza seine Lektion gelernt hätte. “Ich war wütend. Ich spuckte ihm ins Gesicht und fing an, ihn zu beschimpfen. Er stieß mir ein paar Mal seinen Ellbogen ins Gesicht und schlug mich." Zwanzig Minuten später, so Reza, kam der Mann mit einer Tüte voller Exkremente zurück, drückte sie Reza ins Gesicht und drohte damit, dass er ihn zwingen würde, sie zu essen.

Später wurde Reza in ein Verhörzimmer gebracht, wo er seinem Befrager erzählte, dass er vergewaltigt worden war. "Ich habe einen Fehler gemacht. Er klang freundlich, aber meine Augen waren verbunden. Er sagte, er würde der Sache nachgehen, und ich war voller Hoffnung", sagte Reza.

Stattdessen befahl der Befrager, Reza zu fesseln, und vergewaltigte ihn noch einmal. Er sagte: "Dieses Mal mache ich es so, dass du lernst, diese Märchen nirgendwo zu erzählen. Du verdienst, was du bekommst. Ihr Jungs solltet vergewaltigt werden, bis ihr sterbt". Er wurde nochmals brutal sexuall missbraucht und dann für drei Tage in eine Einzelzelle gesperrt.

Dann wurde Reza gewzungen, ein "Geständnis" zu unterschreiben, in dem er sagte, dass ausländische Kräfte ihn und seine Freunde angewiesen hätten, Gebäude von Banken und staatlichen Medien in Brand zu setzen. Er wurde aufgefordert, als Rädelsführer einen 16-jährigen Freund zu identifizieren, der so schlimm geschlagen worden war, dass er im Krankenhaus lag.

“Ich habe so gezittert, dass ich nicht einmal hören konnte, was sie sagten", so Reza. "Ich habe einfach unterschrieben, was sie mir vorlegten, ohne es anzusehen. Ich hatte Angst, dass sie mich noch einmal vergewaltigen würden."

Am nächsten Tag wurden Reza und andere Häftlinge in eine polizeiliche Arrestanstalt überführt, wo er eine weitere Woche festgehalten wurde.

Am dritten Tag kamen Polizisten mitten in der Nacht in die Zelle, verbanden ihm die Augen und brachten ihn zur Toilette, wo er wieder vergewaltigt wurde. "Meine Hände haben angefangen zu zittern, meine Beine waren schwach und ich konnte nicht richtig aufstehen. Ich fiel hin und stieß meinen Kopf heftig gegen den Boden, um mich umzubringen. Ich fing an zu schreien und sie zu rufen, damit sie mich umbringen. Ich konnte es einfach nicht mehr ertragen. Ich hasste mich selbst", sagte er und weinte bei der Erinnerung daran.

Am darauffolgenden Morgen wurde er von einem Polizeikommandanten einbestellt, der ihn fragte, warum er in der Nacht so geschrieen habe. Er erklärte es und wurde daraufhin aufgefordert, seinen Vergewaltiger zu identifizieren. Der Junge sagte, er habe verbundene Augen gehabt. Der Kommandant schlug ihn und beschuldigte ihn der Lüge. Er wurde gezwungen, einen Brief zu unterschreiben, in dem er zugab, grundlose Anschuldigungen gegen die Sicherheitskräfte erhoben zu haben.

Rezas Tortur war noch lange nicht vorüber. Er wurde mit ca. 130 anderen Gefangenen zum Revolutionsgericht der Stadt gebracht, wo sie in einem Hof zusammengetrieben wurden. Der Richter sagte, er würde diejenigen hängen, die sich der Islamischen Revolution gewaltsam widersetzt hätten, und las die Namen von zehn Teenagern vor, darunter auch Rezas Name. Die Botschaft war klar: Sollten sie weiterhin sagen, dass sie vergewaltigt wurden, würden sie hingerichtet.

Der Richter schickte sie in das Hauptgefängnis der Stadt, wo Reza Handschellen angelegt wurden. Er wurde mehr als 10 Tage lang mit sechs anderen Jungen zusammen in einer kleinen Zelle festgehalten. Abends wurden die Jungen von Polizisten geschlagen und verhöhnt: "Ihr wolltet eine Revolution verursachen?"

Ab und zu kam der diensthöchste Polizist und brachte die Jungen weg, immer drei auf einmal. "Wenn sie zurückkamen, waren sie sehr still und bedrückt", sagte Reza. Als er an die Reihe kam, wurden er und die anderen in einen kleinen Raum geführt, wo man ihnen befahl, sich auszuziehen und miteinander Sex zu haben. "Er sagte zu uns, dass wir dadurch gereinigt würden - wir würden so zerrüttet sein, dass wir einander nicht länger ansehen könnten. Das würde uns helfen, uns zu beruhigen."

Nach 20 Tagen konnte Rezas Familie endlich seine Entlassung bewirken - gegen eine Kaution von ca. 45.000 £ und mit einer letzten Warnung, nichts über seine Behandlung im Gefängnis zu sagen. Sein Bruder sagte: "Ein Freund von mir arbeitet in dem Gefängnis, in dem Reza war. Er hat mir erzählt, dass er krank war. In der Nacht seiner Entlassung weinte er unkontrolliert, dann brach er zusammen und erzählte meiner Mutter alles."

Die Familie konnte eine Krankenhausärztin, die sie kannten, dazu überreden, ihn zu behandeln, obwohl sie sich damit in Gefahr brachte. Sie hat seine körperlichen Verletzungen behandelt und ihm Antibiotika und Sedativa gegeben, kann aber keine inneren Untersuchungen durchführen. Reza ist schwer traumatisiert, hat schreckliche Angst, wieder ins Gefängnis zu kommen und schläft kaum.

Die Ärztin sagte der Times, dass andere Häftlinge ähnliche Schicksale erlitten hätten. "Wir haben im Krankenhaus viele Fälle, aber wir können sie nicht melden. Sie lassen uns keine Akte anlegen. Sie wollen keine Dokumentation", sagte sie.

Drewery Dyke, ein Rechercheur von Amnesty International Iran, sagte, Rezas Fall "stimmt mit anderen Berichten überein, die wir bezüglich des Ausmaßes der Missachtungen der menschlichen Würde, der ungehinderten Misshandlungen ohne irgendwelchen rechtlichen Rückhalt, der Involvierung in die Vergewaltigungen sogar von juristischen Personen und die Vorenthaltung des Grundrechts auf medizinische Versorgung erhalten haben."

Reza hat zumindest überlebt, um der Welt seine Geschichte zu erzählen. Der 16-jährige Freund, den er als Rädelsführer nennen musste, ist mittlerweile im Krankenhaus an seinen Verletzungen gestorben.

Die Identität aller in diesem Artikel genannten Personen wurde zurückgehalten.

Freitag, 21. August 2009

Memories of Prison and Raped Prisoners (auf Deutsch)

Erinnerungen an das Gefängnis und vergewaltigte Gefängnisinsassen

Übersetzung aus dem Englischen: Julia

Quelle: http://www.madyariran.net/?p=1437

Die Praxis der Vergewaltigung von Gefängnisinsassen, die von Karroubi in seinem Brief an Rafsanjani zur Sprache gebracht wurde, existiert in der Islamischen Rebpublik Iran seit drei Jahrzehnten. Viele Inhaftierte haben in ihren Memoiren darüber geschrieben, und es hat immer Gerüchte über dieses Thema gegeben. Vergewaltigung von Gefängnisinsassen ist eine der furchtbarsten Formen der Menschenrechtsverletzung im Iran, aber bis jetzt ist nicht viel darüber gesagt worden, obgleich diese Praxis weit verbreitet ist. Des sozialen Stigmas wegen legten die Menschen bei diesem Thema große Zurückhaltung an den Tag, und ein Eingeständnis dieser Praxis hätte für die Islamische Republik tiefgreifende Folgen gehabt.

Jetzt jedoch ist das Tabu gebrochen; Rafsanjani, die zweitmächtigste Figur des Regimes, wurde öffentlich über die Vergewaltigungen in den Gefängnissen informiert. Eine Tür wurde geöffnet, und nun muss das Thema diskutiert werden.

Ich habe während meiner Haft viel über Vergewaltigungen gesehen und gehört. Nun, da die Diskussion über dieses Thema eröffnet ist, möchte ich einige dieser Geschichten aus meiner Erinnerung hervor holen und sie weitererzählen, damit wir mehr darüber wissen, wer diese Vergewaltiger sind.

Was ich in meinen eigenen Befragern (es waren mehr als zehn) gesehen habe oder von anderen gehört habe, hat mir gezeigt, dass es unter ihnen sexuelle Komplexe gab, für die ich keine Erklärung habe. Vielleicht ist das eine Folge ihres Berufs oder der Ausbildung, die sie erhalten haben. Wer weiß? Ich möchte über einige wenige Fälle berichten, damit ihr Bescheid wisst.

Eins.
Vielleicht erinnert ihr euch an den Blogger-Fall von 2004 oder habt davon gehört. In einer Sitzung mit Ayatollah Shahroudi brachten die Blogger die sexuelle Natur der Fragen zur Sprache, die ihnen während der Verhöre gestellt wurden. Was der Ayatollah über ihre Behandlung erfuhr, quälte ihn derart, dass er alle Anklagen gegen sie fallen ließ.
Zu der Zeit, als die Blogger dem Chef der Justiz von ihren Qualen berichteten, befand ich mich in Einzelhaft und wurde von meinen Befragern einer ähnlichen Verhörpraxis unterzogen. Die Begriffe "Cola-Flasche" und "Schlagstock" wurden von ihnen ständig benützt, sie drohten mir damit, dass sie diese Gegenstände bei mir anwenden würden, aber das war für mich nicht das Wichtige. Was mich in dieser Zeit am meisten verletzte, waren ihre Fragen über meine sexuellen Beziehungen zu Mädchen, die meine Klassenkameradinnen oder Kolleginnen waren. Ich wurde außerdem über die sexuellen Beziehungen meiner Freunde ausgefragt. Während der langen Verhöre geschah dies immer wieder.

Zwei. Die Vernehmungsräume der Abteilung 352 des Gefängnisses der Islamischen Revolutionsgarde umfassten 6 Zimmer. Die Zimmer lagen am Ende eines kurzen Korridors, der für Pausen genutzt wurde. In manchen Nächten waren alle sechs Räume belegt, andere Insassen wurden dort verhört. Oft konnte man ihre Schreie und Rufe hören, die in den Himmel stiegen, während sie gefoltert wurden (dies zur Kenntnisnahme für diejenigen, die die Häftlinge vor Gericht bringen und ihnen verbieten, über Folter zu sprechen). In manchen Nächten befanden sich sechs Blogger in den sechs Verhörräumen, und wir konnten die lauten Stimmen der Befrager und die qualvollen Schreie unserer Freunde hören (in den ersten 40 Tagen meiner Einzelhaft wurden 20 weitere Blogger eingeliefert). Zwei der Blogger waren befreundet und waren zusammen verhaftet worden. Ich werde ihre Namen nicht nennen, damit sie nicht erkannt werden. Man schlug sie beide, damit sie zugaben, eine sexuelle Beziehung miteinander zu haben. Der eine wurde gefragt, ob er mit der Freundin seines Freundes Sex habe, und der andere, ob er jemals mit 2 Mädchen gleichzeitig Sex gehabt habe. Diese Verhörweise hatte beide unter extremen psychologischen Druck gesetzt. Ich hörte die Befragungen mit an und war wie erstarrt. Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, was sie durchmachten.

Drei. Einer der beiden Freunde (ich werde ihn A nennen) war fast 2 Monate lang in der Zelle neben meiner untergebracht. Nachts, wenn die Wachen nicht in der Nähe waren, unterhielten wir uns durch die kleinen Luken in den Zellentüren mit anderen Häftlingen. Eines Nachts gegen 3 Uhr hörte ich, wie seine Zellentür geöffnet wurde. Ich dachte, sie würden ihn zum Verhör abholen (die meisten Verhöre fanden in den frühen Morgenstunden statt). Ich konnte hören, wie A mit dem Wächter sprach, konnte aber den Inhalt ihres Gesprächs nicht vollständig erfassen. Ab und zu hörte ich ihn flehen und bitten. Das dauerte eine halbe Stunde.

Im Gefängnis pflegten wir 3 Mal gegen die Wand zur Nachbarzelle zu klopfen, um einander zu rufen. Wenn der andere Gefangene das Klopfen hörte, ging er zur Luke, und man konnte miteinander sprechen. In den folgenden zwei Tagen klopfte ich immer wieder gegen die Wand, aber A antworte nicht. Nach zwei Tagen klopfte er selbst. Als er mir erzählte, was geschehen war, war ich wie erstarrt. Der Wärter hatte den Raum betreten, ohne jegliche Verlegenheit oder Bedenken seine Hosen heruntergelassen und ihn aufgefordert ...
Je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger verstehe ich es. Ich begriff, dass der Wärter dies schon vorher mehrmals getan hatte. An den Tagen, wo dieser Wärter Dienst hatte, rief A niemals nach den Wärtern, um in den Waschraum gehen zu können. Das ging solange, wie A in meiner Nachbarzelle war. Eines Tages, als zwei Beamte (ich weiß nicht mehr, woher sie waren) zu Besuch waren, erzählte ich ihnen von A. Sie sagten, sie würden der Sache nachgehen, aber nichts geschah.

Vier.
Sechs Monate später wurde ich ins Ghezel Hessar Gefängnis in eine Abteilung verlegt, wo wegen Mordes angeklagte Afghanen untergebracht waren. Afghanische Häftlinge wurden schlecht behandelt, weil sie draußen niemanden kannten, der sich um ihre Fälle oder ihre Rechte kümmerte. Eines Tages gegen 7 Uhr morgens wurden wir von Stöhnen und Weinen geweckt, das aus den Wächterquartieren kam. Uns wurde gesagt, dass einer der Afghanen aus unserer Zelle einen Streit mit einem der Wächter gehabt habe und vor 20 Minuten fortgebracht worden war. Ich schlug vor, dass der Zimmerälteste gehen und nachschauen sollte, was geschah. Er ging fort, und als er wieder kam, konnte er nicht sprechen. Er sagte, unser afghanischer Zellengenosse sei von einem Schlagstock penetriert worden. Ich konnte meine Beine nicht mehr spüren und musste mich hinsetzen. Ich konnte nicht glauben, dass das, was ich da hörte, wirklich passiert war.
Eine Stunde später brachten andere Insassen Mostafa R (den besagten Afghanen) zurück in den Raum. Seine Hose war blutig. Er ging, um zu duschen. Während er fort war, schrieb ich eine Beschwerde über die Wärter an den Aufseher des Gefängnisses. Als Mostafa vom Duschen zurück kam, bat ich ihn, den Brief zu unterschreiben, was er tat. Wir schickten den Brief an den Aufseher, und eine halbe Stunde später kamen sie zurück und brachten Mostafa ins Büro. Am Nachmittag kam er mit Kuchen, Saft und Geld zurück. Während ich ihn noch erstaunt betrachtete, wurde mein Name aufgerufen. Der diensthabende Wächter und der Aufseher warteten auf mich. Der Aufseher sagte, ich solle meine Nase nicht in die Angelegenheiten von anderen Häftlingen stecken. Ich sagte, sie müssten der Beschwerde nachgehen. Sie antworteten: "Welcher Beschwerde?" und zeigten mir einen von Mostafa unterschriebenen Brief, in dem stand, dass er gegen niemanden eine Beschwerde eingereicht habe und dass ihm nichts Schlimmes angetan worden sei. Sie hatten bei ihm offenkundig die alte Taktik "Zuckerbrot und Peitsche" angewandt.

Fünf.
Häftlinge, die jünger als 20 sind, werden oft von anderen Häftlingen vergewaltigt, die körperlich stärker sind als sie. Die Gefängnisleitung geht diesen Fällen nie nach und nimmt sie nicht ernst. Wenn ich all meine Erinnerungen an solche Fälle aufschreiben würde, hätte ich über viele Fälle zu berichten. In diesem Artikel sind nur einige wenige Beispiele erwähnt, die ich gesehen habe. In den zwei Jahren meiner Haft gab es hunderte von Vergewaltigungsfällen, die ich miterlebt und von denen ich gehört habe. Ich werde sie später nach und nach aufschreiben.

Postskriptum

Ich habe in dem Notizbuch geblättert, in dem ich meine Erinnerungen an meine Tage im Ghezel Hessar-Gefängnis aufgeschrieben habe. Ich hatte gehofft, sie nach meiner Freilassung auf meinem Weblog zu veröffentlichen und all die Tage zu kompensieren, in denen ich es nicht aktualisieren konnte (ich habe sie noch nicht veröffentlicht, aber vielleicht werde ich es eines Tages tun). Auf vielen Seiten dieses Notizbuches stand der Name meiner geliebten Freundin Shiva Nazar Ahari. Während meiner Haftzeit hatte Shiva mir immer beigestanden und hatte alles getan, um mir zu helfen. Ich rief sie jeden Tag an, und sie las mir die Nachrichten des Tages am Telefon vor. Beim Lesen der Notizen stieß ich auf eine Seite, und mir kamen die Tränen:

"Heute habe ich nach einer Woche endlich Shiva anrufen können, ... war anwesend. Sie sagte: "Wo warst du? Ich vermisse dich und verzeihe dir nicht, dass du nicht angerufen hast. Ich habe mir furchtbare Sorgen gemacht und dachte, sie hätten dir etwas angetan..."

Shiva ist seit fast zwei Monaten im Gefängnis, und sie kann mich nicht anrufen; sie kann nicht einmal ihre Mutter anrufen. Ich vermisse sie so sehr, und ich mache mir furchtbare Sorgen um sie.

madyar

Ein weiterer Bericht zum Thema (auf Englisch):
http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/middle_east/article6805885.ece
Deutsche Übersetzung:
http://lilalinda-juliasblog.blogspot.com/2009/08/iranian-boy-tells-of-prison-rape.html