Übersetzung aus dem Englischen: Julia
Quelle: http://enduringamerica.com/2009/08/25/iran-interview-mousavi-advisor-beheshti-on-the-election/
In einem Interview am vergangenen Wochenende mit der Zeitung Etemad hat Mir Hossein Mousavis Berater Alireza Beheshti auf die Ereignisse des Wahltags und der Zeit bis Mitte Juli zurückgeblickt. Das Interview ist eine Schatztruhe voller Informationen und Hinweise auf die Strategien sowohl der Mousavi-Kampagne als auch des Regimes.
Es liefert neue Enthüllungen über den Verlauf der Proteste und die Koordination zwischen Mousavi und Hashemi Rafsanjani vor dem Freitagsgebet vom 14. Juli. Am Schluss beantwortet Beheshti die Frage "Falls man Sie verhaften will - sind Sie bereit?" mit “Ja, nicht nur ich, sondern auch alle anderen Mitglieder meiner Familie". (Die Originalübersetzung befindet sich auf der Facebook-Seite von Mir Hossein Mousavi. Wir haben die englische Grammatik leicht verändert, wenn dies zur größeren Klarheit erforderlich war).
Frage (F): Sie sind einer der engsten Mitarbeiter von Herrn Mousavi. Was ist am Wahltag in der zentralen Hauptgeschäftsstelle passiert? Was hat Herr Mousavi an jenem Tag getan?
Antwort (A): Die Geschäftsstelle war auf mehreren Gebieten aktiv, aber an diesem Tag spielte sich das wichtigste beim Komitee zur Sicherung der Stimmen ab. Dieses Komitee hatte ein System zur direkten online-Kommunikation mit unseren Beobachtern in den Wahllokalen eingerichtet.
Natürlich hatte nur eine begrenzte Anzahl von Beobachtern die Genehmigung, in den Wahllokalen anwesend zu sein. Wenn die Behörden sagen "Mehr als 40.000 Vertreter von Mousavi waren in den Wahllokalen anwesend", so sieht die Realität etwas anders aus. Wir hatten etwa 40.000 Freiwillige, für die wir Genehmigungen beantragt hatten, aber nur 25.000 von ihnen haben die Genehmigung und die Plaketten erhalten. Für die übrigen wurden keine Plaketten ausgestellt, und sie durften nicht bei den Wahlkabinen anwesend sein. Auch viele der Freiwilligen, die eine Plakette hatten, wurden aufgefordert, die Wahllokale zu verlassen. Man hat versucht, unsere Beobachter von ihrer Arbeit abzuhalten.
Wir hatten vorhergesehen, dass die Kommunikationsbehörde den drahtlosen Dienst unterbrechen würde, insbesondere den SMS-Service, also hatten wir mit ihnen im Voraus Kontakt aufgenommen, und sie hatten uns diese Dienste für den Wahltag zugesichert. Wir hatten außerdem die Anzahl der Festnetzleitungen im Zentralbüro erhöht. In der Nacht vor dem Wahltag wurden alle drahtlosen Dienste einschließlich SMS geschlossen. Als wir an diesem Abend die für das Komitee installierten Festnetzleitungen benutzen wollten, stellten wir fest, dass alle 300 Leitungen außer Betrieb waren.
Herr Mousavi war ebenfalls anwesend und arbeitete beim Komitee zur Stimmensicherung mit.
F: Als Sie die Unterbrechung der Telefondienste bemerkten - haben Sie den Rat von juristischen Stellen eingeholt?
A: Die Mitarbeiter der Zentrale und auch Herr Mousavi selbst haben wegen dieser Fragen viele Kontakte zu Behörden gehabt, sowohl vor, als auch während, als auch nach dem Wahltag.
F: Wer wurde kontaktiert, in welchem Büro?
A: Wir haben das Innenministerium kontaktiert, wir haben Vertreter dorthin geschickt. Wir haben den Wächterrat konsultiert, das Justizministerium, sogar den Stellvertreter von Ayatollah Khamenei haben wir um Rat gefragt. Wir haben alles getan, was wir konnten, haben aber keinen echten Willen zur Lösung dieser Probleme erkennen können.
Zur selben Zeit haben wir aus dem, was unsere Beobachter uns mitteilen konnten, von massiver Unterstützung seitens der Wähler erfahren - positive und ermutigende Worte von Mousavis Wählern, die aus den Wahllokalen zurückkehrten. Es war gegen 2 Uhr morgens, als wir merkten, dass es bei der Wahl ernstere Probleme gab. Bis dahin war die besorgniserregendste Nachricht gewesen, dass es in manchen Städten, sogar in Großstädten wie Tabriz und Shiraz, nicht genügend Registrierungsformulare für Wähler gab. Es gab auch das Problem der verlängerten Öffnungszeit für Wahllokale. In den meisten vorangegangenen Wahlen hatten die Behörden immer die Öffnungszeiten verlängert, um eine maximale Beteiligung zu erreichen. Bei dieser Wahl jedoch schien es anders zu sein. In manchen Distrikten wurden die Wahllokale schon um 19:30 geschlossen und die Wahlen gestoppt. Das war sehr merkwürdig.
F: Was geschah um 2 Uhr morgens?
A:Es hatte den Anschein, als wären die Behörden nicht länger daran interessiert, die eigentlichen Stimmen zu zählen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Fokus auf "Computer-Stimmenzählung" verlagert - etwas, was eigentlich als Experiment gedacht war.
F: Es ist gesagt worden, dass Ali Larijani [Parlamentssprecher] Herrn Mousavi am Wahltag angerufen und ihm zu seinem Sieg gratuliert hat. Können Sie das bestätigen?
A: Ich erinnere mich nicht an diesen speziellen Anruf, aber ich weiß, dass an diesem Tag viele Beamte und Institutionen anriefen und Herrn Mousavi gratulierten. Die Stimmendifferenz war so groß, dass niemand sich vorstellen konnte, dass das Wettrennen zwischen Mousavi und Ahmadinejad in eine zweite Runde gehen könnte.
F: Gab es einen Gratulationsanruf von Regierungsmitarbeitern?
A: Daran kann ich mich im Moment nicht erinnern.
F: Was war es, was Herrn Mousavi veranlasste, am Wahltag um 23 Uhr seinen Wahlsieg zu verkünden? Dies hat bei den gegnerischen Kandidaten viel Kritik hervorgerufen.
A: Die offiziellen und regierungstreuen Medien hatten Ahmandinejads Wahlsieg in den frühen Abendstunden verkündet. Wir hatten sogar Informationen, dass Zeitungen, die Ahmadinejad unterstützen, ihre Seiten über den Wahlsieg am Donnerstag [der Tag vor der Wahl] vorbereitet hatten. In manchen Fällen haben sie die Seiten modifiziert, so dass sie neutral wirkten. Es war offensichtlich, dass die Wahl sich in eine illegale Richtung entwickelte. Wir hatten bestimmte Statistiken, hatten auch Informationen über Kontakte, die bestätigten, dass Herr Mousavi der Sieger war. Das war der Grund, warum Herr Mousavi sich entschloss, seinen Sieg zu verkünden.
F: Am Wahltag haben wir Angriffe und die erzwungene Schließung der Wahlzentrale Mousavis durch die Behörden gesehen. Wann haben Sie die Behörden kontaktiert, aus welchem Grund haben sie das getan?
A: Einer der sehr verdächtigen Punkte am Wahltag waren die Razzien gegen Mousavis Wahlzentralen und deren illegale Schließungen. Zum Beispiel wurden die Zentralen in Gheytarieh und bald darauf die Hauptzentrale ohne irgendeinen offiziellen Vollstreckungsbewehl geschlossen. Die Behörden, mit denen wir Kontakt aufnahmen, haben uns keine Antwort gegeben und keinen Grund dafür genannt. Unsere Anfragen dazu waren immer einseitig, wir schrieben Briefe und reichten Berichte ein, bekamen aber nie Antworten oder sahen irgendwelche Aktionen seitens der Behörden.
F: Die Bekanntgabe der Stimmenauszählung begann um Mitternacht und dauerte bis 9 Uhr am nächsten Tag [Samstag]. Zwischen 9 Uhr und 12 Uhr Mittags gab es keine Nachrichten. Wie war die Situation in dieser Zeit in den Wahlzentralen, und wie ging es Herrn Mousavi?
A: Wir blieben bis 5 Uhr morgens wach und ruhten uns dann etwas aus. Wir hörten die offiziellen Nachrichten. Die Reaktion der Gegenseite war uns seit 2 Uhr am Vortag klargeworden. Darum waren wir nicht mehr schockiert, als wir die Nachrichten hörten, aber wir waren schockiert über einige Kommentare und Reaktionen seitens des Wächterrats.
F: Am Samstag, nachdem das Endergebnis bekanntgegeben worden war - was plante Herr Mousavi vor dem Hintergrund der ihm vorliegenden Wahlstatistiken?
A: Wir konnten nichts tun, denn unsere Kontakte, die Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe beobachtet hatten, waren am selben Tag verhaftet worden. Die Mitarbeiter der Wahlzentralen wurden innerhalb von zwei Tagen nach der Wahl verhaftet und mit gefälschten Anklagen ins Gefängnis gebracht. Am Samstag waren wir damit beschäftigt, herauszufinden, wer verhaftet wurde, warum unsere Büros geschlossen worden waren, und mit vielen anderen Fragen.
F: Aber am selben Tag kamen viele Menschen auf die Straßen, um zu protestieren, und manche zahlten einen hohen Preis. Wo waren Herr Mousavi und sein ursprüngliches Team an diesem Tag, und was haben sie gemacht?
A: An diesem Tag hatten wir Meetings, denn es ist immer Herrn Mousavis Prinzip gewesen, gewaltsame Konfrontationen zu vermeiden und die Risiken für die Menschen zu minimieren. Wir trafen uns, um einen Sonderaktionsplan zur Erreichung unserer Ziele zu formulieren. Andererseits hatten wir, und haben nach wie vor, keine Intention, die Regierenden zu stürzen. Wir haben uns innerhalb des vom etablierten System vorgegebenen Rahmen beteiligt. Unsere Absicht war es, mit unseren Protesten innerhalb dieses Rahmens zu bleiben.
F: Wir haben schockierende Szenen der sozialen Unruhen zwischen dem Wahltag und dem 15. Juni gesehen. Für den 15. Juni hatten sowohl Herr Mousavi als auch Herr Karroubi Genehmigungen für Demonstrationen beantragt, beide wurden abgelehnt. Trotzdem hielten die Menschen an diesem Tag massive Demonstrationen ab. Haben Sie mit einer derartig hohen Beteiligung gerechnet?
A: Nein, ganz sicher konnten wir uns die Menschenmassen nicht vorstellen, die zu den Demonstrationen kamen. Wie Sie schon sagten, hatten sowohl Herr Mousavi als auch Herr Karroubi Demonstrationsgenehmigungen beantragt, und wir erhielten keine Antwort. Selbst am Mittag dieses Tages wussten wir nicht, ob die Anträge genehmigt oder abgelehnt werden würden. Mittags bekamen wir die Nachricht, dass die Genehmigungen nicht erteilt werden würden. Da wir keinen Zugang zu den nationalen Medien hatten, konnten wir die Menschen nicht darüber informieren und sie nicht auffordern, zu Hause zu bleiben. Wir wollten Sendezeit im nationalen Fernsehen haben, aber auch dies wurde uns nicht genehmigt. Das ist der Grund, warum sowohl Herr Mousavi als auch Herr Karroubi beschlossen, sich an den Demonstrationen zu beteiligen, damit mögliche gewaltsame Zusammenstöße mit Sicherheitskräften vermieden werden könnten.
Wir hatten drei Möglichkeiten, die Proteste zu organisieren. Wir vermieden die, die zu gewaltsamen Zusammenstößen außerhalb des etablierten Rahmens führen würden, und entschieden uns für gewaltlosen zivilen Protest. Die Menschen haben diesen Weg in den Demonstrationen vom 15. Juni akzeptiert. Dies war von uns beabsichtigt gewesen.
Eine weitere Maßnahme bestand darin, dass die wichtigsten Mitglieder der Wahlzentralen auf die Straßen gingen, um mit den Menschen zu reden und sie dazu zu bringen, nach Hause zu gehen. Als wir aber die riesige Welle von Menschen sahen, schlossen wir uns ihnen selbst an. Da die Demonstration nicht genehmigt war, hatten wir kein Disziplinarkomitee organisiert, aber wir sahen, dass die Menschen am 15. Juni bei den Demonstrationen ohne Schwierigkeiten und Verwicklungen dort teilnehmen konnten. Selbst die wenigen Menschen, die Slogans außerhalb des Rahmens skandierten, wurden von den Menschen selbst kontrolliert.
Vor der Wahl waren die Anhänger von Mousavi und Ahmadinejad in den Hauptstraßen der Stadt
[ohne Gewalt] aufeinander getroffen. Damals sagte ich zu einem Freund in der Zeitung "Kalameh Sabz", wenn dies in einem frühen Stadium der Wahl passiert wäre, wäre mit Sicherheit ein blutiger Konflikt daraus entstanden. Diese Begebenheit zeigt, dass die Menschen ein hohes politisches Bewusstsein und Verständnis erreicht haben und keine Schuld tragen an den Brutalitäten, die nach der Wahl passierten.
F: Vor dem Hintergrund der großen Präsenz der Menschen bei der Demonstration vom 15. Juni schien es, dass die Regierung ihre Methode und Ihren Ansatz für die Wahl ändern würde, aber nichts dergleichen geschah. Haben Sie etwas unternommen, um diese Veränderungen zu erreichen?
A: Wir haben viele Ziele verfolgt. Wir haben mehrere Treffen mit vielen verschiedenen rechtlichen Behörden organisiert, um die Wahl grundsätzlich zu überprüfen, denn die Forderung der Menschen war weder die nach einem Regierungswechsel, noch die nach einem Wechsel der generellen Machtstruktur. Ihre einzige Forderung war die Veränderung der Exekutive des Regimes und der Regierung.
….[Die Machthaber] hätten den Wunsch des Volkes mit Hilfe der legalen Instrumentarien erfüllen müssen, aber sie taten das nicht. Wir haben keine Hoffnungen in den Wächterrat gesetzt, von dessen Mitgliedern viele vor der Wahl Dienststellungen zu Gunsten Ahmadinejads besetzt hatten.
F: Es gab Berichte, nach denen Mousavi gesagt haben soll, dass er sich für die nächste Runde nicht nominieren lassen würden, wenn die Wahl für ungültig erklärt würde. Stimmt das?
A: Der Punkt ist, dass einige Personen der Obrigkeit persönliche Probleme mit Herrn Mousavi hatten. Also sagte er: Wenn Sie diese Wahl wiederholen und ich das einzige Problem dabei bin, werde ich mich für die nächste Runde nicht nominieren.
F: Drei Tage nach der Wahl trafen die Vertreter der Kandidaten mit dem Obersten Führer zusammen. Was geschah bei diesem Treffen?
A: Was gesendet wurde, waren die Worte des Obersten Führers; das, was die Vertreter gesagt haben, wurde nicht veröffentlicht. Bei dem Treffen haben die Vertreter der drei Oppositionskandidaten ernsthafte Einwände gegen die Wahl geäußert und die Annullierung gefordert. Sie haben Beispiele für Rechtsverletzungen und Betrug angebracht. Was der Führer bei diesem Meeting sagte, war sehr ermutigend, und der folgende sicherheitsorientierte Ansatz der Regierung für die nächste Demonstration war ein gutes Zeichen, dass das Regime friedlich agieren würde.
F: Was war es, das an jenem Freitag [19. Juni] geschah und die Ereignisse des Samstag [20. Juni] auslöste, als die Reaktion heftig wurde, die Gewalt eskalierte und der Preis für die Menschen sehr viel weitreichender wurde?
A: …. Die Menschen waren nicht gegen das System, sie waren lediglich gegen die Wahl, die innerhalb des Systems stattgefunden hatte. Sie forderten keinen Systemumsturz. Weder das Volk noch die Kandidaten der Präsidentschaftswahl in der Islamischen Republik Iran forderten einen Umsturz... Die Einmischung seitens des Regimes führte jedoch dazu, dass die Menschen das System stürzen und demontieren wollten.
Dies ist der Grund, warum an jenem Samstag solche Dinge passierten und die Sicherheitskräfte sehr viel heftiger reagierten als vorher.
F: Zu jenem Zeitpunkt wurde [der frühere Präsident] Hashemi Rafsanjani gar nicht erwähnt. Hat Herr Mousavi sich mit Herrn Hashemi getroffen?
A: Nein, denn das Problem lag ja bei den Kandidaten, nicht bei Hashemi oder gar [Ex-Präsident] Khatami. Die Angelegenheit stand im Zusammenhang mit der Wahl, und es gab keinen Grund, diese beiden Herren mit hineinzuziehen.
F: Aber wir sahen, dass diese beiden Herren nach einiger Zeit am Protest beteiligt waren.
A: Ja, als das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte intensiviert wurde und die Frage nach der Zukunft des Systems aufkam, betraten Hashemi als einer der Unterstützer des Systems sowie Herr Khatami die Bühne. Dieses bedauerliche Verhalten [der Regierung] gegenüber dem Volk, dieses Verhalten, das wir nicht sehen wollten, ist leider geschehen. Wir wussten auch, dass es keinen Raum mehr für zivile Methoden geben würden, sollte sich die Atmosphäre noch mehr militarisieren.
F: Jedes Jahr wurden die Feierlichkeiten zum Tag des 7. Tir offiziell [ein Platz in Teheran] abgehalten, doch in diesem Jahr haben sich die Menschen während der Zeremonie in der Qoba-Moschee [am 28. Juni] auch in die Shariati-Straße bewegt. Was war der Grund?
A: Wir selbst hatten jedes Jahr eine Zeremonie abgehalten, aber dieses Mal war Herr Mousavi anwesend, und natürlich haben viel mehr Menschen teilgenommen. Wir hatten absolut nicht mit so vielen Menschen gerechnet. Aus diesem Grund war es geplant, die Zeremonie innerhalb der Moschee abzuhalten. Dadurch konnten wir allerdings nicht die vollständige Zeremonie durchführen. [Präsidentschaftskandidat Mehdi] Karroubi war bei der Zeremonie anwesend, und Herr Mousavi wollte ebenfalls kommen, doch er kam auf den Straßen nicht durch. Das lag erstens an den Menschenmassen dort und zum anderen an den Sicherheitskräften. In dieser Situation war alles, was ich tun konnte, einen Sprecher von der Polizei dazuzuholen, der die Menschen darüber informierte, dass Mousavi nicht kommen könne.
F: Hat das Sicherheitszentrum vor der Zeremonie mit Ihnen Kontakt aufgenommen?
A: Ja, das Sicherheitszentrum war nach der Auflösung der Zeitung Kalameh Sabz in engerem Kontakt mit uns. Sie haben an wechselnden Tagen mit uns Kontakt aufgenommen. Vor der Zeremonie in der Qoba-Moschee kontaktierten sie uns ebenfalls und erinnerten uns daran, dass sie sich um die Menschen und ihren Protest kümmern würden. In der Zeremonie in der Qoba-Moschee gab es bis zum Schluss keine Gewalt. Leider wurde das Vorgehen gewalttätig, als die Menschen sich Richtung Shariati-Straße bewegten.
F: Warum wurde die Zeitung Kalameh Sabz aufgelöst?
A: Das Büro der Zeitung kontaktierte mich und sagte mir, es seien Sicherheitskräfte ins Redaktionsbüro gekommen. Ich fuhr hin... sie durchsuchten alles, und als ich sie fragte, warum, antworteten sie, dass während der Demonstrationen zum 7. Tir [oder auf dem 7-Tir-Platz am 20. Juni?] einige Protestteilnehmer im Büro Zuflucht gesucht hätten, andere hätten vom Dach aus fotografiert. Später fand ich heraus, dass ihre Behauptungen nicht stimmten, aber selbst wenn sie gestimmt hätten, darf eine Presse- oder Nachrichteninstitution Fotos von wichtigen Ereignissen machen. Wenn ein Reporter keine Fotos davon machen würde, so würde man ihn fragen, warum er es nicht getan hätte und wo er gewesen sei. Was ist falsch daran, Fotos von einer Demonstration zu machen?
Der Chef eines der Sicherheitsteams kam und forderte uns auf, einige Papiere zu unterschreiben. Auf den Papieren stand, dass einige "scmutzige" CDs gefunden worden seien. Sie verhafteten einige Mädchen und Jungen. Ich habe nichts unterschrieben und gefragt, wann diese Dinge hier geschehen seien. Jedenfalls wurde das Büro an jenem Tag geschlossen, und die Journalisten kamen, um ihr Gehalt in Empfang zu nehmen.
F: Was geschah, als Mousavi zum Freitagsgebet [am 14. Juli?] kam? Hatte er sich mit Hashemi Rafsanjani koordiniert?
A: Ja, es geschah in Koordination mit Herrn Hashemi. Er hatte Herrn Karroubi und Herrn Mousavi gebeten, zum Freitagsgebet zu kommen. Gleichzeitig wollten die Sicherheitskräfte seine [Mousavis] Anwesenheit verhindern, und er wollte nicht, dass die Atmosphäre sich verschärfte. Doch er kam, und die Reaktion der Menschen war sehr positiv.
F: Ist es möglich, dass Herr Mousavi oder seine Verwandten verhaftet werden?
A: Nein, ich glaube nicht, dass sie das tun können. Das würde erneut zu einer Atmosphäre erhöhter Spannung und Stress führen.
F: Wenn man Sie verhaften will - sind Sie bereit?
A: Ja, nicht nur ich, sondern auch alle anderen Mitglieder meiner Familie sind bereit.