Donnerstag, 3. September 2009

Über die Berichte von geheimen Begräbnissen

26. August 2009

Über die Berichte von geheimen Begräbnissen

Quelle (Englisch): "On Reports of Secret Burials"
http://www.roozonline.com/english/opinion/opinion-article/article/2009/august/26//on-reports-of-secret-burials.html

Übersetzung: Julia

Über die Nachricht geheimer Bestattungen von Märtyrern der kürzlichen Proteste ist in den letzten Tagen durch die Medien umfassend berichtet worden. Die Webseite Nowrooz, der Medienarm der Islamischen Iranischen Partizipationsfront [Jebheye Mosharekat Iran Eslami] wurde von Regierungsanhängern angegriffen, weil sie das Thema aufgedeckt hatte.

Als Journalist und Chefredakteur von Nowrooz möchte ich versuchen zu erklären, wie diese Nachricht bekannt wurde, wie alles begann und sich bis hierhin entwickelte.

1. Am 12. Juli informierte die Mutter eines Opfers der Unruhen einen Reporter von Nowrooz darüber, dass in einer Kühlanlage von Aminzadeh, eines der größten industriellen Kühlhäuser des Landes in Islamshahr südlich von Teheran, Leichen verwahrt würden. Sie berichtete, dass sie eine große Zahl aufgetürmter Leichen gesehen habe, als sie nach ihrem toten Sohn suchte. Die Beobachtungen dieser Mutter datierten auf den 9. Juli, also zwei Tage vorher.

2. Am 12. Juli veröffentlichte Nowrooz die Berichte dieser Mutter. Weil jedoch ausreichende Bestätigungen dieser Nachricht fehlten, begann der Bericht mit den Worten "Wie man hört".

3. Nach der Veröffentlichung des Berichts begannen Mitarbeiter von Nowrooz mit der Suche nach Beweisen und trugen Informationen zum Thema zusammen. Über Aussagen von Mitarbeitern der Anlage erfuhren wir, dass es in der Nacht der Veröffentlichung des Berichts ungewöhnlich viel Verkehr auf dem Gelände der Anlage gegeben hatte und Fahrzeuge bestimmte Gegenstände von dort abtransportiert hätten.

4. In den folgenden Tagen erhielten wir Nachricht, dass einige der an die Familien ausgelieferten Leichen vollständig gefroren gewesen seien. Unter den Fotos der Märtyrer, die auch auf der Webseite von Nowrooz veröffentlicht wurden, war auch eines von Behzad Mohajer, und es war klar erkennbar, dass die Leiche vollständig gefroren war. Leichen, die in der Gerichtsmedizin verwahrt werden, sind nie in einem solchen Maße gefroren, erst recht nicht nach 40 Tagen. Dies bestätigte den Bericht von Nowrooz über die Lagerung von Leichen in einer industriellen Kühlanlage.

5. Aufgrund weiterer Nachforschungen zogen wir den Schluss, dass am 11. Juli in Fahrzeugen, die nicht dem Friedhof Beheshte-Zahra gehörten, Leichen zum Friedhof transportiert worden waren. Zu diesem Zeitpunkt gab es auch Berichte über Transporte von Leichen nach Isfahan und in die Umgebung von Teheran. Bislang konnten wir diese Berichte noch nicht bestätigen. Bezüglich Behesht-e Zahra gibt es jedoch von Friedhofsmitarbeitern bestätigte Berichte, das am 11. und 14. Juli einige ungewöhnliche, nicht für Leichentransporte bestimmte Fahrzeuge zum Friedhof kamen und wieder wegfuhren.

6. Weitere Nachforschungen ergaben, dass mehere Leichen in der neu eingerichteten Sektion 302 von Behesht-e Zahra anonym begraben wurden. Diese Sektion liegt außerhalb des allgemeinen Friedhofsgeländes.

7. Auf der Grundlage dieser Informationen konnten wir eine Woche vor unserem endgültigen Bericht alle notwendigen Beweise zusammenstellen und waren sogar im Besitz der Nummern der Bestattungszertifikate. Wegen der Sensibilität dieser Nachrichten nahmen wir zunächst Kontakt zur Friedhofsverwaltung von Behesht-e Zahra auf. Von dort wurden unsere Berichte weder dementiert noch bestätigt; wir erhielten keine überzeugenden Antworten.

8. Am Ende kam die Rekation der Webseite Nowrooz zu dem Schluss, dass es am besten sei, die Einzelheiten dieses Vorfalls zu veröffentlichen, um an die Rechte der Märtyrer zu gemahnen, insbesondere weil sehr viele Familien seit den Tagen nach der Wahl noch immer auf die Rückkehr ihrer Angehörigen warten und nichts über ihr Schicksal wissen. Wir veröffentlichten den Bericht am 21. Juli und nahmen die möglichen Folgen in Kauf.

9. Am selben Tag reagierte Majid Nasirpour vom Parlamentarischen Sozialausschuss auf den Bericht und kündigte an, dass das Parlament das Massenbegräbnis untersuchen werde. Die Tatsache, dass eine gesetzgebende Person die Untersuchung des Falls versprach, machte uns große Hoffnung.

10. Zu unserer großen Überraschung gab es am selben Tag eine Erklärung von Farhad Tajari vom parlamentarischen Nationalen Sicherheitskomitee und Mitglied des Komitees zur Untersuchung der Gefängnisse und Haftbedingungen. Er teilte mit, dass der Bericht zu hundert Prozent falsch sei. Das Dementi von Herrn Tajari kam innerhalb weniger Stunden nach der Veröffentlichung des Berichts von Nowrooz. Er hätte zumindest den Friedhof und den von Nowrooz genannten Bereich untersuchen lassen können. Stattdessen sagte er ohne irgendwelche ernsthaften Nachfragen, dass der Bericht nicht stimmt.

11. Als ersten Schritt versuchten wir bei Nowrooz, Kurzberichte zum Thema zu veröffentlichen. Nachdem unsere Berichte abgelehnt worden waren, beschlossen wir, die Nummern der Bestattungszertifikate als Beleg dafür anzuführen, dass unsere Berichte sich auf Beweise stützten.

12. Die übliche Prozedur des Friedhofs Behesht-e Zahra sieht vor, dass nach Ausstellung des Bestattungszertifikats für den Verstorbenen eine kleine Gedenktafel mit dem Namen des Toten, dem Friedhof und anderen wichtigen Informationen vorgesehen wird. Auf dem Videofilm, den unsere Kollegen von Nowrooz von den Gräbern gemacht haben, ist deutlich zu sehen, dass einige Gräber eindeutig keine Gedenktafeln tragen, während andere Gräber, die zum öffentlichen Teil des Friedhofs gehören, mit diesen Tafeln versehen sind.

13. Hamid Reza Katouzian vom Parlamentarischen Komitee zur Untersuchung der Gefängnisse und Haftbedingungen gab bekannt, dass er vorhabe, diesen Fall untersuchen zu lassen. Wir begrüßen diese Entscheidung sehr und sind bereit, unser veröffentlichtes und nicht veröffentlichtes Beweismaterial diesem Komitee oder jedem anderen neutralen Komitee zur Verfügung zu stellen.

14. Zum Schluss möchte ich erwähnen, dass unser einziger Auftrag in dieser Angelegenheit die Erfüllung unserer Pflicht als Journalisten ist. Ein Journalist hat die Aufgabe, wichtige Nachrichten zu recherchieren, die er erhält, und sie zu veröffentlichen, wenn er ihre Stichhaltigkeit und Echtheit bestätigt hat. Der nächste Schritt obliegt den Justizbehörden, die dem Fall nachgehen und die Rechtsbrecher bestrafen müssen.

Weiterer Bericht zum Thema:
http://lilalinda-juliasblog.blogspot.com/2009/09/behesht-e-zahra-sicherheitskrafte.html

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